Kapitel 21 • Lucia

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Das erste, was ich am nächsten Morgen wahrnahm, waren die kuscheligen Klamotten, in die ich eingewickelt war. Ein dicker Schlafanzug, mehrere Paare Socken grob übereinander gezogen, zwei normale und dann auch noch die Bettdecke. Ich war etwas verwirrt, bis mir die Szene von gestern Nacht einfiel. Ich richtete mich stöhnend auf und sah Thomas, der an dem Glastisch gegenüber vom Bett saß und in seine Arbeit vertieft war. Jetzt schaute er aber auf und setzte sich auf das Bett. "Na, wie fühlst du dich?" "Es geht. Ich bin einfach erschöpft. Hast du mich so eingewickelt?" Er grinste verlegen. "Ja, du warst so furchtbar kalt. Ich habe mir einfach Sorgen gemacht, okay?" "Ist ja gut, du musst dich doch nicht rechtfertigen. Ich finde das süß." sagte ich stattdessen und schob meine Hand unter den Decken hervor, um nach seiner zu greifen. Sie war irgendwie leicht schwitzig, er wirkte sowieso ziemlich nervös. "Ist irgendwas?" Er seufzte, fuhr sich mit der freien Hand durch die Haare und lehnte sich an die Kopfseite des Bettes an. Ich rutschte näher zu ihm. "Du kannst dir sicherlich denken, dass in den Medien im Moment ziemlich viel über dich berichtet wird." "Wie meinst du das?" Er  seufzte schon wieder und nahm die Fernbedienung vom Nachttisch. Er schaltete den Fernseher ein und zappte so lange durch die Programme, bis er bei einem Nachrichtensender stehen blieb.

"Und jetzt der Skandal, der aktuell durch die Decke geht. Die siebzehnjährige Lucia Zaslavski ist seit fünf Tagen unauffindbar. Das Schicksal ihrer Familie erschüttert momentan Millionen Menschen. Zuletzt wurde sie an der Seite ihrer Freundin Kenna Soleil gesehen, die bei einer Zeugenaussage angegeben hat, dass es die Sangster's Gangsters waren, die Lucia entführt haben. Die Frage ist, wie viel Wahrheit steckt hinter der Aussage der ebenfalls siebzehnjährigen, die vorübergehend im Eichenhaus untergebracht wurde? Und lebt Lucia überhaupt noch, wenn sie in den Fängen von Thomas Sangster und Santana Lopez sitzt? Wir wissen es nicht, aber informieren sie sofort, sobald wir neue Informationen erhalten. Und jetzt geht es weiter mit Oscar und dem Wetter in New York.".

Ich schaute entsetzt zu Thomas. "Gratuliere, du bist ein Star." "Wie kannst du das mit Humor nehmen?" "Was bleibt mir anderes übrig? Alle Nachrichtensprecher in Amerika töten?" Direkt bereute er, dass er das gesagt hatte. "Hey, war nicht so gemeint Mäuschen." murmelte er und legte seinen Arm um meine Schultern. "Und was machen wir jetzt?" "Das weiß ich selbst noch nicht..." gab er nachdenklich zu.

"Lucia? Raus aus den Federn, Zeit für dein Schusstraining." Natürlich, Santana. Thomas sprang auf und öffnete die Tür. Ohne zu fragen drang sie sich an ihm vorbei und stellte sich vor mich. "Komm schon, wir wollen ein bisschen Schwung in dein Fitnessleben bringen." Ich verdrehte die Augen und sah hilfesuchend zu Thomas, der mit verschränkten Armen da stand. Er verstand wohl. "Santana, sie muss sich noch ein bisschen ausruhen. Später, okay?" "Später? Thomas, es ist schon halb zwei." Er schob sie aus dem Zimmer, obwohl sie sich fluchend wehrte.

"Du Thomas, kannst du mir mal kurz zuhören?" Er schaute wieder von seinem Schreibtisch auf, rollte den Stuhl ein Stück zurück und klopfte auf seinen Oberschenkel. Ich ließ mich darauf nieder und legte meine Arme um seine Schultern. "Ich will nie wieder so etwas wie gestern Nacht erleben. Dich da so zu sehen, wie du den Jungen geschlagen hast... das hat mich fertiggemacht." "Lou, das ist nunmal meine Tätigkeit." "Das meine ich ja nicht. Es hat mich fertiggemacht, dass du mich nur in die guten Dinge hier eingeweiht hast. Du hast mir gezeigt, dass das Gangleben auch schöne Seiten hat. Schön und Gut, aber ich will auch die düsteren Seiten kennenlernen. Ich will, wenn schon, als komplettes Mitglied akzeptiert werden, verstehst du?" Er nickte verständnisvoll. Seine Hand strich sanft über meinen Oberschenkel, von oben nach unten, immer wieder. Ich nahm seine Hand und stoppte ihn somit, weil sich meine Gänsehaut ganz klar bemerkbar machte. "Ist was?" Ich schüttelte den Kopf und umklammerte seine Hand etwas fester. "Ich will einfach nur deine Hand halten." Ich musste über meinen eigenen Satz schmunzeln. Dass er mir so den Kopf verdreht hatte, dass er mir so an mein kleines Teenagerherz gewachsen war.

Auch dieser Moment wurde unterbrochen. Jedoch von mir. Ich bemerkte sofort, dass mir wieder schlecht war. "Entschuldige,-" murmelte ich, brach den Satz aber ab, während ich ins Bad stolperte. Ich stemmte mich über der Kloschüssel ab und starrte sie angestrengt an. Das Übergeben an und für sich ist gar nicht so ekelhaft und schmerzhaft, die Minuten davor sind unerträglich. Alles taumelt, dreht sich und man merkt, jeden Moment ist es soweit, doch man kann nichts tun, um den Vorgang zu beschleunigen. Natürlich war Thomas mir gefolgt und schaute mich nun besorgt von oben an. "Ist dir schon wieder schlecht?" Ich nickte nur. Fieberhaft überlegte ich, wann ich das letzte Mal krank war und ob ich grippeartige Symptome hatte. Aber mein Denken wurde von einem lauten Würgen unterbrochen. Meine Haare waren ja zum Glück noch weggesteckt, aber trotzdem blieb Thomas tapfer neben mir stehen und rieb mir den Rücken.

Irgendwann ließ ich mich dann erschöpft neben die Toilette fallen. Er spülte, dann half er mir auf die Beine. "Komm, putz dir erstmal die Zähne." Er wischte mir die Mundwinkel sauber, dann putzte ich mir die Zähne, obwohl er mich dabei nicht loslassen wollte. Danach schob er mich zurück ins Bett, deckte mich bis zum Kinn zu und blieb solange bei mir, bis ich eingeschlafen war.






Flashlight (German Thomas Sangster FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt