Kapitel 10 • Thomas

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Nach einer Viertelstunde hatten wir eine gute Gaststätte gefunden. Sie war zwar ziemlich abgelegen, was eine Gruppe von Verbrechern aber nicht unbedingt störte. Santana hielt an und wir stiegen aus. Ich half Lucia ein bisschen, weil ihr Gang immer noch taumelnd war. Auch die anderen hielten und stiegen aus. "Warum halten wir an?" "Lucia geht es nicht gut, wir nehmen uns ein Zimmer." "Hatten wir nicht gesagt keine Extrawurst für den Frischling?" Ich drehte mich zu Liam um. "Es ist meine Entscheidung, und was ist die einzige Regel?" "Stelle nie meine Entscheidungen in Frage..." murmelte Liam missmutig und schlug seine Autotür zu. "Okay Lydia, buch du uns die Zimmer. Wir brauchen..." Ich zählte schnell durch. "Vier Doppelzimmer." Lydia nickte, Santana und ich tarnten uns schnell und dann betraten wir ebenfalls das kleine Motel. "Hallo. Wir bräuchten vier Doppelzimmer für eine Nacht bitte." Die dicke Frau an der Rezeption nickte, tippte irgendwas in ihre Kasse ein und Lydia bezahlte. "Hier sind die Schlüssel." Die Frau legte sie auf den Tisch. Ich nahm den mit der 104. "Lucia, kommst du?" Benommen nickte sie.

In dem Flur roch es modrig und irgendwie nicht gesund. Ich schloss schnell unser Zimmer auf und wir gingen rein. Das Bett in der Mitte des Raumes nahm auch den Großteil des Zimmers ein. Gegenüber vom Bett stand ein länglicher Tisch und zwei Stühle. Wir hatten zwei Nachttische und sogar einen Wandschrank links neben der Tür. Rechts neben der Tür war eine zweite, die vermutlich zum Badezimmer führte. Lucia stand vor dem Bett und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. "Ein bisschen eng, findest du nicht?" "Was hast du erwartet? Ist halt 'n Motel am Rand vom Highway, da gibt es keine Minibar und einen Flachbildfernseher." Ich räusperte mich und ging dann zu ihr. "Ist dir noch schlecht? Wir können vielleicht einen Eimer von der Rezeption holen." "Ich glaube, das geht schon. Trotzdem danke." Warum nuschelte sie so und redete so leise? "Okay, nur weil ich dich verschleppt habe, heißt das noch lange nicht, dass du dich jedes Mal einscheißen musst, wenn ich mit dir rede. Rede normal, in normalem Tempo, in normaler Lautstärke." Sie nickte stumm. Sie setzte sich schließlich auf das Bett und strich mit ihren Fingern über die Bettdecke. "Ich geh mal ins Bad." murmelte ich und trottete los.

Unter der Dusche hingen meine Gedanken bei Lucia. Wieso regte es mich so auf, wenn sie mich so fürchtete? Normalerweise liebte ich es, wenn alle dann so zittern und um Gnade winselten. Aber bei ihr machte mich das total wütend. Und sie redete auch nur mit mir so, obwohl Santana genauso war wie ich. Gut, ich war der Anführer, aber das hieß noch gar nichts. Santana hielt mir immer den Rücken frei, daher hatte sie bestimmt mehr auf dem Gewissen als ich. Vielleicht sollte ich Lucia das mal erklären, andererseits könnte sie dann nur noch mehr Schiss haben, weil ihr vor Augen geführt wurde, dass wir ziemlich schnell jemanden töteten. Bei ihr wusste ich auch nicht, woran ich war. Im Auto ließ sie sich von mir in den Arm nehmen und schlief so eng bei mir, aber sonst nahm sie den größtmöglichen Abstand von mir, es sei denn, sie hatte Schiss. Dann kam sie wieder zu mir. Sie war wirklich süß, aber trotzdem hätte ich ihr öfter als einmal gerne den Hals umgedreht.

Als ich aus der Dusche kam und mich gerade soweit wieder angezogen hatte, dass ich so schlafen konnte, klopfte es leise. "Ich habe Hunger, haben wir noch was?" Ich seufzte. "Allison hat bestimmt noch was, klopf mal bei denen." "Welches Zimmer denn?" "Ähm, ich glaube 101." Ich hörte, wie die Tür ins Schloss fiel. Ich machte mich in aller Ruhe fertig, also klatschte mir Wasser ins Gesicht, trocknete mir die Haare mit einem Handtuch grob ab und zog mir dann wieder meine Boxershorts an.

Lucia hatte wohl die rechte Seite des Bettes für sich beansprucht, also ließ ich mich auf die linke fallen. Ich nahm mein Handy und schaute mir die Nachrichten aus unserem Versteck an. Isaac und Grayson hatten mir geschrieben. Sie wollten ein Foto von Lucia. Ich ignorierte ihre Nachrichten und legte mein Handy auf den Nachttisch neben die Lampe. Ich verkreuzte die Arme unter meinem Kopf und schloss die Augen ein wenig.

Lucia kam nach etwa fünf Minuten wieder. Sie klopfte vorher, dann schlüpfte sie durch die Tür. "Ich habe ein paar Kekse mitgebracht." Sie blieb ruckartig stehen und starrte mich an. Ihr Blick klebte an meinem nackten Oberkörper. Sie wurde hochrot und schaute auf den Boden. "Dann kann ich jetzt ins Bad, oder?" Ich nickte. "Du musst nicht rot werden Engelchen." Meine Stimme klang spöttisch, auch wenn das ungewollt war. Sie sagte nichts, sondern kaute nur auf ihrer Unterlippe herum. "I-Ich geh dann mal." Sie drehte sich um und ging ins Bad.





Flashlight (German Thomas Sangster FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt