Liora blieb im Gang vor der Krankenstation stehen und atmete erst einmal tief durch. Ihre Gedanken flogen durcheinander wie ein aufgescheuchter Vogelschwarm. Was in der letzten Stunde passiert war, veränderte ihre komplette Lebensplanung! Einfach alles!
Dumbledore würde sie dem Ministerium melden ... nicht jetzt, aber im nächsten Sommer. Pünktlich zum nächsten Schuljahr. Doch was dann? War sie als vermisst gemeldet? Wenn ja, würde ihre Vergangenheit sie hier auf Hogwarts einholen? Sie seufzte leise und spürte ein leichtes Drücken im Magen. Hoffentlich ging das alles gut!
Sie schüttelte die düsteren Gedanken an die Zukunft ab und schritt langsam den Gang entlang. So schlimm würde es nicht werden ... wäre alles dabei in einer Katastrophe zu enden, wäre Snape nicht so entspannt. Sie sollte versuchen sich zu beruhigen und ihre neue Freiheit zu genießen. Liora atmete tief durch und versuchte noch einmal sich die Situation klar zu machen. Severus Snape lag verwundet auf der Krankenstation, sie konnte sich frei bewegen, Dumbledore warf sie nicht sofort raus. Der Tag war gar nicht so düster wie er sich erst angefühlt hatte. Es war das erste mal, dass sie langsam durch die Flure des Schlosses schritt und sich in aller Ruhe umsah. Die bewegten Bilder erregten ihre Aufmerksamkeit und auch die vielen Treppen, die immer wieder nach Lust und Laune die Richtung wechselten, waren nicht uninteressant.
Sie sah sich das alles fasziniert an und beachtete beim Stundenwechsel die vorbei eilenden Schüler gar nicht. Erst als sie angesprochen wurde, drehte sie sich um und sah in zwei muntere grüne Augen. „Wir kennen uns doch!", begrüßte der schwarzhaarige Junge, den Dumbledore Harry genannt hatte, sie.
„Ja, wir kennen uns flüchtig.", bestätigte Liora und er reichte ihr seine Hand. „Wir hatten in all dem Trubel gar keine Zeit uns vorzustellen. Ich bin Harry. Harry Potter.", sagte er und Liora nahm etwas zaghaft seine Hand und schüttelte sie kurz. „Liora Avelon.", antwortete sie. Nachdem Dumbledore wusste wer sie war, war es mittlerweile egal.
„Du bist nicht von hier, oder?", wollte er wissen und Liora spürte, wie sie errötete. „Nein, ich bin nur als Gast im Schloss. Es ist ganz schön hier, ich komme erst jetzt dazu, mich mal in Ruhe umzusehen.", erklärte sie und hoffte, dass er von weiteren Fragen was ihre Herkunft anging absehen würde. „Ja, Hogwarts ist der Wahnsinn. Jetzt bin ich schon so lange hier und habe immer noch nicht alles gesehen. Wie lange bist du noch hier im Schloss?", wollte er wissen und warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr, vermutlich um nicht zu spät zur nächsten Stunde zu kommen.
„Das weiß ich noch nicht. Momentan gibt es keine zeitliche Begrenzung. Wenn du mich entschuldigst, Harry, ich habe noch einiges zu erledigen.", versuchte sie sich zu verabschieden, doch Harry stellte sich ihr in den Weg. „Warte! Wir könnten dir hier alles zeigen, wenn du möchtest. Ich meine Hermine, Ron und ich. Du hast die Beiden ja schon kennengelernt. Wir könnten dir das Schloss und das Gelände zeigen und du hättest etwas Gesellschaft.", bot er an und Liora zögerte tatsächlich einen Moment.
Sie wusste wer Harry Potter war und sie hatte Snape auch oft genug über ihn fluchen hören. Er wäre bestimmt nicht begeistert, zu erfahren, dass sie sich, während er verletzt ans Bett gefesselt war, mit Harry traf. Andererseits wäre ihr ein wenig Ablenkung wirklich sehr willkommen. Sie hatte schon so lange keinen Kontakt mehr zu anderen Menschen als Snape und den Todessern gehabt. Die Aussicht auf Gespräche in denen es nicht um Tod, Folter und den Dunklen Lord ging, war zu verlockend.
„Ihr könnt mir gerne alles zeigen.", sagte sie und sah sich um, als befürchtete sie, dass jemand sie belauschen könnte. „Nur nicht heute. Ich habe wirklich viel zu tun und kann das nicht aufschieben."
Harry lächelte und rückte die Tasche mit seinen Büchern zurecht, weil sie drohte ihm von der Schulter zu rutschen. „Schade, nicht mal heute Abend? Ganz gemütlich?", versuchte er es nochmal und grinste dabei so frech, dass es Liora die Sprache verschlug. Als sie nicht sofort antwortete, zwinkerte er ihr zu und wandte sich schon halb zum Gehen. „Wir beißen nicht und so wichtig kann das, was du zu tun hast doch gar nicht sein. Komm schon, wo soll ich dich abholen?", wollte er wissen. „Vor der Treppe zu den Kerkern?", antwortete Liora völlig perplex. Er hatte sie mit seiner Hartnäckigkeit total überrumpelt und bevor sie dazukam noch einmal zu protestieren, verabschiedete er sich mit einem „Bis später dann! Sieben Uhr!".
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Seelenfänger
FantasyVoldemort glaubt nicht an Liebe und Selbstlosigkeit. Eine Tatsache, die Severus Snape nutzt um ein Leben zu retten. Eine Wette wird abgeschlossen und Severus steht vor einer schweren Aufgabe. Eine Aufgabe mit rotem Haar, blauen Augen und einem anstr...