"Entschuldigung, dürfte ich bestellen?" Die selbe Kellnerin kam zu meinem Tisch. Sie hatte ihre dunkelblonden Haare genau wie sonst auch in einen lockeren Dutt gebunden und schaute mich nun mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Das selbe wie immer?" Ich nickte. Sie verschwand mit einem breiten Grinsen. Ich strich mir eine Strähne aus der Stirn, dann schaute ich in die Sonne. Der Himmel war heute nahezu komplett frei von Wolken. Nur hier und da blitzte ein weißes Wattebällchen auf hellblauem Hintergrund auf. An der Straße gegenüber stand wieder dieses Auto. Es stand dort jeden Freitag, also immer dann, wenn ich hierher kam. Genau wie das Pärchen zwei Tische weiter links, die auch seit etwa einem Monat dort saßen. Wahrscheinlich gehörte der Wagen ihnen. Mein Blick wanderte wie automatisch auf die große Uhr auf dem Marktplatz, die man sogar von hier aus sehen konnte. Es war bereits 15:10 Uhr, also war Kenna zu spät. So wie eigentlich immer. Ich schaute mich wieder um und genoss einfach die warme Sonne auf meinem Gesicht. Der schwarze Wagen fuhr plötzlich los. Dann gehörte er wohl doch nicht dem Pärchen...
Weitere fünf Minuten später hörte ich von weitem ein fröhliches "Lucia!" und eine hibbelige Brünette wirbelte wie eine Irre mit ihren Armen in der Luft herum. Kenna sah von weitem echt immer so aus, als hätte sie sie nicht mehr alle. Als sie endlich an meinem Tisch angelangt war, ließ sie sich atemlos auf den Platz mir gegenüber fallen. "Tut mir leid, dass ich erst so spät bin, aber Lucia, das musst du dir anhören!" Sie wirkte immer noch total aufgeregt. "Beruhig dich erstmal, dann erzähl mir, was los ist." Sie atmete tief durch. Erst jetzt fiel mir auf, dass ihre Haare anders aussahen als sonst. Sie hatte sie offen, trug allerdings eine seltsame Art Kette auf dem Scheitel, außerdem mittendrin ein paar geflochtene Strähnen mit Perlen drin. Ihr Dad hatte ihr vermutlich mal wieder Geschenke gemacht. "Also. Thomas Sangster treibt sich angeblich ganz in der Nähe rum. Und ich meine den Thomas Sangster, der sonst immer in New York sein Unwesen treibt. Er soll hier sein. Hier in Mercy Falls!" Während sie redete, gestikulierte sie wild mit den Händen. "Okay, alles gut Kenna." sagte ich leicht verlegen und griff nach ihren Händen. In diesem Moment kam die Kellnerin und brachte uns unseren Obstkuchen. "Danke." sagten wir wie aus einem Mund. "Lasst es euch schmecken!" sagte sie und zwinkerte mir zu. Gierig machte sich Kenna über ihr Stück her.
"Ich glaube aber, du hast mich eben nicht ganz verstanden. Thomas bloody Sangster treibt sich hier rum." Ich stöhnte auf und ließ meine Gabel geräuschvoll auf den Teller fallen. "Kenna, du darfst nicht immer alles glauben, was im Fernsehen oder in den sozialen Netzwerken gesagt oder geschrieben wird. Was würde der den auch hier wollen?" "Weiß nicht... vielleicht will er jemanden töten. Oder ein hübsches, schwarzhaariges Mädchen ent- und verführen." antwortete sie und wackelte mit den Augenbrauen. Ich nahm meine Tasche und haute sie damit. "Halt die Klappe und mal den Teufel nicht an die Wand." "Ich mach doch nur Späße, hm?" Ihr Lachen hallte durch die kleine Straße. "Sei still, alle gucken schon." Ich versuchte, ernst zu klingen, versagte aber kläglich und stimmte sogar noch in ihr Pferdelachen mit ein. Auch das Pärchen an dem Tisch bemerkte uns. Sie schmunzelte, während er hastig irgendwas in sein Handy eintippte, bevor er es wieder in seine Tasche steckte und sich dem Mädchen zuwand. In diesem Moment klingelte Kennas Handy. Sie zog ihr iPhone aus der Tasche und ging ran.
Nach einem etwa zweiminütigen Gespräch legte sie wieder auf und legte ihr Geld auf den Tisch. "Das war meine Mum, der Gitarrenunterricht wurde heute wieder vorverlegt." Sie stand auf und drückte mich kurz. "Bis Morgen." rief sie mir über die Schulter zu, dann ging sie die Straße hinauf Richtung Stadtzentrum. Ich aß noch die letzten Reste meines Kuchens, dann bezahlte ich bei der Blonden und ging ebenfalls.
☆☆☆☆☆☆☆☆☆
Am Abend lag ich in meinem Bett und starrte an die Decke. Sollte das mit Thomas Sangster stimmen, dann interessierte es mich echt, was er hier wollte. In unserem kleinen Städtchen passierte nämlich nie was. Abgesehen von dem Dorffest und dem Mitternachtsshopping lebte man hier die ultimative Vorstadtidylle, die für Geld zu bekommen war. Nur das beste Haus konnte man nicht mehr kriegen, denn in dem wohnte Kenna mit ihrer Mum, ihrem Dad und ihrem kleinen Bruder. Ihr Vater war hier Bürgermeister und deshalb besaß er die einzige Villa in Mercy Falls. Es war eine schöne Villa, die sehr im englischen Landhausstil gehalten war. Am liebsten hatten Kenna und ich als Kinder die Schlüssel für das alte Theater geklaut und dort Rollenspiele gespielt. Ich war bestimmt seit fünf Jahren nicht mehr dort gewesen. Seitdem wir zu alt dafür geworden waren, hatten wir nämlich auch sämtliches Interesse an dem Theater verloren.
Das leise Ticken meiner Wanduhr riss mich aus meinen Gedanken. Richtig, bei Thomas Sangster war ich. Ich kannte natürlich all die Geschichten über ihn, schließlich redete meine kleine Schwester pausenlos davon. Sie gehörte zu diesen Mädchen, die sofort anfingen, sich für alles mögliche zu begeistern, sobald diese Sache gut roch, sich gut anfühlte oder gut aussah. Und bei Thomas sollte wohl alles stimmen. Ich konnte nur letzteres bestätigen. Seine honigblonden Haare hatten was, das musste ich zugeben. Auch seine Augen waren ziemlich schön, von seinem Körper will ich gar nicht erst zu reden anfangen. Er fühlte sich sicherlich auch gut an, denn seine Haut sah auf jeden Fall nicht abstoßend, sondern sogar sehr gepflegt aus. Nur bei letzterem Punkt war ich mir nicht ganz sicher, denn ich wusste, dass er Raucher war. Wobei eine Frau bei der Polizei wohl mal die Aussage gemacht hatte, er würde nach einem bestimmten Parfum riechen, dessen Name mir entfallen war. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn mögen sollte. Wie gesagt, er war äußerlich ein Hauptgewinn, aber ich wusste nichts über seine Persönlichkeit. Mit meinen Gedanken bei Thomas schlief ich dann doch irgendwann ein.
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Flashlight (German Thomas Sangster FF)
Fanfiction"Sie ist nervig, sie ist komisch, sie bringt mich zum schreien, sie macht mich verrückt, sie ist komplett gestört und sie ist alles, was ich will." Lucia ist ein zartes Vorstadtmädchen, das nie mit der illegalen oder kriminellen Szene in Berührung g...