Marco's Sicht
MontagEs klingelte pünktlich um 8:00 Uhr. Die Klasse strömte ins Zimmer und setzte sich mit schneckentempo und lautem Geschreie hin. Kurz nachdem wir den Raum betreten hatten, kam plötzlich Herr Bubendorf in unsere Richtung stolziert. Er sagte, er müsste kurz mit Auba unter vier Augen sprechen. Auba schluckte und folgte Herr Bubendorf nach Draussen, konnte es sich aber nicht nehmen, besorgt zu uns rüberzuschauen. Wahrscheinlich gab es diesmal genug Beweise für irgendeinen Streich den Auba begangen hatte. Zum Beispiel den von letzter Woche: Auba bewarf in der besagten Nacht, Herr Bubendorfs Auto mit abgelaufenen Eiern. Oder vielleicht war es doch die Sache mit dem tollwütigen Eichhörnchen, das er beim Nimm-dein-haustier-mit-zur-uni-Tag mitgebracht hatte. Ich würde den genauen Grund dann später erfahren. Also machte ich mir keine weiteren Gedanken darüber und steuerte auf meinen Platz in der drittletzten Reihe zu. Ein paar Minuten später, kamen Auba und Herr Bubendorf wieder herein.
"Ruhe Klasse! Ruhe!", ermahnte er uns mal wieder. Er konnte sagen sagen, was er wollte, wirklich...aber ich war mir zu 100% sicher, dass er uns am Liebsten alle von der Schule schmeissen würde. So, wie er die meiste Zeit dreinschaute, könnte man meinen, er hasse Kinder. Da fragte man sich ja gleich, warum der Typ Lehrer geworden war. Warum nicht was in Richtung Totengräber, oder Bestatter?
"Hört mir verdammt nochmal zu, ihr Rotzgören!", fing er an zu schimpfen.
"Man darf keine Studenten beleidigen, Herr Bubendorf."
"Nochmal so eine freche Antwort, Mats, und du darfst nach der Schule meinen 120'000-Euro-Wagen waschen!"
Die ganze Klasse lachte sich schlapp und schrie: "Ohhhhh!!!", als ob es der Diss des Jahrhunderts wäre.
"Genug der Drohungen und Störungen. Ich habe grosse Neuigkeiten, die ich euch mitteilen muss!", sprach er weiter und die Klasse wurde ungewöhnlich still.
"Wir kriegen heute einen neuen Mitschüler.", sagte Herr Bubendorf und das Getuschle in unseren Rängen fing an lauter zu werden, "Ruhe, bitte! Ruhe!"
Dann wurde es wieder totenstill.
"Er ist mit seiner Familie von Memmingen nach Dortmund gezogen, weil sein Vater hierher versetzt worden ist. Sein Vater heisst Jürgen Götze und hat der Universität netter Weise Geld, in Höhe von 1,2 Millionen Euro, gespendet!"
Das Getuschel ging wieder los. Wenn sein Vater der Uni wirklich so viel Kohle zugesteckt hatte, dann musste sein Sohn wohl ein genauso reicher, beschissener Mistkerl sein, wie Julian. Vielleicht auch noch schlimmer...!
Omg! Zwei Julians ertrag ich nicht, selbst einer ist mir zu viel.
Herr Bubendorf ermahnte uns wieder still zu sein und wir befolgten zum mehrfachen Male seinen Befehl.
"Er sollte jeden Moment hier eintreffen und der Klasse vorgestellt werden. Ich bitte um vollste Zurückhaltung, weil ich nun mal weiss, wie ihr alle tickt.", beendete er seine Ansprache.
Wow. So nett, war er noch nie zu uns gewesen. Moritz der neben mir sass, zwickte mich in die Seite und zeigte mir leise etwas auf seinem iPhone: "Hier steht, dass Jürgen Götze zu den Top 50, der reichsten Männer des Landes gehört. Momentan steht er auf Platz 26."
Wir schauten uns auf einer gereizten Art an. Also noch schlimmer, als Julian.
"Moritz! Erwisch ich dich noch einmal mit dem Handy, wirst du das Teil erst nach den Herbstferien wiedersehen!", sagte Herr Bubendorf streng.
"T'schuldige, mister B. Es wird nicht wieder vorkommen.", sagte er und steckte sein Handy wieder in seine Tasche.
"Immer das Gleiche mit euch...", murmelte er.
Moritz war der einzige Mensch, der es sich leisten konnte, unseren Lehrern Spitznamen zu geben. Aus irgendeinem Grund wurden sie deswegen nie wirklich sauer. Dann einen Augenblick später, öffnete sich die Klassenzimmertür und unser Rektor, Sebastian Vollenweider, trat herein, dicht gefolgt vom Neuen. Hmm. Also für einen geldgeilen Schnösel, müsste er hier schon noch ein wenig geldgeiler und schnöseliger angezogen sein. Meine Jungs und ich schauten uns fragend an. Irgendwie hatte keiner eine naheliegende Ahnung, wie wir ihn einschätzen sollten. Also beschlossen wir, mit ein paar kommunizierenden Augenzwinkern später, abzuwarten und zu sehen, wie sich die Situation noch entwickeln würde. "Hallo, liebe Schüler und Schülerinnen! Wie ihr zwar erst kürzlich mitbekommen habt, aber wohl gemerkt, mitbekommen habt, steht genau neben mir euer neuer Mitschüler!", fing er an. Die ganze Klasse schwieg, es gab kein Getuschle und auch kein Herumgebrülle. Alle Augenpaare waren auf den Jungen mit dem schwarzem Hut und der Lederjacke gerichtet. Und unsere Klasse zählte insgesamt knapp über 30 Personen. Also nicht gerade wenig.
"Er heisst Mario Götze, wird hier bei uns Wirtschaft studieren und kommt ursprünglich aus...
Ähm...das habe ich jetzt peinlicherweise vergessen...", sagte er und richtete seine Aufmerksamkeit dem Neuen zu.
"Aus Memmingen. Ich komme ursprünglich aus Memmingen.", sagte er ein wenig leise, aber so, dass es jeder mitbekam.
"Aha, ok. Und wo liegt das denn ungefähr?", fragte Sebastian neugierig.
"Liegt nicht weit von München entfernt.", sagte er und hörten plötzlich alle Marcel lauthals brüllen: "Borussia Dortmund!", und so schnell er aufgestanden war, setzte er sich wieder hin. Die ganze Klasse fing an zu lachen. Marcel war wirklich einer für die, sagen wir, perfekten Dreinschiss-Momente da. Herr Bubendorf schickte ihn natürlich raus und der Rektor war damit nicht weniger einverstanden. Mario selbst zeigte keine Reaktion. Er stand einfach da und schaute in die Runde. Sebastian machte dann einfach weiter, als ob nichts geschehen war: "Er ist vor kurzem hier hergezogen und ja...ich glaube du kannst jetzt weiter machen Mario, wenn es dir Recht ist.", sagte der Rektor freundlich, wie immer, und gab das Wort dann an Mario weiter. Sein Blick schweifte nochmal kurz durch den gesamten Vorlesungssaal. Dann zuckte er mit den Schultern und sagte nichts.
"Ok, wohl nicht sehr gesprächig, was?", versuchte Sebastian die Stimmung zu lockern. Vergebens. Poker Face.
"Ok, wenn ihr noch fragen an Mario habt, dann könnt ihr sie gerne stellen. Falls nicht, wird Herr Bubendorf, wie gehabt, mit seinem Unterricht fortfahren. Nein?
Ok, dann wäre ja alles geklärt.", sagte er und verliess einen Moment später lächelnd das Klassenzimmer.
"Mario, du kannst dich neben Auba setzen. Dort in der zweitletzten Reihe gibt es noch einen freien Platz.", sagte Herr Bubendorf.
Mario folgte seinem Ratschlag und bewegte sich in Richtung letzte Reihen.
Der Unterricht setzte wieder seinen gewohnten Gang ein und alle anderen vergassen für 'ne Stunde, die plötzliche Stille aufgrund des Neuen, die sich vor ein paar Minuten bis noch früher, ereignet hatte und starrten wie gebannt auf die schwarze, zweiseitige Wandtafel.
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Götzeus - Es passierte in jener Nacht (Pausiert)
FanficNachdem Mario's Eltern, Jürgen und Astrid, zusammen beschlossen haben umzuziehen, bricht für Mario seine Welt zusammen. In Dortmund soll der 18-jährige sein Studium vortsetzen und später seinen Abschluss machen. Marco, mit 21 einer der beliebtesten...