Oben ist ein Gemälde, das mir jemand zu VS geschickt hat :) leider habe ich den Name verlegt, deswegen kannst du dich ja vielleicht hier mal bekannt gebe. :D
Was ein trostloses Gefühl, sich im Spiegel anzusehen und sich aber trotzdem nicht anzusehen. Schon seit zwanzig Minuten stehe ich in meinem schwarzen Kleid vor meinem Schrank und betrachte mich. Ich versuche über mich selbst nachzudenken, doch es gelingt mir nicht, auch nicht, als ich dachte, ich könnte es schaffen, etwas zu denken, das mich aufbaut. Etwas, wie Hey, Kopf hoch, es gibt milliarden Jungs auf der Welt, die dich behandeln, wie einen Goldschatz und dich lieben, mit allem, was sie haben, doch ich höre mir nicht mal selbst zu. Ich ignoriere mich vollkommen, völlig egal, was ich denke. Denn ich denke nur an Harry. Und was er getan hat. Und was passiert ist. Und wie sehr es wehtut, daran zu denken.
Heute findet die Beerdigung seines Vaters statt und ich weiß, ich werde ihm gleich wieder begegnen. Ich weiß, ich werde ihn ansehen und ich werde weinen wollen, weil er nun alles weiß. Ich habe mich zum Vollidiot zu ihm gemacht, damit er alles weiß. Ich hätte niemals gedacht, dass es so misslich sein kann, endlich alles zu wissen.
Meine Mutter ruft mich, damit wir zum Friedhof fahren können und ich laufe die Treppen herunter zu unserem Auto und setze mich auf den Beifahrersitz. Meinen Kopf lehne ich an die Lehne und bezwinge den Drang, die Augen zu schließen. Ich darf mich nicht zu sehr in meine Gefühle hineinsteigern.
„Du siehst hübsch aus", sagt Mom während der Fahrt zu mir und betrachtet mich von der Seite. „Das Kleid ist toll und deine Haare sind auch hübsch. Hast du dir den Pony geschnitten?"
Wie in Trance nicke ich.
„Verstehe. Aber deine Strümpfe fehlen. Wieso hast du sie heute nicht angezogen?"
„Ich wollte nicht."
Ich erkenne, wie Mom die Lippen schürzt und schweigend geradeaus sieht. Sie versucht ständig mit mir zu sprechen, doch weiß genau, dass es keinen Sinn macht. Ich habe ihr erzählt, was bei Harry passiert ist und nun versteht sie mich, sogar Rosy versteht mich. Benja und Charly verstehen mich, dabei wäre es mir lieber, wenn mich niemand verstehen würde, denn dann weiß ich, dass ich allen Grund habe, traurig zu sein. Ich will aber nicht zurecht traurig sein. Ich will aus Naivität oder Dummheit traurig sein, aber nicht, weil Harry mir diesmal wirklich wehgetan hat.
Viele Autos und Leute stehen am Friedhof und von Weiten sehe ich Williams noch offenes Grab. Unbewusst suche ich nach Harry, obwohl ich es unterlassen sollte, kann ihn jedoch nicht ausfinden. Stetig Anette sehe ich bei ein paar Verwandten und Freunden bereits am Grab stehen. Sie schnieft in ein Taschentuch, während Harrys Oma ihr tröstend über den Rücken streicht. Ich sehe sogar Estefania.
Wir steigen aus dem Auto aus und laufen über die große Wiese, ab und zu spüre ich Rosys Blick auf mir, als müsste sie sicher gehen, dass ich nicht falle. Ich weiß sogar, dass sie es deswegen tut. Und ich hasse es.
„Ach, Anette", sagt Mom zu Anette, die Mom in die Arme fällt und schluchzt.
Ich stehe mit Rosy daneben und blicke auf Williams Grab, auf dem bis jetzt noch nur ein Holzkreuz als Grabstein steht. Ich muss mich daran erinnern, wie ich mit William gesprochen habe und wie er meinte, dass du jemanden liebst, wenn du ihm die Macht gibst, dich zu verletzen und das sagt mir gerade vieles. Ich habe Harry oft die Macht gegeben, mich zu verletzen und er hat mir die Macht gegeben, ihn zu verletzen.
Aber wieso ... wenn es doch so ist ... Wieso müssen wir dann ... so sein?
„Hübsch siehst du aus", sagt Anette zu mir und streicht mir einmal mit zittrigem Atem über die Wange. Ich weiß, dass sie nicht wirklich weint. Sie weint und das ohne Tränen, ihr Make-Up sitzt noch immer perfekt und jetzt gerade hasse ich sie mehr, als alles andere. William hat ihr die Macht gegeben, sie zu verletzen, weil er sie liebte und sie hat es getan. Immer, ständig, ohne Gnade. Ich hasse sie dafür.
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Violet Socks I HS
Fanfiction"Dich zu verlieren war etwas, womit ich nicht umgehen konnte." Das Schicksal verbindet Menschen, das Schicksal trennt Menschen. Aber manchmal weiß das Schicksal nicht, was es will und dann schlägt es zurück, und das mit Anlauf in violetten Socken...