Kapitel 5

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Marco's Sicht
Dienstag

Auba erzählte uns endlich, was er mit Herr Bubendorf besprechen musste. Er war gestern so genervt und in sich gekehrt, dass keiner von uns die Chance hatte mit ihm zu reden.
"Und du kannst nichts dagegen tun?", fragte Kevin. Wir hatten gerade Mittag und assen in der Caféteria Spaghetti mit Bolognese.
Auba stocherte in seinem Salat herum. Ihm ist anscheinend total der Appetit vergangen. Nach dem er für zwei ganze Semester, als Einziger sich das Zweierzimmer nicht teilen musste, änderte sich das dank dieser reichen Missgeburt, jetzt. Ich hasste reiche Leute, ich hasste sie! Gaben ihr Geld für teure Privatjets und Yachten aus, dabei hungerten doch Millionen von Menschen in den sogenannten Dritte-Welt-Länder.
"Ich hab kein Bock mein Zimmer mit diesem Idioten zu teilen. Wieso ich, man?!", beschwerte sich Auba und massierte sich die Schläfen.
"Ach, komm. Sie das nicht so engstirnig. Wer weiss, vielleicht ist er ja kein Idiot.", tröstete ihn Mats und kriegte so gleich einen Schlag auf dem Arm.
"Aua! Alter, ist doch nicht meine Schuld, dass er bei dir pennt!", sagte Mats angepisst. Also ich hätte die Kriese gekriegt, wenn ich mein Einzelzimmer mit so einem teilen müsste. Aber zum Glück teilte ich mir das Zimmer mit Moritz.
"War es gestern wirklich so schlimm?", fragte ich.
"Ich weiss auch nicht, man. Ich krieg das Gefühl nicht los, dass er Dreck am Stecken hat. Als er duschen gewesen ist, lag sein Handy auf meinem Schreibtisch. Er hat eine Nachricht von so einem Jonas bekommen.", sagte er. Wir schauten ihn verwirrt an.
"Und was soll daran denn bitte komisch sein? Drauf geschissen, du musst ihn nicht heiraten.", sagte ich.
"Das Schlimmste habt ihr ja noch gar nicht gehört, Leute.", fuhr er fort, "Ich soll diesem Hosenscheisser auch noch den ganzen Campus zeigen und ihn auf diese langweiligen, universitärischen Events mitschleifen! Falls ich das nicht tun sollte, würde mir Ärger blühen und ihr wisst doch, dass es schon viele Sachen gab, für die sie mich nicht drangekriegt haben, obwohl sie es gewusst haben. Ich dachte mich trifft der Schlag, das waren die hässlichsten 20 Minuten meines Lebens!"
"Scheiss jetzt nicht drein, Auba. Mach nicht eins auf Memme. Zeig ihm den Kampus und welche Parties immer und in welchem Haus anstehen und das war's. Machs doch nicht dramatischer, als es eigentlich ist.", sagte Marcel und erntete von Auba einen herausgestreckten Mittelfinger. 
Wir lachten darüber und Auba konnte sich den Lacher auch nicht verkneifen.

Mario's Sicht

"Und, wie ist es so an deiner neuen Uni?", fragte Jonas am anderen Ende der Leitung. Ich halte seine Beats-Kopfhörer in meinen Händen und fahre mit meinem Daumen, nervös über das "J".
"Es geht...", sagte ich.
"Der erste Tag ist immer der Schwerste, Mario.", ich lächelte, "...Ich wünschte, ich könnte bei dir sein...Dein Lächeln fehlt mir.", seufzte er.
"Ich wünschte, ich wär nie umgezogen.", sagte ich leise. Er bejahte und konnte sich ein kurzes Lachen nicht verkneifen.
"Ach übrigens, ich habe mit meinem Rektor gesprochen. Er sagte mir, dass ich mir für eine Woche freinehmen könnte. Dann wäre ich endlich wieder bei dir.", Jonas ging genau auf die Universität, auf die ich hätte gehen sollen. Aber, naja..., shit happens...
"Das wäre wundervoll, wirklich."
"Aber erst nächsten Monat...Das ist der einzige Haken.", sagte er. Ich war fassungslos. Erst in einem Monat werd ich ihn wiedersehen?! Scheisse, ich will ihn jetzt sehen!
Ich hörte ein kurzes trauriges Lachen am anderen Ende, während ich immer noch mit meinem Daumen über das "J" streichte.
"Ok.", sagte ich.
Nach ein paar Minuten legten wir auf. Meine Handy-Batterie zeigte 2% an und ich wollte bloss noch eine Rauchen. Ich steckte mir die Kopfhörer in den Nacken und ging raus aus dem Zimmer. Wir hatten auf dem Kampus einen kleinen Garten mit einem Teich und vielen Bänken. Durch die vielen Bäume, konnte man kaum den Himmel sehen. Es war schön draussen. Die Sonne schien und es waren bloss ein paar Wolken zu sehen. Ich nahm meine Kopfhörer von meinem Nacken und holte mein Handy hervor. In iTube suchte ich den Song "All eyes on you" von Meek Mill mit Chris Brown und Nicki Minaj und drückte auf Play. Ich suchte mir eine Bank, wo es keine Sonne hatte und setzte mich hin. Dann kramte ich meine Zigaretten hervor und holte mein Feuerzeug heraus. Jonas hatte ständig gesagt, ich sollte es doch aufgeben. Es schade mir, hatte er als Grund angegeben. Ich hatte es wirklich versucht, aber es ging damals nicht, also würde sich das heute auch nicht ändern.

Marco's Sicht

Nach dem ich mich von allen verabschiedet hatte, ging ich noch schnell zum Kiosk, um Moritz Kippen zu holen. Seine Lieblingsmarke war Marlboro Gold. Ich musste das jeden Dienstag machen, weil der Kampus-Kiosk nur bis 16:00 Uhr geöffnet und der arme Moritz noch bis 17:00 Uhr Vorlesung hatte. Es beruhige ihn, sagte er mir immer. Wer's glaubt wird sehlig...
Ich kaufte ihm die Kippen und lief Richtung Ostflügel. Um schneller da zu sein, nahm ich immer die Abkürzung durch den Park, um dann weiter geradeaus zu laufen, bis zum Wohnblock. Was soll ich sagen, ich wollte so schnell wie möglich ins Bett. Doch da sah ich von weitem Mario sitzend auf einer Bank. Ich wurde langsamer, blieb schliesslich vor einem grossen Baum stehen und versteckte mich hinter ihm. Ich beobachtete ihn. Er hatte seine Kopfhörer auf und rauchte eine Zigarette. War Rauchen jetzt plötzlich cool geworden, oder was?
Er sah so normal aus. Nichts an ihm sah teuer aus. Er war im Grunde das komplette Gegenteil von Julian. Julian prahlte mit seinen Autos herum, schmiss sein Geld zum Fenster raus für belangloses Zeug und war schlicht und einfach scheisse zu jedem. Er kaufte sich seine Freunde...Sonst hätte er wahrscheinlich keine. Ich weiss nicht, vielleicht sollte ich mich doch noch einmal richtig vorstellen und schauen, wie er reagieren würde. Aber, wie sollte ich das anstellen, ohne, dass es aussehen würde, als ob ich es nötig hätte?...Ach, drauf geschissen! Ich improvisier einfach.
Genau in dem Moment, schmiess Mario seine Zigarette auf dem Boden, drückte sie noch mit seinem rechten Fuss aus und stand auf, um zu gehen. Ich rannte auf ihn zu und rempelte ihn bewusst an. Er fiel mit einem kurzen Stöhnen auf den Boden, seine Kopfhörer rutschten ihm vom Kopf, sodass ich sie noch rechtzeitig auffangen konnte. Auf dem Boden liegend und sich mit den Armen abstützend, sah er zu mir herauf. Das war mein Zeichen mich zu entschuldigen und ein Gespräch anzufangen!
"Es tut mir leid, ich habe dich nicht gesehen.", sagte ich und Mario stand auf. Ich gab ihm seine Kopfhörer zurück.
"Schon ok. Ist ja nichts passiert. Danke für's auffangen.", sagte er und zeigte auf seine Kopfhörer, die er sich wieder in den Nacken schob.
"Ist das mindeste, was ich tun kann...Du...bist doch der Neue aus meiner Klasse, oder?", fragte ich vorsichtig.
Er lächelte kurz und nickte. "Scheint so."
"Cool."
Er lachte und ich konnte nicht anders, als miteinzustimmen.
"Sag mal, hast'e Bock irgendwann mal Fussball zu spielen?"
Er biss sich auf die Unterlippe.
"Ja klar, warum nicht?.", sagte er lächelnd und kehrte mir, nach dem wir uns verabschiedet hatten, den Rücken zu.

Götzeus - Es passierte in jener Nacht (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt