5. Kapitel

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Mein Wecker klingelte und ich schlug die Augen auf. Ein neuer Tag und noch mehr Leid.
Wie jeden Morgen fiel ich mehr oder weniger aus dem Bett, heiligte die Kaffemaschine für den tollen Cappuccino und aß meine Kekse, schlurfte ins Bad, wusch mich und zog mich an. Ich entschied mich für einen schwarzen Rock mit Taschen und eine zart rosé-farbene Bluse. Eine dicke Strumpfhose und kniehohe Thermostrümpfe, denn man merkte eindeutig, dass es langsam aber sicher Herbst geworden ist. Ich warf mir meine Jacke über und schnappte meine Schulsachen. Ich musste mich ziemlich beeilen, da ich Angst hatte zu spät zu kommen. Ich hatte einfach den Dreh noch nicht raus, wann ich spätestens losgehen konnte, wenn ich zu Fuß zur Schule musste. Denn einerseits, wollte ich nicht Gabe und Harry treffen, die immer erst auf dem letzten Drücker kamen, aber auch nicht zu spät. Das war eine beinahe unmögliche Aufgabe. Ich rannte aus der Tür und ich hatte direkt ein merkwürdiges Gefühl... irgendetwas würde heute noch passieren. In der Luft lag eine merkwürdige Spannung, und ich dachte direkt an unseren Kinobesuch...

Vielleicht hatte ich tatsächlich den Dreh raus, denn ich huschte in die Klasse, genau ein paar Sekunden bevor es klingelte und das Monster von Lehrerin in den Raum kam, um mit uns Englisch zu machen, wobei ich zugeben musste, dass ihr Unterricht echt schlecht war, mich aber zumindest in Ruhe ließ. Der Tag verging gefühlt gar nicht. Auch dass wir ausgerechnet heute Sport haben mussten... Es war ja nicht so, dass ich mich nicht auf Sport freute, aber es war halt eklig, danach total verschwitzt ins Kino zu gehen. Ich fand das einfach nicht fair, denn eigentlich hatten wir Sport in der achten und neunten Stunde, die ja jetzt hätte entfallen sollen. Ich zog mich um und redete mit meinen Freundinnen über den Film, als unser Sportlehrer an der Kabine klopfte und uns zum Sportplatz schickte. Die Jungen hatten bereits Hürden bereitgestellt und Staffelstäbe an die Seite gelegt. Leichtathletik war dran. Einer meiner Lieblingssportarten. Nur heute war mir einfach allgemein nicht so wohl bei der Sache. Wir wurden in Teams aufgeteilt und ich war mit keinen meiner Freunden in einer Gruppe. Sechs Gruppen à vier Leuten... sonderlich lustig war das nicht. In jeder Gruppe waren zwei Jungen und zwei Mädchen, einige Leute waren krank, dementsprechend würden wir bei den vierhundert Meter Staffeln jeder hundert laufen müssen. Ich hatte eine Gruppe mit einem schnellen Läufer einem mittelschnellen Läufern und einer Schnecke erwischt. Im Endeffekt nichts weltbewegendes. Die ersten fünf Bahnen war ich schon echt gelangweilt. Zum Glück sollten wir danach etwas anderes machen und uns eigenständig dehnen. Nach dem ich fertig war durften wir noch ein paar Übungen ausführen um uns weiter aufzuwärmen. Als der Lehrer uns zusammenrief übten wir im Gegensatz zu den anderen lieber Start und Staffelstabübergabe. Bis auf Simone konnten wir das eigentlich ganz gut... Simone lief den Start, Minho den nächsten Teil, Frederick den dritten und ich den letzten Teil. Eigentlich hätte alles gut gehen müssen...

Der Startpfiff ertönte und das Schneckchen Simone kroch über die Bahn. Das einzige was funktionierte war die Übergabe. Im Laufen und ohne umgucken, während die anderen standen und auf den Stab warteten. Trotzdem waren wir letzte und sehr weit hinten. Minho lief uns auf den dritten Platz, was nicht schlecht war. Zwischen dem ersten und zweiten war eine riesige Kluft und zwischen dem dritten und vierten. Bei der Übergabe lagen wir gleichauf mit zwei, allerdings verlor Freddie etwas Zeit und lief knapp hinter der Nummer zwei her. Als er nah genug war lief ich los. Das geübte "Hepp!" hinter mir ertönte, mein Arm fuhr nach hinten aus, er legte den Stab in meine Hand, ich schloss meine Finger um das kühle Metall und beschleunigte mein Tempo so hoch wie möglich. Ich lief, als ob es um mein Leben ginge. Ich war mit Platz eins beinahe gleichauf, als sie den Vorteil der Innenbahn nutzen konnte und als erste in die Ziellinie lief. Ich joggte aus und kehrte zu meiner Gruppe zurück. "Sorry. Ich hab mir echt Mühe gegeben, aber für den Rest hat es echt nicht mehr gereicht." "Ist doch alles gut. Es ist doch nur eine dumme Staffel und du bist wohl eine der wenigsten die sich entschuldigen sollte. Um ehrlich zu sein, bin ich verdammt stolz, wir haben alle unser bestes gegeben!", meinte Minho und baute unser Team somit wieder etwas auf.
"Kommt. Wir schauen, was unser Lehrer als nächstes vor hat.",meinte Simone und lief bereits vor, als ich das Grauen schon erkannte. Werfen. Mit Bällen. Scheiße...
Meine ersten Wurf-Versuche waren wie erwartet einfach mies. Als mir anschließend auch noch der Ball aus der Hand rutschte und in das dichte Blätterdach neben mir flog, hatte ich endgültig die Schnauze voll. Unser Quäler bedachte mich mit einem forschen Blick und ich begann sofort danach zu suchen. Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken. Der Wind raschelte in den Blättern und es hörte sich wie ein wispern an. Ich bildete mir ein wortfetzten zu hören...

Noch
geküsst
geschehen

Nur undurchdringliche Fetzten. Der wind frischte auf und immer heftiger wurde es über meinem Kopf.
Kracks
Schnell blickte ich nach oben und das letzte was ich sah, raste auf mich zu, traf mich und mir wurde schwarz.

Noch nie geliebt,
Noch nicht genommen,
Noch nie geküsst,
Noch nie vernommen
Noch nie gebeugt,
Noch nichts geschehen,
Noch nie getroffen,
Noch nie gesehen.

Es waren die Zeilen aus meinem Tagebuch von damals.

Für immer mein,
ist das Versprechen.
Und Diebstahl,
das Verbrechen.
Für immer dein,
so sollt' es sein.

Und nun so schwach vor mir liegend, mit nicht mehr als meinem Schutz,
Schläfst du da und lässt dich wiegen zu meine großen Nutz'.

Denn für immer mein,
so sollte das Versprechen sein...

Diese Wörter flogen in meiner inneren, stillen Welt umher und in meinem Kopf summte es.
"Emma?!" "Emma?!" "Alles okay?!"
So viele Stimmen redeten auf mich ein. Ich schlug die Augen auf und lag auf dem Bauch. Der Boden war bequem, der Waldboden hatte es ermöglicht. Meine Augen erfassten direkt den neongelben Tennisball vor mir. Schwrze Striche fielen mir auf. Während ich Aufstand und beteurte, es ginge mir gut, sah ich mir den Ball genauer an. Es waren Buchstaben.

Für immer mein

The Perfidious Boy - Peter Pan is coming home 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt