Faith's POV
Mit meinem Blick fahre ich an meinem Körper entlang. Der Spiegel enttarnt jede meiner Problemzonen, die ich mit meiner Hand betaste. Meine Hüfte und meine Beine sind alles andere als perfekt oder schön. Seufzend setze ich mich auf mein Bett und denke darüber nach, ob ich wirklich heute mit Justin zu dem Essen zu gehen sollte.
Ich habe ihm zwar angeboten mitzukommen, aber irgendwie hatte ich gehofft, dass er mir sagt, dass er es nicht möchte. Immerhin hatte er einen Grund sauer auf mich zu sein. Sogar ich selbst habe einen Grund sauer auf mich zu sein. Ich hatte es versaut. Ich hatte Justin offiziell weggestoßen, obwohl er mir alles gegeben hat, was ein Mensch einem anderen geben kann. Langsam beginne ich mich dafür zu hassen. Obwohl, das stimmt nicht: Ich habe es schon getan, als ich ihm gesagt habe, dass es nicht klappen wird.
Mein Verstand arbeitet gegen mein Herz. Und in diesem Fall sagt mir mein Verstand, dass wir es wahrscheinlich nicht schaffen würden. Dass sich alles in Luft auflösen wird, sobald ich wieder zu Hause bin.
Ich seufze und sehe mich dann erneut im Spiegel an. Ich hatte nicht einmal eine Ahnung, ob ich jemals einen anderen so mögen könnte, wie ich es bei ihm getan habe. "Was hast du da getan, Faith?", flüstere ich mir leise zu. Dann streife ich meinen schwarzen Rock hoch, nachdem ich die durchsichtige schwarze Strumpfhose drunter gezogen habe. Der Rock geht mir bis zum Bauchnabel. Langsam stecke ich meine rote Bluse unter den Rock.
In wenigen Stunden würde ich im Flugzeug sitzen. Meine Gastfamilie, diese doch so einzigartige Stadt und die Liebe meines Lebens würde ich hier lassen, um zu sehen, ob zu Hause noch alles so ist, wie es das vor einem halben Jahr war.
Ich starre auf meine trocknen Lippen. Die salzigen Tränen hatten ihnen jede Frische genommen. Sofort nachdem Justin den See verlassen hat, ist es aus mir herausgesprudelt. Die ganze Nacht habe ich kein Auge zugedrückt. Vielleicht war es nicht nur die räumliche Trennung, die mich dazu bewogen hat, Justin zu sagen, dass es nicht klappen wird. Vielleicht sind es auch die ganzen Geschichten mit Isabelle, die ganzen kleinen Streitereien und Vertrauensbrüche.
Ich schüttle den Kopf und bürste dann kurz meine Haare, um sie zu einem Dutt zu binden. Ich versuche mir gerade selbst etwas vorzumachen. Ich bin daran schuld, dass es zu Ende ist. Ich und niemand anderes.
Ich höre ein Klopfen an der Tür meines Zimmers, das einmal sanft auf der hölzernen Oberfläche aufkommt.
"Herein?", sage ich mit müder Stimme und betrachte mich ein letztes Mal im Spiegel. Ich kann es nicht mehr retten. Selbst der beste Look verleiht meinem Gesicht keinen Glamour.
Ein lächelndes Gesicht erhält mein Zimmer. "Du hast Besuch.", sagt Victoria laut und kommt einen Schritt auf mich zu. "Er sieht sehr nett aus."
Ich nicke ihr nur kurz zu, bevor sie das Zimmer verlässt. Seit Roger festgenommen wurde scheint sie befreit zu sein. Sie lächelt oft, ich höre sie immer lange mit ihren Freundinnen telefonieren und sie spielt fröhlicher mit Madison und Jacob. Auch wir beide verstehen uns viel besser. Wer hätte das vor einem halben Jahr gedacht?
Schnell und ohne noch einmal darüber nachzudenken, wie ich und Justin uns gleich begrüßen werden, verlasse ich den Raum. Das wird mir in der nächsten Sekunde zum Verhängnis. Als ich unten ankomme, steht Justin im Flur. Sein Blick ist zunächst gesenkt und hebt sich, als er mich die Treppe herunterkommen sieht. Für etwas weniger als eine Sekunde heben sich seine Mundwinkel. Kurz darauf normalisieren sie sich aber wieder.
"Hey.", ergreife ich das Wort. Gestern noch, hätte ich ihn jetzt in meinen Arm geschlossen und ihn leidenschaftlich geküsst. Heute stehen wir wie zwei Fremde gegenüber voneinander. Ich baue kurzen aber intensiven Blickkontakt mit ihm auf. Auf seine Weise leuchten seine Augen traurig. Sie leuchten so wie in dem Moment, als er mich aus dem Haus getragen hat, als Roger hier war. Enttäuscht, ängstlich und irgendwie traurig.
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Following Hearts {German}
Fanfiction"Sometimes following your heart means losing your mind." Die 19-Jährige Faith will etwas erleben, neue Menschen kennenlernen und ein halbes Jahr in einem anderen Land leben. Deswegen beschließt sie, als Au-pair nach England zu reisen und hofft dort...