Kapitel 27 • Lucia

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Die erste Kugel traf Liam in den Kopf. Sofort fiel er zu Boden und sein Blut vermischte sich mit dem von Shelby. Allison richtete sich auf und trat auf der Stelle ein paar Schritte zurück, um sich von dem Schock zu erholen. Sie hatte eine Platzwunde am Kopf und das Blut rann an der Seite ihres Gesichts hinunter. Santana richtete ihre schwarze Pistole auf Derek. "Lass sie los und ich töte dich schnell und schmerzlos." "Santana, nicht. Er-" Ich brach den Satz ab, weil mir auffiel, dass Thomas nicht bei ihr war. "Wo ist er? Wo ist Thomas?" Santana starrte weiterhin Dereks Hand an, die weiterhin mein Handgelenk umklammerte. Ihre Waffe hatte sie immer noch auf ihn gerichtet. "Hör zu. Ich weiß, du vertraust mir nicht, aber ich wurde von Shelby erpresst. Bitte, ich will nur, dass sie meine Schwester freilässt." Derek ließ mich los und ich rannte direkt zu Santana. Sie schloss mich in ihre Arme und es war das erste Mal, dass sie mich umarmte. Ich umklammerte meine Handgelenke auf ihrem Rücken und presste sie so fester an mich. Auch sie hatte ihre Waffe gesenkt und umarmte mich ebenfalls. Es war seltsam, eine solche Szene voller Zuneigung und Freundschaft zu erleben, wenn man die Minuten davor bedachte. Ich merkte, wie schwach ich war. Das Hängen von der Decke hatte wohl noch so seine Folgen, aber kein Vergleich zu den Narben, die ich noch gestern Nacht an Thomas' Körper gesehen hatte.

"Los komm, wir verschwinden jetzt." Santana und ich hatten uns aus unserer innigen Umarmung gelöst. Ich nickte und wollte schon los. "Lucia, du hast mir was versprochen." Ich drehte mich zu Derek um und schaute ihn fragend an. "Verschwinde doch jetzt, Shelby ist tot." "Aber sicherlich nicht alle ihrer Freunde da draußen. Nehmt mich mit, ich flehe dich an." Santana verdrehte die Augen und packte ihn am Kragen. "Kommt jetzt, wir haben nicht viel Zeit." Allison lief direkt neben mir, während wir Santana hinterher stolperten. Sie hatte die ganze Zeit über ihre Waffe gezückt und lugte vorsichtig um jede Ecke, bevor sie weiterging. Dann, am Ende des Flures, sah ich die vollen Auswirkungen des Überraschungsangriffs.

Überall lagen tote Körper in der Trainingshalle. Trotz diesem grässlichen Anblick war ich erleichtert, als ich Thomas sah, der bei einer Leiche saß und ihre Hand umklammert hielt. Ich lief nun schneller als vorher die Treppe hinunter und direkt zu ihm. Auf dem Weg dorthin blieb mein Blick an einer Leiche hängen. Die schwarzen Haare, das weiße Top, beschmutzt mit Abdrücken von Schuhen und Blut. Sie hieß Kira, so viel wusste ich. Und sie war tot. Meinetwegen. Ich blieb stehen, aber Santana zog mich weiter. "Thomas." Er reagierte nicht. Er hielt nur weiter die Hand des Dunkelhaarigen, der ein mittlerweile dunkelrotes Shirt trug. Ich beugte mich zu Thomas runter und legte ihm die Arme um die Schultern. Sein leerer Blick starrte weiter auf Dylans toten Körper. Santana zog mich hoch. "Lass ihn. Gib ihm einfach Zeit." Ich schaute wieder zu ihm, dann schaute ich mich in der Halle um. Weiter abseits stand Lydia, die total verstört da stand und sich immer mit zuckenden Bewegungen rührte, neben ihr ein Junge, den ich noch nie gesehen hatte. Erst Allisons Rufe, dass eine weitere Truppe unterwegs wäre, löste Thomas aus seiner Schockstarre. "Santana, starte den Wagen, ich komme gleich nach. Allison, du, Scott und Lydia haut ab, aber Richtung Süden. Wir machen alles so, wie es im Notfallplan steht." Ich schaute ihn verwirrt an, während Santana und Allison sich in Bewegung setzten. Thomas schaute zu mir und ich war wie festgefroren. Er sah so unendlich traurig aus, seine Augen waren einfach nur leer. Kein Glänzen, nicht mal das von Tränen. Seine sonst so faszinierenden Augen waren komplett rot und er sah richtig ausgeheult aus. "Geh, ich komme gleich." Ich ging stattdessen auf ihn zu und griff nach seinen Händen, aber er entzog sie mir. "Steig einfach ins Auto." Ich schluckte, aber ging. Thomas warf Derek einen kalten Blick zu. "Willst du gar nicht wissen, warum ich noch lebe?" fragte er verwirrt. "Es sind genug Leute gestorben. Das letzte, was ich brauche, ist noch eine Leiche mehr. Geh, du bist ein freier Mann. Aber halte dich von mir fern. Und von ihr." Er deutete auf mich. Ich senkte den Kopf und ging. Es war alles meine Schuld. Alles. Meine. Schuld.


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Ich saß im Auto und hatte meinen Kopf an Thomas angelehnt. Es war ein größerer Wagen als der, mit dem ich nach New York gebracht wurde. Santana fuhr den Wagen. "Wo geht es jetzt hin?" "Weg. Weit weg. Wir tauchen unter und kommen wohlmöglich nie wieder zurück nach New York. Ich kann dich nicht dieser Gefahr aussetzen. Du bist aber nunmal selbst in dunklen Zeiten meine Taschenlampe, also kann ich dich nicht einfach gehen lassen." Thomas schaute mich nicht an, während er sprach, aber ich spürte seine Brust beim Reden vibrieren. "Wir fangen ein neues Leben an. Ohne das alles hier." Santana klang etwas aufmunternder als Thomas, aber auch nicht begeistert. "Es tut mir Leid Engelchen." murmelte Thomas leise. "Sehen wir die anderen jemals wieder?" "Ich weiß es nicht." antwortete er nur. Er griff nach meiner Hand, um meine Angst vor der Zukunft zu schwächen. Wie soll das alles weitergehen? Ich wusste es nicht. Ich wusste auch nicht, ob er es wusste. Ich wusste nur eins: Ich wollte seine Hand nie wieder loslassen.



Flashlight (German Thomas Sangster FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt