Marco's Sicht
Der Arzt sagte, dass sein Zustand kritisch sei. Mario hatte viel Blut verloren. Da seine linke Schläfe geblutet hatte und er ohnmächtig geworden war, gab es keinen anderen Ausweg als ihn in ein künstliches Koma zu versetzen. Ich sass neben ihm und hielt seine linke Hand, dann aber wieder nicht mehr. Ich sollte ihn nicht anfassen, sagte er mir. Es war alles so surreal. Wie konnte einem Menschen wie ihm nur solch Schlimme Dinge widerfahren?
Der Schlag auf dem Kopf war aber bloss die Spitze des Eisbergs. Nach zahlreichen Nachrichtenskandalen über Affären mit Professoren bis zu Sexnachrichten mit Männern, fehlte jetzt nur noch ein Krankenhausaufenthalt in einer Stadt, die er hasste. Er hätte einen Hirntod erleiden können. Daran wollten die Ärzte nicht einmal denken. Er hatte einfach Glück. Er war bis jetzt jedoch nicht aufgewacht. Er lag einfach da und hielt seine Augen geschlossen. Was war der Grund für seinen Sturz gewesen? Ich wusste ja, dass alles aus einem bestimmten Grund geschah, aber das konnte ich mir nicht erklären. Ich ahnte jedoch, dass Jonas mehr wusste, als er den Rettungssanitätern gesteckt hatte. Darauf werd ich ihn nochmals ansprechen müssen. Wahrscheinlich lag er jetzt in seinem Bett und schlief. Um diese Uhrzeit konnte ich es nur all zu gut verstehen.6:29 Uhr
Warum ich hier so früh auf der Matte stand? Wann kriegte ich überhaupt noch 'ne Gelegenheit alleine und ungestört mit ihm zu sein? Niemals, denn seit Jonas hier war, klebte Mario förmlich an ihm. Ich verstand es natürlich. Sie waren zusammen, unzertrennlich und das seit so vielen Jahren. Ausserdem schlief ich in letzter Zeit schlecht, weil sich meine Gedanken nur um Mario drehten.
Was hätte ich gegeben an Jonas' Stelle zu stehen. Ich konnte diesen Arsch von einem Mann nicht ausstehen! Zugegeben war ich dann doch eifersüchtig auf ihn. Nicht aufgrund seiner Herkunft - um Gottes Willen! - oder wegen seinen Muskeln, die bei mir übrigens ausgeprägter waren und besser zur Geltung kamen, als bei ihm. Nein. Ich wollte bloss er sein, weil er das einzige in seinem Leben hatte, was ich nie besessen hatte: die Liebe eines Menschen. Ich wollte von Mario auch so geliebt werden, wie Jonas geliebt wurde. Auch so geküsst werden, wie Jonas geküsst wurde. Auch ihn so umarmen oder anlächeln oder necken, wie es Jonas tat.
Aber...Warum sollte ich mich eigentlich in eine fremde Beziehung einmischen und sie zerstören?! Warum den ganzen Ärger auf mich ziehen, wenn doch meine wahre Liebe irgendwo da draussen auf mich wartete? Vielleicht hatte ich sie schon gefunden...und ein anderer auch...? Vielleicht wurde meine wahre Liebe von einem falschen gehütet?
Ich wollte ihn von ganzem Herzen, aber diese Schuldgefühle plagten mich! Ich war auch bloss ein Mensch, der sich sehnlichst seinen Traumpartner an seiner Seite wünschte. Doch der Preis, den ich dafür zahlen würde, war mir zu hoch...
Sollte ich ihn also in Ruhe lassen? Damit er mit Jonas glücklich werden konnte? Oder sollte ich um mein Glück kämpfen und ihn für mich gewinnen? So viele Fragen, auf die ich keine plausible Antwort fand. Ich war ein verlorener Mann...7:04 Uhr
Es war ruhig im Krankenhaus. Im Gang waren die Lichter noch an. Hier im Zimmer jedoch nicht. Es zwitscherten keine Vögel, so wie man es sich bei einem regnerischen Oktobertag gewohnt war. Draussen war es immer noch dunkel. Ein Zeichen, dass der Winter nahte. Ich konnte nicht anders, als ihm über die Wange zu streicheln, mit meinen Fingern über seine Stupsnase zu fahren, seinen Konturen nachzufahren...Er war so schön und doch so belastet. Belastet von all seinen Liebsten und denen, die ihn nicht mochten. Wenn er sich doch bloss auch in mich verlieben könnte! Ich würde ihn nie wieder loslassen. Ich würde für ihn da sein, wie in guten so auch in schlechten Zeiten.
Ach, was redete ich denn wieder da! Ich glaubte endgültig durchzudrehen. Um was ging es mir bei der Sache?! Ging es mir immer noch nur um Sex? Oder doch um mehr...?
Eine Schwester kam einen Moment später ins Zimmer und kontrollierte seine Werte. Wieso sie ihn gleich ins Koma versetzen mussten, war mir ein Rätsel. Er hatte sich dich 'bloss' den Kopf gestossen. Wenn die Verletzung schwerwiegender wäre, als bisher vermutet, dann hätte ich es wohlmöglich verstanden.
"Wird er wieder gesund?", fragte ich die brünette Krankenschwester. Sie hob ihren Blick von Mario's Akte.
"Sie sind?", fragte sie.
"Marco Reus. Ich bin sein... Freund."
Die Krankenschwester musterte mich argwöhnisch.
"Na gut, Herr Reus. Ich kann Ihnen leider nichts genaueres über den Zustand Mario Götzes berichten. Falls Sie jedoch weitere Fragen diesbezüglich haben, dann wenden Sie sich doch bitte an den zuständigen Arzt, Herr Simon Neubauer."
"Danke, das werd ich tun.", sagte ich und wandte enttäuscht den Blick ab. Diese Zicke hatte doch gerade eben seine Werte kontrolliert! Warum es mir dann nicht sagen? Vielleicht durfte sie solche vertraulichen Daten nur Familienangehörigen mitteilen...und ich gehörte nicht zur Familie.
Ich nahm seine Hand und drückte sie. Vielleicht konnte er trotz seines Komas, Berührungen spüren? Im Fernsehen erlebte man doch auch ständig, dass die Patienten, nach dem sie aufgewacht waren, berichteten, dass sie Berührungen wahrnehmen konnten. Warum also nicht auch Mario? Vielleicht konnte er mich sogar hören...
Ich schaute nach draussen und kontrollierte, ob mich jemand sehen konnte, dann schenkte ich meine ganze Konzentration dem Koma-Patienten.
"Ich weiss nicht, ob du mich überhaupt hören kannst...das ist auch ziemlich ungewohnt für mich...mit jemandem zu sprechen, von dem ich glaube, er könne mich nicht hören. Ich weiss nicht, aber...", schluckte ich und schob sein Haar, das ihm die Sicht verbarg, zur Seite und fuhr leise fort, "...ich habe mich noch nie in meinem Leben zu jemandem so hingezogen gefühlt, wie zu dir...Ich weiss nicht, was du mit mir machst...aber es gefällt mir."Mario's Sicht
"Was gefällt dir? Ich verstehe nicht.", sagte ich leise.
"Es gefällt mir.", sagte er erneut.
Ich verstand nicht. Ich sass auf einer grünen Wiese und erhob mich meinem Gegenüber.
"Wo bin ich? Was gefällt dir?"
Der Wind wehte und brachte die spitzen, grünen Blätter zum Rascheln. Der Himmel verfärbte sich langsam. Es wirkte so, als ob die Sonne mit dem Himmel verschmelzen würde. Ein atemberaubendes Farbenspiel, das es so in der wirklichen Welt nicht geben würde. Der Unbekannte näherte sich mir. Ich wiederholte meine Frage ein drittes Mal.
"Wo du bist, spielt keine Rolle. Die bessere Frage wäre doch, was du willst."
Ich konnte mich nicht bewegen. Meine Beine gehorchten mir nicht. Ich lauschte der ruhigen Stimme und sagte nichts. Er schlang seine starken Arme um mich. Wer war der misteriöse Mann hinter mir?
"Will ich 'was?"
Seine Hände wanderten meine Taille hinauf zu meinen Armen und beendete dort seine Erkundung kurzfristig.
"Du musst dich entscheiden...Mario."
Ich hielt den Atem an, meine Augen weiteten sich.
"Woher...-"
Ich wollte mich umdrehen und sein Gesicht sehen, doch er hielt mich an den Armen fest.
"Ich weiss alles.", sagte er und streichelte meine Wange.
"Deine Gefühle ihm gegenüber wachsen."
"Zu wem? Von wem sprichst du?"
Er liess sich nicht beirren und machte nach seinem diabolischen Lacher weiter, wo er aufgehört hatte.
"Und das weisst du."
Seine Hände machten dort weiter, wo sie aufgehört hatten, denn er steuerte auf südliches Gebiet zu.
"Er bremst dich. Der andere. Wie lange schon zusammen mit dem ein und dem selben Kerl?"
Der Unbekannte steckte ohne Vorwarnung seine Hand in meine Hose. Ich erschrak und schrie auf. Ich war geschockt. Wer war das?!
"Aha, ich weiss es..."
Er massierte meine Hoden. Ich konnte mich nicht bewegen, ich war ihm hilflos ausgeliefert.
"Hör auf damit!", quetschte ich hervor. Mein misteriöser Hintermann zog seine Hand mit einer ruckartigen Bewegung aus meiner Hose und fixierte grob mein Kinn.
"Du belügst dich selber, Mario! Du liebst alles was schlecht ist, alles was falsch ist! Wir beide wissen doch was du willst...was du brauchst...
Du bist verlogen und sollst deshalb auch so behandelt werden. Doch keiner auf dieser mikrigen Welt kann dir geben, was du wirklich willst. Entscheide dich jetzt zwischen Tugend oder Laster!"
"Lass mich los!", sagte ich panisch. Ich versuchte mich von ihm wegzustossen und stolperte sogleich über meine eigenen Füsse. Ich wagte es nicht mich zu bewegen, denn er stand genau vor mir und kniete nieder. Er war ganz in schwarz gehüllt, jedoch konnte ich meinen Kopf nicht hochheben. Etwas hielt mich ab, sein Gesicht zu erspähen.
"Mario..."
Er fuhr mir mit der Hand über meine Haare.
"Du kannst deine Gefühle nicht ewig verbergen."
Ich glaubte jetzt zu wissen, auf was er anspielte...
"Es kommt der Tag, an dem du nicht mehr die Kraft aufbringen wirst, dich zu wehren."
"Ich liebe ihn nicht.", sagte ich verbissen.
Er strich erneut durch mein Haar.
"Kämpfe nur weiter...du wirst so oder so verlieren..."
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Götzeus - Es passierte in jener Nacht (Pausiert)
FanfictionNachdem Mario's Eltern, Jürgen und Astrid, zusammen beschlossen haben umzuziehen, bricht für Mario seine Welt zusammen. In Dortmund soll der 18-jährige sein Studium vortsetzen und später seinen Abschluss machen. Marco, mit 21 einer der beliebtesten...