Wahrheit III

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Die Spannung lag schwer in der Luft. Sie war fast greifbar und raubte den Anwesenden den Atem.

Ihr Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen und versuchte sich gegen die auf sie einströmende Kälte zu wehren. Jeder Schlag schmerzte.

Liora erhob sich, schloss die Augen und atmete tief durch.

Fast schon zärtlich glitten ihre Finger über das kühle Holz des Zauberstabes ...

Was nun? Gab es einen Weg das Kommende zu vermeiden?

In ihrem Kopf spielten sich innerhalb von Sekunden verschiedene Szenarien ab, doch keines war zu ihrer Zufriedenheit ausgegangen. Es gab keinen Weg.

Wieder glitten ihre Finger über das weiche Holz. Es fühlte sich falsch an diesen wunderbaren Stab, den Snape ihr überlassen hatte um unglaubliche Wunder zu vollbringen, nun für solche Schandtaten zu verwenden, und sie spürte deutlich den Wiederwillen des Zauberstabes, als sie den nötigen Spruch in ihren Gedanken ausformulierte. Es gefiel ihr auch nicht, doch was sollte sie tun? Sie hatte keine Wahl. Früher oder später würde sie auch sicher für ihre Taten büßen, doch jetzt musste sie alles tun um nicht aufzufallen. Der Gedanke daran mit dem Geschenk ihres Meisters nun solches Unheil anzurichten, jagte ihr einen Schauer über den Rücken und anscheinend war der Stab auch noch immer nicht überzeugt. Das Holz vibrierte protestierend.

Sie musste es also anders lösen.

Liora öffnete die Augen, sah sich lauernd um und richtete den Zauberstab dann auf die Gruppe Todesser. „Expelliarmus!"

Ihre Stimme hallte durch die Stille und schon in der nächsten Sekunde hielt sie einen Zauberstab in der Hand. Es war egal von wem er war und was er bisher getan hatte – er würde seinen Zweck erfüllen. Ein kleiner Tumult brach los, als der Entwaffnete aufschrie und sich mehrere Zauberstäbe auf seine Angreiferin richteten. Liora beachtete die Meute hinter sich nicht, sondern versuchte Blickkontakt zu ihrem Herren herzustellen.

Sobald sie die rötlichen Augen gefunden hatte, hob sie den Zauberstab und drehte sich um ...

„AVADA KEDAVRA!"


........

Snape riss entsetzt die Augen auf, doch noch bevor er einschreiten konnte, hatte Liora gehandelt und ein heller grüner Blitz blendete sie alle. Sie hatte den Zauber mit einer Kraft gesprochen, die er nicht erwartet hatte und es dauerte einen Moment, bis er es wagte seine Augen wieder zu öffnen. Sekunden später ließ er auch den Arm sinken, den er schützend vor sein Gesicht gehalten hatte und sah sich um.

Liora hatte den Zauberstab noch immer gehoben und atmete schwer. Er konnte sehen wie sich ihre Brust hob und senkte, als sie angestrengt nach Luft schnappte. Ihr Blick war mittlerweile starr auf den reglosen Körper am Boden gerichtet, als könnte sie nicht begreifen, was eben geschehen war. Sie war blasser als sonst und er konnte fast zusehen, wie die Farbe weiter aus ihrem Gesicht wich.

Ihm wurde kalt, als er begriff was gerade passiert war. Es war kein Alptraum. Mitten im Salon lag die Leiche des unbekannten Mannes und sein Blut klebte an Lioras Fingern. Sie hatte getötet ...

„Mylord ...", setzte Snape an, doch er wurde von Voldemort mit einer einzigen Handbewegung zum Schweigen gebracht. Das was er auf jeden Fall vermeiden wollte, war nun doch geschehen! Liora regte sich noch immer nicht, doch er konnte sehen wie nun auch ihre Lippen blass wurden und einen ungesunden bläulichen Ton annahmen. Als würde das Leben langsam aus ihrem Körper schwinden ... Er befürchtete das Schlimmste und wenn er Recht hatte, würde die Zeit, Liora zu helfen, knapp werden.

Er wollte zu ihr! Er MUSSTE zu ihr! Musste sehen, ob es ihr gut ging. Vielleicht war es nur der Schock, doch wenn nicht ... Schlimme Dinge würden geschehen, wenn er nicht handelte und er wusste nicht wie lange er bei einem zarten Wesen wie ihr Zeit hatte! Liora würde früher oder später zusammenbrechen und er konnte nichts tun außer zusehen, solange der Dunkle Lord ihn nicht gewähren ließ.

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