Als sie erwachte, waren ihre Sinne völlig vernebelt und sämtliche Nervenbahnen überreizt. Der Teil ihres Körpers, den sie spürte, schien in Flammen zu stehen. Alles brannte und stach, doch ihr fehlte die Kraft, um sich gegen diese Eindrücke zu wehren. Sie übermannten sie und ihr Kopf drohte zu explodieren.Was war nur geschehen? Was war real und was nicht? Wirre Träume hatten sie bis vor wenigen Minuten gequält. Hatten ihr Freiheit und Rettung versprochen und nun war sie aufgewacht und die Illusion, es würde nicht nach nach Urin und Verwesung stinken, blieb. Oder war es gar keine Illusion? Vorsichtig holte sie Luft. Warme Luft. Neutral. Vielleicht mit einem Hauch Kräuter. Sie war also tatsächlich nicht mehr in diesem schrecklichen Verlies! Ein leises Stöhnen kam über ihre Lippen und sie konnte das Scharren von Stuhlbeinen hören, gefolgt von eiligen Schritten.
Nicht allein. Irgendwo in dieser Dunkelheit war jemand!
Sie versuchte die Augen einen Spalt zu öffnen, doch alles was sie sah, war verschwommen. Sanftes Licht ... vielleicht Kerzen? Eine große Gestalt ... einer ihrer Peiniger? Sie wusste es nicht und es war letztlich auch egal. Was würde ihr diese Information bringen? Es gab in diesem Zustand sowieso kein Entkommen.
Dennoch war die angst groß und ihr Körper reagierte darauf. Eine Welle der Übelkeit überkam sie und ihr Magen verkrampfte sich schmerzhaft. Sie würgte, hustete. Kalter Schweiß brach aus und verschlimmerte den Kampf mit dem eigenen Körper. Übergeben konnte sie sich nicht. Von was auch? Die letzte Mahlzeit, die als solche zu bezeichnen war, musste ewig her sein. Sie versuchte gerade sich daran zu erinnern, als sie spürte, wie jemand ihren Kopf anhob und etwas Kaltes ihre Lippen berührte.
„Versuch das zu trinken", hörte sie eine leise Stimme. Dunkel und ruhig. Der Klang war so angenehm und vertrauenerweckend. Völlig anders als die letzten Male, wenn sie geweckt worden war. Sie versuchte die Flüssigkeit zu schlucken, doch es ging nur sehr schwer. Ihr Hals fühlte sie wund und verkrampft an. Die Muskeln reagierten kaum. Sie verschluckte sich immer wieder und die winzigen Mengen, die sie hinunter brachte, reichten nicht, um den Durst zu lindern. Diese einfache Tätigkeit war nicht zu bewältigen und sie hatte das Gefühl zu ersticken. Als sie merkte, dass sie nicht weiterkam, traten ihr Tränen der Hilflosigkeit und Verzweiflung in die Augen.
„Kein Grund zu weinen. Wir haben alle Zeit der Welt", flüsterte die Stimme. Noch immer ruhig und fast schon fürsorglich.
Sie spürte, wie ein Kissen unter ihren Kopf gelegt wurde und die fremde Person sanft die Finger an ihren Hals legte. Warme Finger, die dafür sorgten, dass die verspannten Muskeln sich lockerten. „Angst schnürt einem die Kehle zu, sagt man. Das muss jetzt aber nicht mehr sein. Dir wird hier nichts geschehen. Versuch dich einfach zu entspannen", wurde beruhigend auf sie eingeredet und sie versuchte auf seine Worte zu hören. Versuchte, die Anspannung abzuschütteln.
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Vorsichtig strich Snape über den Hals der jungen Frau, um ihr das Schlucken zu erleichtern. Ihre Körpertemperatur war noch immer zu niedrig, daran hatte auch ein leichter Wärmezauber nichts geändert. Es war ein Kampf gegen Windmühlen, solang er nicht in der Lage war, ihren Zustand mit Tränken zu verbessern. Jetzt bekam er erstmals die Gelegenheit. Nachdem sie sich die Stunden nach seiner Rückkehr überhaupt nicht bewegt hatte, hatte er schon fast die Hoffnung verloren. Ihr Körper war einfach zu schwach. Er hatte schon fest damit gerechnet, dass sie nicht mehr aufwachen, sondern ihm einfach unter den Händen wegsterben würde. Jeden Moment erwartete er, dass sie sich ein letztes Mal aufbäumte und ihr Herz den Kampf aufgab. Deswegen war er auf der Lauer gelegen und hatte sie beobachtet. Er hatte sogar Dumbledore belogen und sich für den heutigen Tag krank gemeldet. An unterrichten war in seiner Lage auch nicht zu denken. Immerhin hatte er seit seiner Rückkehr kein Auge zugemacht und in weniger als einer Stunde, würde die Sonne aufgehen.
Den Tag konnte er nun nutzen, um liegengebliebene Arbeiten zu korrigieren und immer wieder nach seiner Patientin zu sehen. Sie allein zu lassen, wäre verantwortungslos. Dazu stolperte sie ihm noch zu nah an der Schwelle zum Abgrund entlang. Noch. Denn jetzt könnte das Blatt sich wenden. Sobald er das geringste Lebenszeichen in Form eines leisen Stöhnens vernommen hatte, war er von seinen Korrekturarbeiten aufgestanden und zu ihr geeilt. Die wenigen Schlucke, die sie seitdem trotz Husten und Würgen hatte nehmen können, sollten bereits einen positiven Effekt herbeiführen.
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Seelenfänger
FantasyVoldemort glaubt nicht an Liebe und Selbstlosigkeit. Eine Tatsache, die Severus Snape nutzt um ein Leben zu retten. Eine Wette wird abgeschlossen und Severus steht vor einer schweren Aufgabe. Eine Aufgabe mit rotem Haar, blauen Augen und einem anstr...