Des Löwens Höhle 3

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Liora blieb mitten im Saal stehen und hob den Kopf, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Zwar hatte Snape ihr eingetrichtert sie solle ihren Stolz hinunterschlucken, auch was ihre anscheinend zu selbstbewusste Haltung anging, doch es gelang ihr beim besten Willen nicht und sie würde auch nicht weiter versuchen gebückt vor dem Dunklen Lord herumzukriechen. Sie wollte erst sehen wie weit sie gehen konnte.

„Ich bin nicht für meine Geduld bekannt und wer mich warten lässt, tut dies meist nur einmal. Liora ... Liora ... da es das erste mal ist, dass Severus dich unbeaufsichtigt in mein Reich kommen lässt, werde ich noch von einer Strafe absehen. Die Freude darüber, dich endlich einmal ohne seine wachsamen Augen bei mir zu haben, lässt meine Wut über dein Zuspätkommen einfach verrauchen.", wurde sie von der kalten Stimme des Dunklen Lords empfangen. Liora hatte ihn in einem sehr alt wirkenden Sessel in der Nähe eines Kamins ausgemacht. Ein winziges Feuer loderte darin, doch es reichte nicht annähernd aus um den düsteren Raum vollständig zu erleuchten. Dafür sorgten ein paar staubige und mit Wachs befleckte Kerzenständer, die mit dicken weißen Kerzen bestückt waren und so auch die Ecken ein wenig erhellten. 

Alles in allem war der Raum nicht besonders groß und vermutlich hatte er zu seinen guten Zeiten als Arbeitszimmer gedient. Doch Schreibtisch und andere Möbel waren verschwunden. Geblieben waren die alten Sessel vor dem Kamin und eine Wand voller Bücher.

Es war kein Ort an dem sie besonders lang bleiben wollte und das schon gar nicht allein Mit Lucius Malfoy und dem Dunklen Lord. Liora griff in ihre Tasche und wollte das Päckchen herausholen, das Snape ihr mitgegeben hatte. „Mylord, Severus lässt Euch dies hier zukommen und bat mich, Euch nochmals seinen Dank auszurichten, dass Ihr ihm die nötige Zeit eingeräumt habt all Euren Wünschen nachzukommen. Ich hoffe es ist alles zu Eurer Zufriedenheit und ...", begann sie, doch weit kam sie nicht.

„Tz, tz, tz ... Liora ... Haben wir uns denn nichts zu sagen, außer der geschäftlichen Dinge? Was ist aus den guten alten Höflichkeitsfloskeln geworden? Nicht, dass ich deine Zielstrebigkeit nicht schätzen würde, doch ich hatte gehofft, wir könnten ein wenig über Dinge plaudern, die interessanter sind, als das was Severus dir mitgegeben hat.", unterbrach Voldemort sie und Liora konnte sich nur all zu gut vorstellen, wie er bei diesem Satz boshaft vor sich hin grinste.

Sie hielt in ihrer Bewegung inne und runzelte die Stirn. Worauf konnte er es abgesehen haben? Rein, abliefern, raus. Das war ihr Auftrag und nicht 'plaudern'. Sie witterte Gefahr ... nur von wem oder was ging sie aus? Vorsichtig wagte sie einen Blick zu Malfoy, der mittlerweile neben ihr stand und die Arme hinter dem Rücken verschränkt hatte. Er war definitiv eine Bedrohung, sonst hätte Snape sie nicht vor ihm gewarnt, doch in diesem Moment erschien er als das kleinere Übel. Als er ihre Bewegung bemerkte warf er ihr lediglich einen durchdringenden Blick zu, der sie schaudern lies. 

Sie wandte sich wieder dem Dunklen Lord zu. „Ich verstehe nicht, Mylord.", gab sie zu und hoffte, er würde ihr erklären, was genau er von ihr wollte. Tatsächlich schien er heute sehr gesprächig, denn er lachte kalt und rau: „Der gute Severus nimmt deine Ausbildung sehr ernst. Ebenso bemüht er sich sehr um dein Wohlergehen. Für meinen Geschmack fast ein wenig zu sehr, denn ich hatte das Gefühl, er versucht dich von mir fern zu halten. Heute habe ich nun endlich Gelegenheit in aller Ruhe zu sehen, wie weit deine Ausbildung fortgeschritten ist."

Das war es also! Er war misstrauisch geworden. „Mylord, bitte verzeiht, wenn ...", setzte sie gerade zu einer Erklärung an, doch er wollte es nicht hören. „SCHWEIG!", rief er und Liora zuckte fast unmerklich zusammen, während der Dunkle Lord sich mit einer fließenden Bewegung wie ein todbringender Schatten aus seinem Sessel erhob und sich umdrehte.

In der ersten Sekunde war sie geschockt über seine Schnelligkeit und auch seine schlangenartige Erscheinung ließ sie die Luft anhalten, bevor sie neben sich eine Bewegung wahr nahm und es Lucius gleich tat. Liora fiel der Etikette entsprechend auf die Knie und senkte den Kopf. Wobei sie mit beiden Knien am Boden ausharrte, während Lucius seinem Stand entsprechend eher eine sehr tiefe Verbeugung vollführte und sein Knie noch nicht einmal den Boden berührte, als der Dunkle Lord ihn mit einer einfachen, kaum merklichen Handbewegung wieder aus seiner demütigen Haltung entließ.

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