Eine mir nur allzu bekannte Wut auf diesen verdammten Namen kommt in mir hoch und ich balle die Fäuste.
Violi-Ravioli. Sein verdammter Ernst?
Harrys Name für mich, mit dem er mich als Kind dauerhaft aufgezogen hat. Er kennt meine Schwachpunkte anscheinend noch ganz genau und weiß, wie man sie einsetzt. Ich habe diesen Namen schon Jahre nicht mehr gehört und eigentlich wollte ich die Erinnerung daran verdrängen. Ist mir auch gut gelungen. Bis jetzt.
„Ich hasse diesen Namen", brumme ich, doch drehe mich noch nicht zu Harry um.
„Oh, echt?"
Mit gefährlich engen Augen drehe ich mich um und werfe ihm tötende Blicke zu. Er steht einfach total unschuldig da und sieht mich an, als hätte er mir nicht gerade den schlimmsten Vorfall meiner Kindheit vor Augen gehalten. Wieso ich diesen Namen so hasse? Und wieso er mich so nennt?
Kleine Zusammenfassung: Harrys und meine Familie waren essen. Harry und ich aßen Ravioli. Ich vertrug sie nicht. Ich blockierte für genau eine Stunde die Toilette und übergab mich volles Rohr vor den Füßen des Obers, der uns bediente. Harry lachte. Ständig. Jahrelang, um genau zu sein. Genau darüber. Deswegen nannte er mich ständig Violi-Ravioli.
„Wage es dich, noch einmal diesen Namen in den Mund zu nehmen", warne ich ihn bitterböse.
Doch Harrys Mundwinkel hebt sich ein wenig, was mich noch mehr kochen lässt. Schweig lieber, Styles, wenn du den nächsten Morgen noch erleben willst.
Aber er wäre nicht Harry, wenn er es nicht provozieren würde. Deswegen öffnet er gehässig grinsend seinen Mund und sagt: „Violi ..."
Ich kneife meine Augen noch mehr zusammen.
„Ravioli."
Jap. Ich werde ihm ins Gesicht hauen. Doch ich rege mich nicht.
Für ein paar Momente stehen wir einfach noch nur dort am Straßenrand und starren uns an. Er sagt mir mit seinem Blick, dass er das Gesagte absolut nicht zurücknimmt und ich sehe ihn nicht mehr als jugendlichen Harry, sondern als kleinen, nervigen, frechen Harry, der mich mit dem Vorfall damals im Restaurant aufzieht, indem er mich Violi-Ravioli nennt. Und das mindestens zehn Mal am Tag. Damals schon hat er mich genauso angesehen, wie er es gerade tut und ich habe es gehasst, aber gleichzeitig geliebt, weil ich wusste, dass er es niemals jemand anderen erzählen würde.
Aber heute hasse ich es nur noch, denn nun muss ich wirklich Angst haben, dass er es weitererzählt. Vielleicht hat er es schon längst.
„Na ja", sagt Harry seufzend, als ich mich nicht rege und dreht sich weg. „Also muss ich doch betrunken nach Hause fahren. Vielleicht treffe ich unterwegs ja ein paar Leute, denen ich von Violi erzählen kann."
Als er mir komplett den Rücken zudreht, um in die andere Richtung zu laufen, werde ich nervös. Verdammt, er droht mir genau mit dem, was ich dachte. Aber er würde das doch nie tun oder? Früher hat er es doch auch nie jemanden erzählt!
Doch ich halte es einfach nicht aus. Ich habe zu große Angst. Ich ziehe mein altes Motorola Klapphandy aus der Tasche meines Rocks und schreibe Mom eine Sms, dass sie mich noch nicht abholen muss.
Ob sie nun stinkig ist, hin oder her. Ich werde es nicht riskieren, dass irgendwer erfährt, wie ich damals das komplette Restaurant vollgereiert habe. Ein grausamer Gedanke plagt augenblicklich meinen Kopf. Wenn er das Jessica erzählt. Dann weiß es die ganze Schule und ich kann direkt die High-School wechseln. Oder doch besser das ganze Land.
Schnell stecke ich das Handy wieder weg und jogge Harry hinterher. „Harry, warte mal!"
Er läuft weiter, als ich bei ihm ankomme. „Schon okay, Violet", sagt er und beachtet mich kaum. „Ich hab gecheckt, dass du nicht fahren willst."
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Violet Socks I HS
Fanfiction"Dich zu verlieren war etwas, womit ich nicht umgehen konnte." Das Schicksal verbindet Menschen, das Schicksal trennt Menschen. Aber manchmal weiß das Schicksal nicht, was es will und dann schlägt es zurück, und das mit Anlauf in violetten Socken...