Kapitel 2 • Lucia

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Am nächsten Morgen schlurfte ich unmotiviert ins Bad. Eigentlich müsste ich mal wieder duschen, denn mein Ansatz war schon wieder fettig. Ein Blick auf die Uhr verriet mir aber, dass dafür wohl keine Zeit blieb. Also machte ich einfach einen Zopf und schminkte mich schnell. Ich eilte die Treppe runter und schon stieg mir der angenehme Duft von Rührei in die Nase. Auf dem Tisch stand schon eine Schale davon. "Guten Morgen mein Schatz." "Morgen Mum..." murmelte ich abwesend. Ich ließ mich auf meinen Platz fallen. Mein Blick schweifte durch den Raum. Das Morgenlicht schien durch das große Fenster an der Hausvorderseite direkt in die Küche. Vor dem Fenster flogen vereinzelt ein paar Vögel herum, und vor den Blumenbüschen schwirrten die Bienen. Meine Mutter stand zwischen Herd und Kücheninsel. Die ganze Küche sah dank dem hellen Holz einfach total magisch aus. Meine Mutter passte perfekt in dieses Bild rein, wie sie sich da so anmutig bewegte. Ihre dunklen Haare hatte sie wie immer in einem Messidutt zusammengebunden und ein paar vereinzelte Strähnen hingen vorne raus. Ihre weiße Schürze war über und über mit Spritzern von der gestrigen Tomatensoße bedeckt. Sie sah aus wie Jordana Brewster, das konnte ich nicht abstreiten.

In diesem Moment ging die Haustür auf und meine kleine Schwester kam pfeifend in die offene Küche. "So Mum, hier sind die Brötchen." sagte sie und entleerte die Tüte über dem Brotkorb. "Guten Morgen Meggie, ich habe super geschlafen und auch ansonsten geht es mir bestens." sagte ich ironisch. Sie drehte sich um. Sie ging zu meinem Platz und drückte mir einen Kuss auf die Wange. "Guten Morgen Schwesterchen." Dann ließ sie sich auf den daneben fallen. Ihre braunen Locken sahen so wahnsinnig gut aus, ich platzte fast vor Neid. Ihre großen braunen Augen widersprachen jeglicher Natur, genau wie meine. Meine Mum setzte sich jetzt auch. Sie gab jedem von uns ein Brötchen, aber meine Schwester hatte gerade ganz andere Sorgen. "Wisst ihr was?" Ich zog fragend eine Augenbraue hoch. "Lucas sagt, ich sehe aus wie die kleine Schwester von Thomas Sangster, krass oder?" "Meinst du Lucas Soleil? Den kleinen Bruder von Kenna?" fragte meine Mutter, während sie sich Frischkäse und Gurken auf ihr Brötchen legte. "Genau den." "Wie gut, dass du die nicht bist." "Wie meinst du das?" fragte Meggie mich nun. "Naja, er ist schließlich ein Schwerverbrecher. Ich glaube nicht, dass man da stolz sein könnte, seine kleine Schwester zu sein." "Aber überleg doch mal wie toll er einen beschützen könnte." seufzte sie und stemmte ihren Kopf auf ihrer Hand ab. Ich verdrehte die Augen und aß weiter.

Eine halbe Stunde voll weiterer angeblicher Heldengeschichten von Thomas Sangster räumte ich mit meiner Mum den Tisch ab. Mein Dad kam gerade die Treppe heruntergeeilt. "Hey Kleine, hab keine Zeit, muss schnell los." murmelte er und drückte mir schnell einen Kuss auf die Stirn, meiner Mutter ebenfalls. Und so schnell er aufgetaucht war, war er wieder verschwunden. "Typisch Dad." nuschelte ich und brachte die Teller weg. Keiner von uns, nicht mal meine beiden älteren Brüder, sahen ihm ähnlich. Das einzige, was sie von ihm hatten, waren ihre strahlenden Augen. Mein Vater hatte leuchtend blaue Augen und blonde Haare, irgendwie hatte er etwas von dem typischen Sunnyboy in Kalifornien, und ich war mir verdammt sicher, dass er als Teenager so ausgesehen hatte. Zu meinen Brüdern: beide waren schon erwachsen und ausgezogen. Arkadi, der ältere, war nach Europa gegangen und wir sahen ihn nur zwei bis drei Mal im Jahr. Anton, der jüngere, war ebenfalls vor gut zwei Jahren ausgezogen und lebte jetzt in Los Angeles. Die beiden waren schon raus aus Mercy Falls, aber ich wollte hier eigentlich nie weg. Natürlich war es manchmal langweilig, aber ich liebte diese Landydille. An jedem Morgen geht man durch die Straßen und schaut in gepflegte Vorgärten, sieht Mütter, die ihre Söhne und Töchter zum Kindergarten bringen, die alten Rentner im Park winken einem zu, hier war einfach alles wie im Bilderbuch. Ich hatte es mir als Ziel gesetzt, nach der Schule an der New York Academy Of Dramatic Arts, kurz NYADA, zu studieren und danach zurück nach Mercy Falls zu kommen. Danach würde ich hier und da mal eine Rolle im neuen Theater oder in der nächstbesten Großstadt annehmen, aber trotzdem in meinem Heimatstädtchen eine Familie gründen, um ihnen dasselbe zu bieten, wie meine Eltern es bei mir gemacht haben.

Ich nahm jetzt die Tassen vom Tisch. Verträumt wie immer starrte ich aus dem Fenster und schaute mir den strahlend blauen Himmel an. Mein Blick schweifte über die Straße und erfasste einen schwarzen Wagen. Den selben wie vor dem Café. Ich ging näher ans Fenster und legte die linke Hand an das kalte Glas. Ich konzentrierte mich ganz stark, und dann wünschte ich mir, ich hätte es nie getan. Auf dem Beifahrersitz saß ein Mädchen, schwarze Haare, Ein Tattoo am Schlüsselbein. Ich kannte sie aus den Nachrichten. Santana Lopez, beste Freundin von Thomas Sangster.

Vor Schreck ließ ich die eine Tasse fallen. Mit einem lauten Klirren kam sie auf dem Boden auf. Meine Mum schrie kurz, dann lief sie zu mir. "Lucia, was ist los?" Ich erwachte aus meiner Starre. "Oh, ähm, d-d-das tut mir leid Mum, i-ich kümmere mich drum." "Nein, Nein, Schatz, schon in Ordnung." Sie legte ihre Hände auf meine Oberarme. "Süße, du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen." Ich schaute sie an. In ihren braunen Augen lag so viel Sorge. Ich wollte sie nicht anlügen, aber sie würde mich doch für verrückt halten. "Leg dich lieber noch mal hin, ich mach das weg." Ich nickte, dann eilte ich die Treppe hoch. Jedoch nicht, ohne vorher Halt am Telefon zu machen und es in mein Zimmer zu entführen. Ich schlug meine Tür zu und rannte direkt zum Fenster. Der Wagen stand immer noch da. Ich überlegte kurz, dann tippte so lange auf den weißen Tasten herum, bis Kennas Nummer da stand.









Flashlight (German Thomas Sangster FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt