Kapitel 9 • Lucia

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Mein Kopf hatte wohl komplett ausgesetzt, während ich mit schnellen Schritten auf ihn zuging. Er bemerkte mich erst, als ich nur noch etwa zwei Meter vor ihm stand. Noch bevor er reagieren konnte, gab ich ihm eine Ohrfeige. Ich war echt lebensmüde. "Was fällt dir ein? Was hat Meggie damit zu tun? Sie ist noch ein Kind!" spuckte ich ihm ins Gesicht. Er sagte nichts. Es machte mich so unglaublich wütend. Ich erhob direkt wieder die Hand, aber jetzt war er schneller. Er umgriff meine Handgelenke, tauschte unsere Positionen und nun stand ich wieder an der Wand. "Jetzt pass mal auf: Solltest du es jemals wieder wagen, mir eine zu verpassen, mache ich das gleiche bei dir, und dann liegst du weinend am Boden, das verspreche ich dir. Und die Beschattung deiner Schwester war Teil des Plans, damit-" Er brach den Satz ab und biss sich auf die Unterlippe. "Ich sag dir nur eins: Ich habe nicht vor, deine Schwester zu verletzen, zu entführen oder sonst irgendwas mit ihr anzustellen." Er hielt meine Handgelenke immer noch viel zu fest. Ich drehte sie, zog daran, versuchte mich irgendwie aus seinem Griff zu winden, aber es war hoffnungslos. "Je mehr du zappelst, desto mehr tut es weh." sagte er nur. Ich hob meinen Blick und schaute ihm direkt ins Gesicht. Seine Augen waren eigentlich ziemlich schön. Diese Mandelform hatte was, vorallem das warme Braun, das die Pupille umgab, gefiel mir. Wenn er wütend war, zogen sich seine Augenbrauen immer so eigenartig zusammen. Sogar durch die verdunkelte Sonnenbrille sah ich die tiefen Schatten unter seinen Augen. Ich hatte ihn wohl echt wachgehalten.

Er löste seinen Blick ruckartig von mir, als ihm ein Regentropfen auf die Nase tropfte. Er schnaubte, dann ließ er meine Handgelenke endlich los. Ich rieb mir die schmerzenden Stellen und schaute bockig auf den Boden. "Zick nicht rum, du hast mich herausgefordert." murmelte er. Ich schaute ihn nur verhasst an. Alle anderen hatten uns wohl beobachtet, denn von Lydia erhielt ich einen vor Mitleid gerade so triefenden Blick, der aber auf Thomas' wütende Reaktion, die sich ebenfalls in seinem Blick widerspiegelte, wieder in Luft auflöste. "Wir fahren." Wieder stieg ich ein, Thomas ebenfalls. Warum hockte er auch die ganze Zeit neben mir? "Muss ich mit euch fahren?" "Jetzt wo ich weiß, dass du es nicht willst, ja." sagte Santana. Genervt griff ich über meine Schulter, aber bekam nur die Vorlage zu greifen, in der normalerweise der Sicherheitsgurt angebracht war. "Warum kann ich mich nicht anschnallen?" "Weil die Gurte entfernt wurden." Wow, diese Erklärung von Thomas hatte mich ja echt weitergebracht. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und legte meinen Kopf wie schon die komplette bisherige Fahrt an das Fenster.

Ein paar Stunden später wurde ich wieder müde. Es war aber auch schon spät, bestimmt schon nach 23 Uhr. Ich gähnte einmal ungewollt laut. Thomas nahm es wahr und zog mich an den Schultern zurück in die gleiche Schlafposition, in der ich auch heute morgen aufgewacht war. Ich ließ es zu und rückte mich noch in eine etwas bequemere Position, bevor ich wieder einschlief und im Reich der Träume versank.


☆☆☆☆☆☆☆☆☆


Es war noch dunkel, als ich wieder aufwachte. Das erste, was ich bemerkte, war das flaue Gefühl in meinem Magen. Danach lief mir das Wasser im Mund zusammen. Ich wusste, was das hieß. Ich rüttelte an Thomas' Schultern. Er murmelte irgendwas und drehte seinen Kopf weg. "Thomas, mir ist schlecht. Richtig schlecht." Sofort war er hellwach. "Santana, halt an." "Und wo bitte? Wir sind mitten auf dem Highway!" "Halt das verdammte Auto an." Thomas betonte jedes Wort so stark, dass es auch sofort Wirkung zeigte. Santana fuhr rechts ran und sofort riss Thomas seine Autotür auf. Er half mir raus. Ich spürte schon das unangenehme Brennen im Hals. Ich stützte mich auf den Knien ab, und dann übergab ich mich in das trockene Gras am Rande der Straße. Santana war auch ausgestiegen und band mir in Rekordzeit einen Zopf, sodass ich meine Haare nicht ankotzte. Thomas rieb mir sanft über den Rücken. Letztendlich ließ ich mich dann erschöpft auf den Boden fallen, aber Thomas zog mich direkt wieder auf die Beine. "Wir müssen weiter, geht's?" Ich wollte etwas sagen, brachte aber nur ein leichtes Nicken hervor. Ich wusste ja, dass er weiter wollte. Santana reichte mir ein Taschentuch und ich wischte mir den Mund ab. "Kannst du weiterfahren? Sonst fahren wir nur bis zur nächstbesten Raststätte und nehmen uns ein Zimmer." Santana war auf einmal ziemlich nett und fürsorglich, und wenn es nur die Sorge war, dass ich das teure Auto vollreierte. "Macht das nicht zu viele Umstände?" "Nein, wenn es sein muss, machen wir das so." Ich schaute zu Thomas, Santana ebenfalls. Er nickte. "Dann nehmen wir uns für eine Nacht ein Zimmer.".

Im Auto lag ich wieder eng an Thomas gekuschelt, während er ganz sanft über meinem Bauch strich. "Ist dir immer noch schlecht?" Ich schüttelte den Kopf. "Aber mein Bauch tut weh." Ich klang wie ein kleines Kind. Thomas war jetzt so bezaubernd, wie er sich um mich kümmerte. Warte, wie hatte ich ihn genannt? Bezaubernd? Lucia, Lucia. Was ist nur los mit deinem Mädchenhirn?


Kurze Anmerkung: Oben seht ihr Lucias und Meggies Mutter :)











Flashlight (German Thomas Sangster FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt