Demütigung

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Severus Snape wachte am frühen Morgen auf, lange bevor der Unterricht begann und stellte zu seinem Entsetzen fest, dass er schreckliche Kopfschmerzen hatte. Das erste Tageslicht schien schon durch die schmalen Fenster, welche direkt unter der Decke angebracht waren und die Räumlichkeiten im Kerker mit der Außenwelt verbanden.

Die Nacht war mit all dem Wein und den zahllosen Grübeleien schneller vorbei gewesenen, als er sich erhofft hatte. Die Zeit verging immer zu schnell. Wieder ein neuer Tag. Wieder neuer Ärger.

Er stand seufzend auf und streckte sich. Sein Rücken schmerzte ebenfalls und dank der unbequemen Schlafposition waren seine Glieder völlig steif. Wie schrecklich ... Er konnte noch nicht mal in seinem Bett schlafen ... Ja warum eigentlich nicht?

Snape griff sich an den Kopf und brummte verstimmt, als ihm klar wurde, dass all die wirren Szenen in seinem Kopf keine harmlosen Alpträume waren. Dieses elende Weib machte ihm den Tag schon zunichte, bevor er überhaupt angefangen hatte!

Snapes Blick glitt zu den Fenstern und er fluchte leise, als ihm klar wurde, dass er auch diese versiegeln musste. Zum Glück lag seine Wohnung auf der Seite des Schlosses, auf der sich normalerweise weder Lehrer noch Schüler herumtrieben. Wahrscheinlich wusste noch nicht einmal jemand, dass die unauffälligen Fenster zu seiner Wohnung führten.

Leise schritt er zum Schlafzimmer und öffnete die Tür, um nach seinem lebendig gewordenen Alptraum zu sehen. Sie lag noch immer gefesselt im Bett. Ihre Position hatte sie nicht verändern können, doch ihre verkrampfte Haltung ließ ihn vermuten, dass sie noch sehr lange versucht hatte, sich zu befreien.

Eine schlafende Kämpferin, der deutlich anzusehen war, dass sie nicht aufgegeben hatte, bis auch das letzte bisschen Kraft verbraucht gewesen war. Als hätte sie den Trank der lebenden Toten geschluckt ... Snape blieb vor dem Bett stehen und musterte sie nachdenklich. Sie sah so friedlich aus, schade, dass er diesen Zustand bald schon würde ändern müssen. Wie wollte er die Auseinandersetzung heute beginnen? Gestern hatte es gereicht, ihren Namen zu murmeln, heute wollte er es anders machen.

Er hob seinen Zauberstab und flüsterte ein "Silencio". Sicher war sicher. Geschrei konnte er nicht brauchen. Sein Kopf war sowieso schon kurz davor, zu zerbersten. Als er sicher war, dass sie beim Erwachen nicht panisch losbrüllen würde, wagte er vorsichtig einen Blick auf ihre nackten Beine.

Die Seile hatten die zarte Haut wund gerieben. Er runzelte die Stirn und beschloss, etwas dagegen zu unternehmen. So konnte er sie hier nicht liegen lassen. Wenn die Wunden sich entzündeten, würde sie noch länger brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen.

Mit nur wenigen Schritten war er bei der verschlossenen Tür im Wohnzimmer und öffnete sie mit einem Schlenker seines Zauberstabes. In seinem privaten Labor, das er verschlossen hatte, um Liora fern zu halten, suchte er sich einige Kräutersalben zusammen, nahm ein paar saubere Bandagen mit und schnappte sich dann noch einen Trank gegen seine Kopfschmerzen.

Auf dem Rückweg nahm er einen Schluck von dem Kopfschmerztrank und betrat, bewaffnet mit den Salben, wieder das Schlafzimmer.

Zu seiner Überraschung empfing ihn ein Paar müder blaugrüner Augen.

"Du bist wach. Das wird meine Arbeit nicht gerade erleichtern ...", sagte er ruhig und runzelte die Stirn. Gut, dass er daran gedacht hatte, sie zum Schweigen zu bringen. Allerdings sah sie gerade nicht danach aus, als wollte sie sich wieder sofort auf ihn stürzen.

Liora hob den Kopf und wollte etwas erwidern. Erschrocken weiteten sich ihre Augen. Sie merkte, dass er sie wieder mit einem Zauber zum Schweigen gebracht hatte und ließ sich entmutigt in die Kissen zurück fallen.

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