Mario's Sicht
Was hatte ich mir denn bloss dabei gedacht! War ich noch von Sinnen?! Ich hatte gerade meinen festen Freund betrogen! Ich hielt mir mit beiden Händen den Kopf fest. Diese Kopfschmerzen kamen mir genau gelegen. Das Schicksal meinte es wirklich nicht gut mit mir...
Ich hatte ihm klip und klar gesagt, ich würde ihn nicht lieben. Ich hatte ihm doch gesagt, der einzige Mensch, den ich jemals lieben werden würde, wäre bei sich Zuhause! Warum blieb er nach meinem Standpunkt also immer noch bei mir? Warum sagte er nichts und blieb wie ein Stein auf dem Stuhl sitzen? Ich verstand gar nichts mehr! Ich, an seiner Stelle, hätte die Flucht schon bei "Fass mich nicht an" ergriffen...doch er blieb einfach sitzen...
Nach dem die Krankenschwester reingekommen war, um den nächsten Besucher anzukündigen, bückte sich Marco über mich, küsste mich auf die Stirn und fuhr mit seiner Hand dann über die geküsste Stelle. Dann verliess er das Zimmer ohne ein sterbens Wort. Ich sagte nichts. Die Situation war schon mehr als komisch genug und ausserdem verstand ich nicht, warum er das tat. In meinen Träumen war er derjenige für den ich mich entschieden hatte, aber in der Realität...in der richtigen Welt würde ich mich niemals entscheiden können. Ich hatte schon einen Freund, den ich liebte. Ich wollte nur Jonas. Nur ihn...
Marco und ich waren keine besten Freunde, und schon gar keine festen Freunde! Bloss gute. Warum entschuldigte er sich nach dem Kuss und sagte, dass er sich nicht im Griff hätte? Warum küsste er mich überhaupt?! Wie sollte ich ihm jemals wieder in die Augen sehen können? Wir gingen doch in die gleichen Kurse und da war doch noch dieses bescheuerte Projekt...! Scheisse...da war doch mehr zwischen uns, als gedacht. Es war so eindeutig...Er liebte mich und ich...
"Hey, du.", sagte Jonas und schloss hinter sich die Tür. Ich hatte null Bock auf Gesellschaft. Nicht einmal Jonas konnte mich in diesem Moment aufheitern. Wenn er wüsste, was vor nicht einmal 15 Minuten geschehen war...
"Hey."
"Wie geht's dir? Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, dass ich nach Hause gegangen bin. Ich denke, dass Marco gut auf dich aufgepasst hat."
"Ja, hat er..."
Jonas setzte sich auf den Stuhl und küsste mich. Ein Kribbeln durchfuhr meinen Körper.
"Ich hab' dich vermisst.", sagte Jonas leise, "Ich habe gedacht, wir machen uns einen schönen Campingausflug und verschwinden auf's Land, aber nein...da ist ja was dazwischen gekommen."
"Du meinst meine Tollpatschigkeit?"
"Genau.", sagte er und küsste mich wieder.
"Es ist lange her...wird schnell wieder gesund, ok?"
Ich nickte. Da kam auch schon die Krankenschwester rein: "Herr Götze? Der Arzt war gerade bei mir. Ich soll Ihnen ausrichten, dass Sie heute entlassen werden. Wir konnten keine Hirnblutungen feststellen."Marco's Sicht
Ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so scheisse, wie in diesem Moment gefühlt. Ich sass gerade alleine Zuhause, da Mats Moritz Nachhilfestunden in der Bibliothek gab, und fragte mich, was in meinem Leben denn so falsch gelaufen war, um solche Beziehungsprobleme zu haben. In nicht einmal drei Monaten hatte ich herausgefunden, dass meine Vorliebe für Frauen bloss Fasade war, um meine eigentlichen Neigungen in Schach zu halten, ich hatte mich in einen Typen verliebt, der meine Liebe nicht wertschätzte und das Beste von allem war, dass mein Leben eine einzige Lüge war. Der Schutzwall, meine Mauer, die ich um mich gezäunt hatte, fing an zu bröckeln und zu zerfallen. Keine Frauen mehr, bei denen mein Orgasmus ausblieb, keine Partys mehr, bei denen ich mich betrank und wahllos irgendwelche Studentinnen abschleppte, keine Nächte mehr, die ich mir um die Ohren schlug und keine Vernachlässigung meines Studiums mehr, bei dem ich sagte, ich hätte Besseres zu tun als zu lernen. All das gäbe es mit ihm an meiner Seite nicht. Ich wäre glücklicher, mein Leben verliefe besser als jetzt und meine Sicht der Dinge würde sich ändern. So einen wie Mario liess man nicht gehen, so einen hielt man fest.
Und was sollte ich jetzt tun? Am besten, meiner Meinung nach, gar nichts. Wir hatten immer noch diesen nervenaufreibenden Vortrag zu meistern. Spätestens bis dann werde ich mich bei ihm entschuldigt haben...und was dann?
Ach, das brachte doch alles eh nichts! Wie sollte es nach der Entschuldigung überhaupt noch weitergehen?! Ich hatte es versaut! Einfach nur verkackt! Er wird mich doch nie wieder im Leben an sich heran lassen. Das Ganze war doch ein einziges Dilemma! Der Zug war schon längstens abgefahren."Hey, man.", kam Moritz ins Zimmer und liess sich in sein Bett fallen.
"Hey. Hat er dir etwas beibringen können?"
"Ja. Eigentlich sehr viel...Er ist...ein sehr guter Lehrer...", sagte Moritz und starrte zur Decke.
Ich machte die Terassentür auf und setzte mich auf die Bank.
"Wie war dein Tag?", fragte Moritz und lehnte sich an die Terassentür, "du siehst ziemlich scheisse aus."
"Sowas Nettes haste ja noch nie zu mir gesagt, wenn dann muss ich dich doch fragen, was mit dir denn los ist. Warum denn so glücklich?", lenkte ich gekonnt vom Thema ab.
"Ich check Mathe endlich, man. Ich habe vorgehabt es aufzugeben, aber...Nachhilfestunden bringen's echt."
"Welches Thema habt ihr behandelt?"
"Hm?"
"Ach, nichts...", sagte ich.
"...Was ist nun mit dir? Welches Mädchen wollte dich nicht an sich heran lassen, hm?"
Ich rieb mir die Augen. Ich wollte nicht mit Moritz über meine Beziehungsprobleme sprechen. Eigentlich wollte ich mit niemandem darüber reden, aber Moritz hatte das erste Mal ein Ohr für mich offen und das musste ich einfach ausnutzen.
"Na ja, es gibt da so 'n Mädchen, auf die ich abfahre. Ich hab's bei ihr echt verkackt und jetzt will sie nicht mehr mit mir reden. Ehrlich gesagt, habe ich es mehrmals verkackt..."
"Wie ist das denn möglich? Du verkackst doch nie!", sagte Moritz und traute seinen Ohren nicht.
"Doch. Sie hasst mich."
"Wie heisst sie denn?", fragte er neugierig.
"Sie heisst Maria."
Ich war so 'n Lügner...
"Aha, Maria chica loca!"
"Moritz!"
"Tut mir leid, aber ich kauf dir die ganze Story einfach nicht ab. Du hast wie es aussieht in letzter Zeit zu wenig Fussball gespielt. Man, das Team braucht doch seinen Captain! Ich empfehle dir dringendstens zum Training zu erscheinen. Die anderen vermissen dich. Es kursieren schon Gerüchte über einen möglichen Abgang! Ab Samstag bist'e wieder dabei, kapiert?", sagte der Dunkelblonde und verschwand zurück ins Zimmer.
Moritz Ratschläge halfen mir gar nicht. Doch er hatte Recht. Ich brauchte wieder einen geregelten Alltag und deshalb würde ich auch am Samstag wieder ins Training miteinsteigen. Ich ging zurück ins Zimmer.
"Moritz, ich gehe joggen. Warte nicht auf mich, wenn du pennen gehen willst.", sagte ich.
"Alter, es ist schon halb zehn. Es wird bald dunkel."
"Hält mich auch nicht davon ab zu tun, was ich will, Moritz.", sagte ich gleichgültig. Ich zog mir meine Laufschuhe, meine Jogginghose und ein sauberes T-Shirt an und ging hinaus.
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Götzeus - Es passierte in jener Nacht (Pausiert)
FanfictionNachdem Mario's Eltern, Jürgen und Astrid, zusammen beschlossen haben umzuziehen, bricht für Mario seine Welt zusammen. In Dortmund soll der 18-jährige sein Studium vortsetzen und später seinen Abschluss machen. Marco, mit 21 einer der beliebtesten...