Kapitel 58

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Kapitel 58

Als wir das Café wieder verlassen wollten, sah Duhan ein Mädchen und stoppte plötzlich. Ich erkannte sie von dem Foto, dass er mir gezeigt hatte- Nazan.

Sie war mit einer Freundin hier und ebenfalls überrascht, Duhan zu sehen. Duhan nahm meine Hand und drückte sie fest, was mir unangenehm war.
  »Duhan, du hier?«, fragte Nazan mit einem Lächeln. »Und du musst Nevra sein.«
  Ihre Freundin sah uns missbilligend an, während Nazan sehr freundlich wirkte. Jetzt verstand ich, was Duhan damit meinte, dass sie ein guter Mensch war, mit schnellen Hoch und Tiefpunkten.

»Freut mich dich kennenzulernen«, sagte ich und nahm ihre Hand. Sie nickte. »Ich auch, aber wir wollen euch lieber nicht stören. Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann später?«
  Wir nickten und sie setzen sich auf einen Platz. Bevor wir das Café verließen, hörte ich die Freundin noch »Was für eine Schlampe«, sagen, doch Nazan ging nicht darauf ein.

»Sie ist nett«, meinte ich zu Duhan und er nickte stumm.
»Duhan, wenn ich das nächste Mal zur Psychologin gehe, also wenn es die nichts ausmacht, könntest du mitkommen?«
»Natürlich kann ich das«, versicherte er mir.
»Es ist aber eher, na ja langatmig. Vielleicht findest du es langweilig.«

Er stoppte und blickte mich beide Brauen hebend an. »Sag nicht, dass du mich deshalb beim ersten Mal nicht dabeihaben wolltest.«
Ich zuckte mit der Schulter. »Okay, dann sage ich es nicht. Aber du weißt, es is so. Ich meine, es geht dauernd nur um mich und was mich bedrückt.«
»Du bist mein Leben, Nevra. Wenn es um dich geht, geht es auch um mich.«

Ich spürte, wie ich rot wurde. »Mal sehen, ob du das bereust gesagt zu haben. Ich werde dich nämlich jedes Mal mitschleppen.«
»In deinen Augen liegt aber noch etwas«, wusste er sofort.
»Mahsun... Sein Gerichtstermin ist demnächst und Narin ruft mich ständig an. Die beiden waren meine besten Freunde und jetzt-«, ich seufzte. »Narin ist schwanger von Mahsun.«
»Das ist mal 'ne Wendung.«
»Das ist schrecklich! Vor allem, weil Mahsun meinte, eine andere zu lieben.« Dass es sich dabei um mich handelte, musste er ja nicht wissen, oder? »Ich weiß, was sie von mir wollen wird, selbst wenn er der größte Arsch ist.«

»Dass du deine Anklage zurücknimmst«, erkannte er sofort und schüttelte den Kopf. »Tu das nicht. Selbst wenn er raus wäre, der wird sich nicht ändern.«
»Man kann nie wissen«, entgegnete ich. »Aber selbst wenn ich das wollen würde, könnte ich nicht. Wenn überhaupt dann nur die Sachbeschädigung. Die Morde-«
Ich stoppte und musste bei dem Punkt schlucken. Mahsun und der Brand wollten in meinem Gehirn einfach nicht verknüpft werden und jedes Mal, wenn ich daran dachte, verschlug es mir aufs Neue die Sprache. »Das liegt nicht in meiner Hand.«
»Ich bleibe bei deiner Seite und werde dich bis zum Ende unterstützen, egal für was du dich entscheidest.«

Ich umarmte ihn dafür und war unendlich dankbar, ihn zu haben.
»Du solltest ihre Anrufe aber abnehmen«, meinte er und drückte mich fester an sich. »Sie wird sonst noch verrückt.«

Gesagt getan. Bei dem nächsten Anruf nahm ich ab. »Nevra? Du hattest recht. Du hattest absolut recht.«
Ich hörte ihr Lachen. »Es war sehr problematisch und jap, meine Eltern waren enttäuscht, aber es sind nun mal meine Eltern. Egal, welchen Mist ich baue, es sind meine Eltern und nach einer Zeit haben sie es akzeptiert. Sie lieben ihn, sie lieben ihn wirlich sehr und mich auch.«
Ich nickte. »Eltern sind so«, sprach ich langsam aus und spürte einen Stich im Brustbereich. Eltern waren so. Sie waren so kostbar. »Ich freue mich für dich«, sprach ich und konnte mir die Szene schon vorstellen.
»Ich habe ihnen erzählt, ich wüsste nicht, wer der Vater ist. Peinlich, aber lieber hat er keinen Vater, als diesen Vater.«
Oh.

Als sie merkte, dass ich schwieg, lachte sie wieder leicht auf. »Du dachtest, ich will, dass du ihm verzeihst?«, fragte sie.
»Wenn ich ehrlich sein soll, ja.«
»Ich denke nicht mehr an mich oder daran, was ich will. Ich denke nur an meinen Jungen.«
»Ich wünsche dir alles Glück der Welt, Narin.«
»Oh, das hab ich bereits mit Bünyamin.«

Als ich meine Wohnung verließ, packte mich ein Schock. Sogleich ich die Tür geöffnet hatte, so schnell schloss ich sie auch. Das hatte mir natürlich noch gefehlt. »Ich rufe dich später an, Narin.«

Der Gerichtstermin von Mahsun war heute. Natürlich mussten Kameras wieder die Neuigkeiten filmen und mein Leben zur Qual machen. Dabei wollte ich mich mit Duhan, Ediz und Kiraz treffen. Kann ich wohl vergessen.

Ich rief Duhan an und schilderte ihm, was los war.
»Bleib auf der Stelle, ich komme.«
»Du kannst nicht-«
Klar, da legte er auf.

Ich seufzte und gab nebenbei den anderen Bescheid.

»Wie bist du hergekommen?«, fragte ich ihn, als er plötzlich hinter mir stand.
»Es gibt hinten noch einen Garten.«
»Da darf man nicht rein.«
»Seit wann halten wir uns an Regeln?«

Der SehnsuchtsfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt