Mario's Sicht
DonnerstagSeit Montag, fühlte ich mich schon viel besser. Timo und ich landeten, nach dem er unsere kleine Wette verloren hatte, im teuersten Café der Innenstadt und tranken tatsächlich eine Cola und ein Eistee. Ich genoss diese Ruhe und Gepflogenheit, die mich umgab und mochte unsere Konversationen, die aus vorigen Gesprächen entstanden waren. Timo interessierte sich sehr für meine Person. Und, obwohl ich sein Interesse an mir mit skeptischen Augen betrachtete, so musste ich auch zugeben, dass es mir gefiel mit jemandem zu reden, der mir auch wirklich zuhörte. Timo war ein lustiger und aufrichtiger Mensch, soweit ich das beurteilen konnte. Ich hatte versucht sein Laster zu finden, aber ich musste überrascht feststellen, dass er keins hatte. In seiner Gegenwart vergass ich sogar Jonas anzurufen, doch ich hatte auch keine Lust wieder den kürzeren zu ziehen, in dem er mir wieder sagen würde, dass er erst in ein paar Wochen kommen könne. Die Ablenkung war also geglückt. Ich kam erst spätabends wieder nach Hause, denn wie es aussah, hatten wir es zeitlich doch noch ein wenig übertrieben.
Ich sass wieder im Vorlesungssaal 101. Herr Bubendorf war wieder hier und das hatte ich schon geahnt, bevor ich unseren mürrischen, 50-jährigen Lehrer sah. Denn die Stimmung war mal wieder im Eimer. So eine Demotivation und Nichtsnützigkeit, hatte die Klasse meines Wissens, noch nie ausgestrahlt, wie in diesem Moment, nach dem ich die Tür betreten hatte. Was heute wohl auf uns zukommen würde? Keine Ahnung...
Ich setzte mich an meinem vorgeschriebenen Platz und schaute in die Runde. Auba & Co. waren mal wieder nicht anwesend. Sie studierten zwar nicht das Gleiche, wie ich, aber bei Herr Bubendorf musste die ganze Klasse anwesend sein. Das war den anderen wohl egal...
In letzter Sekunde, nach dem es geläutet hatte, wurde die Tür mit festem Schwung auf- und wieder zugemacht. Es war Marco. Ich senkte schnell den Blick auf meine Arbeitsblätter. Ich wollte ihm keinesfalls in die Augen sehen, geschweige denn, überhaupt sehen. Diese ganze Sache, die zwischen uns passiert war, war mir sehr unangenehm und peinlich. Es nahm mich doch ein wenig mehr mit, als ich gedacht hatte...
"Marco, du bist zu spät! Setz dich!", sagte Herr Bubendorf mit fester Stimme.
"Es hat doch gerade erst geklingelt!", wandte er ein und zeigte auf die Schuluhr, die über der Zimmertür hing.
"Das ist mir egal. Du bist nicht im Raum gewesen, als es geklingelt hat und somit auch ein Kandidat für's Nachsitzen."
"Nachsitzen?!"
"Richtig gehört, Blondie! Das ist schon das dritte Mal in dieser Woche, dass du verspätet in meinem Unterricht erscheinst. Für Pierre-Emerick, Moritz, Marcel, Mats und Kevin habe ich mir neben dem Nachsitzen, noch etwas anderes, tolles überlegt."
Marco's Augen waren geweitet, genauso wie sein Mund geöffnet war. Er konnte es tatsächlich nicht fassen, dass jemand Beliebtes, wie er, zum Nachsitzen verdonnert werden konnte. Solche Menschen waren für mich bloss eingebildet. Sie taten krumme Dinge und dachten, sie müssten dafür nicht grade stehen. Sie doch nicht! Wer sollte dann die Konsequenzen tragen, wenn nicht die Schuldigen? Ihre Eltern? Nein, der Zug war schon seit ihrem 18. Lebensjahr abgefahren!
Marco setzte sich stumm auf seinem Platz und holte seine Bücher aus der Tasche heraus.
"Nun gut, liebe Klasse! Wir haben einen straffen Zeitplan, der strengstens eingehalten werden muss! Warum, werdet ihr in dieser Stunde noch erfahren. Was ich euch aber schon mal sagen kann ist, dass es euch mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht gefallen wird. Aber dazu später mehr. Jetzt machen wir erst einmal weiter mit dem Unterricht!"Marco's Sicht
Was fällt diesem degenerierten, alten Sack eigentlich ein mich zum Nachsitzen zu verdonnern?! Ich war doch pünktlich, ich hatte es doch rechtzeitig geschafft! Aber, nein...! Herr Bubendorf konnte mit seiner beschissenen Atomuhr herausfinden, dass ich 5.483 Sekunden zu spät war. Angesichts der Tatsache, dass ich (nicht) verspätet in den Unterricht erschienen war, hatte ich einen sehr plausiblen Grund für mein (nicht) verspätetes Dasein. Um es kurz auszudrücken: ich hätte schwer mit 'nem Ständer zur Uni kommen können...Jetzt verfolgt er mich sogar in meinen Träumen! Ich war hin und hergerissen. War ich jetzt schwul? War ich bisexuell? Oder das Schlimmste, was ich mich normalerweise niemals fragen würde: war ich...verliebt? In meinem Traum war ich es jedenfalls. Ich hasste diese beschissenen Fragen! Ich war es leid ständig den kürzeren zu ziehen. Seien sie in Beziehungen oder nicht. Ich wollte endlich wieder einen freien Kopf bekommen, doch er hinderte mich daran. Wenn ich bloss wieder daran dachte, was wir in meinen Träumen getan hatten...
"Marco", hörte ich leise. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und da lag er. Meine Arme fest um ihn geschlungen, lag er neben mir im Bett und streichelte meine Brust. Ich strich ihm durch sein feines, goldbraunes Haar, das so schön nach Lavendel roch. Ich wusste nicht, wo ich war. Um uns herum war alles unscharf und weiss. Als ob die Sonne direkt auf uns scheinen würde.
"Marco.", wieder diese liebliche Stimme in meinen Ohren ertönend. Er hatte nichts an, ich auch nicht. Wir waren vollkommen nackt. Nur die weisse Stoffdecke bedeckte unsere Intimbereiche. Jetzt war ich es, der seinen Namen flüsterte. Es tönte so zierlich, so...wundervoll. Ich wollte ihn spüren. Ich schlang meine Arme enger um ihn, drehte ihn so um, sodass er nun unter mir lag und schaute dabei in seine wunderschönen, warmen, braunen Augen. Ich streichelte seine Wange. Wie schön er doch aussah. Es reichte mir nicht ihn einfach nur anzusehen. Ich wollte mehr. Wieder wiederholte er meinen Namen, während ich mich seinen rosaroten, weichen Lippen näherte.
"Mario.", presste ich noch hervor, bevor unsere Lippen aus Lust, Leidenschaft und Liebe, miteinander verschmolzen. Ich küsste ihn wieder und wieder...ich konnte nicht mehr aufhören. Seine Lippen waren so betörend. Man musste sie einfach küssen, anders ging es nicht. Meine Hand wanderte von seiner Wange zu seinem Hals, wo ich ihm ein leises Stöhnen entlocken konnte. Diese wunderbaren Laute, die Mario immer wieder von sich gab, stachelten mich an weiterzumachen. Immer noch küssend, wanderte meine Hand weiter südwärts. Er war in meinen Augen ein zerbrechlicher, unschuldiger, 18-jähriger Junge, der viel Liebe und Zuneigung brauchte und ich war drauf und dran ihm diese zu geben. Er stöhnte auf, als ich sein Glied mit meiner Hand umschloss und langsam anfing seine Vorhaut rauf und runter zu bewegen. Er stöhnte in unseren Kuss. Ich kriegte nicht genug von diesem Jungen. Ich brauchte ihn. Auch wenn er sich sicher war, dass es nicht so war, brauchte ich ihn. Mario stöhnte immer noch. Ich küsste ihn nicht mehr. Ich beobachtete lieber, wie er sich stöhnend und mit verzerrtem Gesicht unter mich wand, mich dabei berührte, seine Beine um mich schlang, um zu zeigen, dass er auch ohne Vorbereitung bereit war, genommen zu werden-"Jetzt reicht es mir mit dir, Marco!", schrie Herr Bubendorf. Ich schreckte hoch und sah ihm verwirrt in die Augen. Was war denn jetzt das Problem? Ich hab doch gar nichts gemacht!
"Es reicht mir endgültig mit dir! Du kommst immer zu spät, wenn du mal da bist, starrst du bloss noch vor dich hin und das Schlimmste von all diesen Störfaktoren ist, dass du überhaupt nicht reagierst, wenn dir deine Lehrer eine Frage stellen! Genau wie vor einer Minute, eben! Und das ist nicht bloss bei mir so, Marco!", schimpfte Herr Bubendorf mit mir.
"Geh raus! Bis Montag brauchst du hier nicht mehr anzutanzen!", sagte er und ich wusste nicht mehr, was ich mit meinem Leben anfangen sollte. Ich verstand gerade die Welt nicht mehr, ich verstand gar nichts mehr! Was sollte das alles?! Hatte es mich denn wirklich so fest getroffen, dass ich mein Stipendium auf's Spiel setzte? Mir war klar geworden, dass das so nicht weiter gehen konnte. Ich musste mit Mario reden und mich endlich bei ihm entschuldigen, es wurde endlich Zeit diese ständige Lust auf ihn im Keim zu ersticken. Ich packte meine Bücher wieder in meine Tasche, stand auf und ging ohne ein weiteres Wort zu verlieren, nach Hause. Das letzte, was ich gesehen hatte, waren geschockte Gesichter und ein besorgt aussehender Mario Götze, der mich beim Rausgehen beobachtete.
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Götzeus - Es passierte in jener Nacht (Pausiert)
FanficNachdem Mario's Eltern, Jürgen und Astrid, zusammen beschlossen haben umzuziehen, bricht für Mario seine Welt zusammen. In Dortmund soll der 18-jährige sein Studium vortsetzen und später seinen Abschluss machen. Marco, mit 21 einer der beliebtesten...