Die Ohnmacht war eine nützliche Sache. Wenn die Schmerzen einen zu erdrücken begannen, sank man in einen traumlosen Schlaf, welcher einem die Schmerzen fernhielt.
Gwaens Gedanken befanden sich in tiefster Dunkelheit, als sie plötzlich ein Schmerz von solcher Intensität verspürte, dass es sie aus ihrer Ohnmacht riss. Sie riss die Augen auf und die ganzen Schmerzen der letzten Tage wirkten auf sie ein. Doch der Schmerz auf ihrer linken Körperseite übertönte alles. Sie versuchte sich aufzubäumen, den Schmerzen zu entkommen, jedoch wurde sie von starken Händen an Schultern und Beinen zurückgehalten. Panisch versuchte sie ihre Peiniger zu identifizieren, als sich ihr der Kopf eines grauhaarigen Zwerges ins Sichtfeld schob. Ruhig sprach er auf sie ein, während eine andere tiefere Stimme nach Gandalf rief. Schon kniete der Zauberer neben ihr und veranlasste mit einem Seitenblick, dass sich die Hände von ihr lösten. Mühsam versuchte sie sich aufzurichten, was ihr durch die unerträglichen Schmerzen in Schulter und Rippen nicht gelang und unter einem Stöhnen zurück auf ihr Lager gefallen wäre, hätte Gandalf sie nicht gestützt. Verwirrt sah sich die Elbin in dem Lager um. Es befanden sich dreizehn Zwerge dort, welche sie allesamt musterten. Manche mit Neugierde, Besorgnis und der Blick eines hünenhaften schwarzhaarigen Zwerges mit Tattoos auf der Kopfhaut wirkte geradezu verächtlich. Doch der Hobbit schien zu fehlen. Was war nur passiert? Sie wusste noch das Azog sie mit der Keule erwischt hatte und sie Ohnmächtig wurde. Doch wie war sie hier her gekommen und vor allem wieso war sie bei den Zwergen? Gandalf schien ihre Ratlosigkeit zu bemerken und lächelte freundlich.
„Schön das Ihr wieder wach seid. Wir dachten schon Ihr würdet nicht mehr erwachen." Verwundert blinzelte Gwaen ihn an.
„Seid gegrüßt Mithrandir. Ich wünschte es wäre so, dann müsste ich diese Schmerzen jetzt nicht ertragen. Doch könnt Ihr mich vielleicht aufklären was passiert ist? Ich habe leider keine Vorstellung was geschah nachdem ich in die Ohnmacht sank." Der Zauberer hatte nun einen mitleidigen Gesichtsausdruck aufgesetzt und musterte die junge Elbin prüfend.
„Nun meine Liebe, zunächst ist zu sagen das Ihr knapp mit eurem Leben davon gekommen seid. Jedoch möchte ich Euch nicht über das Genauere im Unklaren lassen. Als Ihr den Kampf mit Azog führtet und getroffen wurdet, kamen die Adler uns zu Hilfe, bekämpften die Orks und retteten uns vor dem sonst sicheren Tod. Der Schlag mit der Keule hat Euch die Schulter ausgekugelt und einige Rippen gebrochen. Das einrenken war, wie mir unser Heiler Oin erklärt hat, nicht gerade leicht gewesen, da sich Eure Schulter verhakt hatte. Ich nehme an dieser Schmerz konnte sogar die Ohnmacht beenden. Der Schnitt am Bein ist zwar tief, hat sich jedoch durch Eure elbischen Heilkräfte schon wieder etwas verschlossen. Zudem habt ihr eine leichte Gehirnerschütterung und seid allgemein in keinem guten Zustand, wenn ich es so sagen darf. Ich wüsste gern was Euch widerfahren ist." Gwaen blickte an sich herunter und stellte fest, dass sie wirklich schlimm aussah. Teile ihre Hose und ihre Tunika waren zerrissen und die Hose am rechten Bein war von Blut durchtränkt. Sie hatte einen Verband um den Oberschenkel und um ihre geschundenen Handgelenke. Die Erinnerungen an die letzten Tage waren schrecklich und sie wollte sie nur ungern noch einmal durchlaufen. Jedoch war es das einzig Richtige Gandalf alles zu erzählen. Sie wusste sie könnte ihm vertrauen. Sie sah wieder zum Zauberer.
„Ich werde Euch erzählen was Ihr wissen wollt, aber lasst uns die Förmlichkeiten vergessen. Ich lege keinen besonderen Wert auf diese Floskeln." Gandalf lächelte sie an und nickte zustimmend.
„Aber sag mir Gandalf. Wie wäre es wenn du mir erst einmal deine Gefährten vorstellst?" Einer nach dem anderen stellte sich etwas schüchtern oder im Fall des Hünen, welcher sich brummend als Dwalin vorstellte, abweisend vor. Lediglich zwei jüngere Zwergenbrüder namens Fili und Kili wirkten freundlich und aufgeschlossen und grinsten sie breit an, was Gwaen mit einem belustigten Lächeln erwiderte. Zum Schluss trat ein stattlich wirkender, dunkelhaariger Zwerg nach vorne. Das war Thorin Eichenschild und sie staunte nicht schlecht, dass es ihm nach dem Angriff Azogs anscheinend so gut ging. Aber sie wusste wie stur und zäh Zwerge waren und ihnen ihre Würde schwer am Herzen lag. Niemals würden sie als schwach gelten wollen.
„Wie ist Euer Name wenn ich fragen darf. Und woher stammt Ihr?", riss Thorins Frage sie aus ihren Gedanken. Peinlich berührte merkte sie nun, dass sie vor all der Aufregung ganz vergessen hatte sich selbst vorzustellen. Doch dieses ließ sie sich nicht anmerken.
„Mein Name ist Gwaen. Woher genau ich stamme kann ich nicht sagen, aber ich wuchs im Hause Elronds auf." Ein Zwerg mit dem Namen Bofur, welcher eine große Mütze, trug schaute sie neugierig an und fragte: „Aber seid Ihr nicht ein wenig zu klein für eine Elbe?" Damit hatte er Recht. Sie überragte Thorin gerade mal ein kleines Stück, wobei sie mit Dwalin schon fast gleich auf war. Diese Tatsache hatte Gwaen sich nie erklären können. Elben waren eigentlich hochgewachsene Wesen und so fiel sie in Bruchtal immer besonders auf. Ihre Größe hatte jedoch Vor- und Nachteile. Sie wurde zwar häufig unterschätzt, doch an Geschicklichkeit und Schnelligkeit stand sie den anderen Elben um nichts nach, was ihr das Leben als Diebin leichter machte.
„Das stimmt schon, aber ich kann es mir nicht so ganz erklären. Soweit ich weiß waren meine Eltern beide Elben und es fließt kein Zwergenblut in meinen Adern, wenn das Eure Frage beantwortet", antwortete Gwaen und schenkte ihm ein Lächeln, welches dieser erwiderte. Thorin richtete nun wieder sein Wort an die junge Elbin.
„Aber jetzt würde ich gerne wissen, wie Ihr Azog in die Hände gefallen seid." Er sah sie durchdringend an und sie glaubte eine Mischung aus Neugierde und Misstrauen in seinem Blick erkennen zu können, seine Mine blieb jedoch versteinert. Mit einem Seufzen setze Gwaen ihre Erzählung an:
„Ich hielt mich gerade in der Nähe von Bree auf und war unerklärlicher Weise so tief in den Schlaf gesunken, dass ich das Dutzend Orks erst bemerkte, als sie sich unmittelbar unter meiner Position auf einem Baum befanden. Zuerst stellte es keine Schwierigkeit dar mit ihnen fertig zu werden, bis ich von einer zweiten Angriffswelle von etwa dreißig Orks überrannt und bewusstlos geschlagen wurde. Sie brachten mich zur Wetterspitze, welche ihr Lager zu sein schien. Dort war Azog und er wollte mich wegen meiner besonderen Fähigkeiten haben. Er versuchte meinen Willen zu brechen, als ich mich weigerte mich ihm und seiner Bande Orkabschaums zu unterwerfen. Doch als dies nichts brachte, ließ er vorerst von mir ab und die Meute nahm eure Verfolgung auf. Den folgenden Teil kennt ihr ja." Es war still. Niemand sagte etwas. Alle starrten geschockt auf die Elbin, welche ihnen noch als viel zu jung vorkam, um so etwas ertragen zu können. Doch dann brach Balin die Stille.
„Und wie kommt es das Ihr ganz alleine in der Wildnis unterwegs ward?" Ein trauriges Lächeln stahl sich auf Gwaens Gesicht.
„Vor einigen Jahren lebte ich noch in Bruchtal, doch hatte ich eine Auseinandersetzung mit Elrond, nach der ich es vorzog diesen Ort zu verlassen. Seit dem bin ich viel gereist und auch wenn ich eine Frau bin weiß ich mich gut zu verteidigen." Balin nickte und sein Bruder schnaufte nur verächtlich, als wollte er nicht glauben das Frauen sehr wohl geschickt im Umgang mit Waffen waren.
„Wegen welcher besonderen Fähigkeiten hat Azog Euch gefangen genommen?", fragte Thorin mit einem Mal misstrauisch. Doch nicht Gwaen sondern Gandalf beantwortete seine Frage, mit einem warnenden Seitenblick auf die Elbin, die verstand das es noch zu früh war um ihre Gabe preiszugeben. Stattdessen antwortete Gandalf.
„Die junge Gwaen ist eine Meisterdiebin. In Bree trägt sie den Namen Schatten, da sie nie jemand zu Gesicht bekommt." Thorin sah sie eindringlich an.
„ So, eine Meisterdiebin sagt Ihr. Interessant." Damit drehte er sich um.
„Fili, Kili bringt ihr etwas zu essen und zu trinken. Sie kann es sicher gut gebrauchen", sagte er noch bevor er zu Balin und Dwalin ging, um sich leise mit ihnen zu unterhalten. Die beiden Brüder taten wie ihnen geheißen und kamen mit einem Stück Brot, Trockenfleisch und einem Wasserschlauch zu ihr herüber, setzen sich neben ihr Lager und gaben ihr diese freundlich grinsend. Der Blonde von den beiden, das musste Fili sein, sah sie an und sagte etwas zögerlich:
„Wir wussten nicht ob Ihr Fleisch esst." „Die Elben in Bruchtal haben nur dieses Grünzeug zu essen gehabt", ergänzte ihn Kili, der jüngere von beiden und lächelte etwas beschämt als er sich erinnerte, dass sie ja auch aus Bruchtal kam.
„Ist schon in Ordnung. Ich esse Fleisch und ich habe ehrlich gesagt noch nie verstanden, wie man sich ausschließlich von Grünzeug ernähren kann. Und nennt mich doch bitte einfach nur Gwaen", sagte sie mit einem schelmischen Grinsen und zwinkerte den Brüdern verschwörerisch zu. Diese blickten sich vielsagend an und antworteten dann synchron:
„Na gut, einfach nur Gwaen." Sie warf den beiden einen gespielt tadelnden Blick zu, musste dann aber anfangen zu lachen und die Brüder fielen mit ein. Damit war das Eis gebrochen, sie saßen lachend beisammen und erzählten von ihrer Vergangenheit. Grinsend erzählte Gwaen, wie sie als sie noch jünger war, mit ihren Ziehbrüdern Elladan und Elrohir oft Bruchtal auf den Kopf gestellte hatte, in dem sie den anderen geniale Streiche spielten. Das brachte Filis und Kilis Bild der verklemmten Elben völlig aus dem Konzept und sie spürten eine gewissen Verbundenheit mit der Elbin. Schließlich waren sie es gewesen, die als Kinder in den Ered Luin keinen Streich ausgelassen und sich dafür
immer Strafen von ihrem Onkel Thorin eingefangen hatten. Doch es hatte sich stets gelohnt.
So saßen sie da und lachten miteinander, als der Hobbit völlig außer Atem in das Lager gerannt kam. Fili und Kili halfen Gwaen auf die Füße und gingen gemeinsam zu den anderen.
„ Wie weit ist die Meute entfernt?", „Haben sie uns schon gewittert?", drangen Thorin und Dwalin sogleich auf ihn ein.
„Nicht weit, ein paar Meilen. Sie haben uns noch nicht gewittert, aber das werden sie noch", antwortete er abwehren. „Wir haben ein anderes Problem."
„Wurdest du gesehen?", fragte Gandalf.
„Nein das ist es nicht, es ist etwas anderes." Lachend begann Gandalf die Werte ihres Meisterdiebes zu beteuern, doch Gwaen konnte sehen, dass der Hobbit etwas sagen wollte aber nicht zu Wort kam. Sie erhob ihre Stimme so laut, dass sich alle zu ihr umdrehten als sie sagte:
„Ich glaube er möchte euch noch etwas wichtiges mitteilen." Dankend sah der Hobbit sie an.
„Da ist etwas anderes."
„In welcher Gestalt? Der eines Bären?", fragte Gandalf besorgt. Der Angesprochene nickte nur und während die anderen sich berieten wie nun vorzugehen sei, kam der Hobbit zu ihr herüber.
„Hallo, mein Name ist Bilbo Beutlin. Ich wollte mich dafür bedanken, dass Ihr mir gestern mein Leben gerettet habt", sagte er und lächelte sie scheu an. Gerührt von seiner Höflichkeit schenkte Gwaen ihm ein warmes Lächeln. Im Gegensatz zu den Zwergen, die zwar auch überwiegend höflich waren, war der Hobbit um einiges zurückhaltender. „Dafür brauchst du dich doch nicht zu bedanken. Mein Name ist übrigens Gwaen." In diesem Moment erklang ein lautes Brüllen, welches von dem Bären stammen musste den Bilbo gesehen hatte. Und es klang gefährlich nahe. Schnell wurden alle Sachen zusammengepackt und die Zwerge rannten unter der Führung von Gandalf in den Wald hinein. Gwaen wurde von Fili und Kili an den Armen gepackt und von ihnen mitgezogen, um trotz ihrer Verletzungen Schritt halten zu können. Nun kamen sie auf eine Wiese und ein umzäuntes Haus kam in Sicht, auf das sie weiter zu hielten. Splitternd zerbrach das Holz hinter ihnen und als Gwaen sich umdrehte, kam ein gewaltiger schwarzer Bär auf die Gemeinschaft zu geprescht. Mit vor Schreck geweiteten Augen musste sie feststellen, dass er gefährlich schnell immer näher kam. Sie konnten nur hoffen, dass sie vor ihm am Haus ankommen würden._______________________________________
Hey :)
Ich würde mich wirklich freuen wenn ihr vielleicht ein paar Votes oder Kommis da lassen könntet, weil ich sehr gerne wissen würde wie euch meine FF gefällt. Also es wäre super schön wenn ich von euch ein bisschen Feedback bekommen würde. ;)LG Stormfire-
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Die Tochter des Sturms (Fili FF)
FanfictionDie junge Elbin Gwaen schlägt völlig aus ihrer Rasse. Sie lebt nicht wie andere Elben in Königreichen, sondern in der Wildnis. Doch nicht nur das. Gwaen ist eine hervorragende Diebin. Jedoch wird sie mit einem Mal gewaltsam aus ihren Leben gerissen...