Kapitel 31 - Berry-Loser

30.4K 2.4K 694
                                    

Nur ein kleines Kapitel, weil ich jetzt noch das Kapitel von Remember Her Story schreiben muss :D

Tausend Gedanken durchfluten meinen Kopf, als sich unsere Lippen treffen, doch schon nach den ersten zwei Sekunden, in denen mir viel zu warm wird und mein Herz viel zu schnell pocht, beende ich diese Gedankenüberflutung und zucke vor Harry zurück, als hätte ich einen Stromschlag von seinen Lippen bekommen.

Was zur Hölle ist gerade mit mir passiert? Hat sich mein Hirn gerade für die letzten zehn Sekunde ausgeschaltet oder warum zur Hölle küsse ich Harry?

Wie erstarrt sehe ich Harry an, der sofort seine Hand von meinem Kopf genommen hat, weil ich mich so ruckartig von ihm entfernt habe. Er sieht mich an und scheint auf irgendeine Reaktion von mir zu warten.

Und dann frage ich mich, was ich eigentlich hier tue. Wieso zum Teufel bin ich überhaupt mit zu ihm gegangen? Er und ich, wir hassen uns, wir verbringen keine Stunden zusammen, in denen wir lachen oder füreinander kochen. Das ist absurd. Das alles ist absurd. Und vor allem küssen wir uns nicht. Das ist das Absurdeste.

Gerade will ich etwas sagen, um diese höchstunangenehme Stille zu unterbrechen, doch mein Handy beginnt zu klingeln. Es vibriert und hüpft etwas auf dem Tisch rum.

Wir beide sehen darauf und ich lese, dass Brandon mich anruft.

Verdammt. Brandon. Wieso küsse ich Harry, während ich doch eigentlich von Brandons Lippen fantasieren sollte? Ich bin doch keine Jessica!

„Ich fass es nicht", sage ich deswegen zu mir selbst und schnappe mir das Handy. Mit einer schnellen Bewegung stehe ich auf, während Harry mich mit enger Stirn beobachtet. „Was tue ich hier eigentlich?"

„Gute Frage", erwidert Harry darauf mit monotoner Stimme und sieht zu, wie ich mir mit zitternden Händen meine Boots auf dem Boden schnappe. „Vielleicht solltest du rangehen, jemand bittet nach dir."

Giftig sehe ich ihn an, als ich mich wieder aufrichte. „Sei bloß still, verstanden? Du bist hier das Arschloch von uns."

Mit leichter erhobener Braue sieht er mich an und mit einem Mal sitzt nicht mehr der Harry neben mir, der eben noch für mich gekocht hat, sondern Harry, wie ich ihn in den letzten vier Jahren kenne. „Ich bin das Arschloch?"

„Ja, du bist das Arschloch." Ich schiebe aggressiv meinen Stuhl an den Tisch. „Du hast eine Freundin, schon vergessen? Das ist das Letzte!"

„Und du datest Brandon, soweit ich das mitbekommen habe. Noch dazu hast du mich geküsst und nicht andersrum."

Weil mein Handy immer noch klingelt und es mich immer nervöser macht, drücke ich Brandon einfach weg. Ich werde ihn gleich sofort zurückrufen, aber erst mal muss ich von Harry verschwinden, wenn ich keinen Nervenzusammenbruch erleiden will. „Ich hab dich nicht geküsst", lache ich auf und schüttle den Kopf. Ich laufe aus der Küche raus, weil ich nicht ertrage, wie weich er mich gemacht hat. „Das war eine Kurzschlussreaktion, mehr nicht!", rufe ich, als ich durch den riesigen Flur laufe.

„Eine Kurzschlussreaktion", wiederholt Harry und folgt mir in den Flur. Er verschränkt die Arme und lehnt sich ruhig an die Wand, um mir zuzugucken, wie ich mir so schnell wie möglich, die Boots anziehe. „Es ist immer wieder amüsant, wie naiv du bist."

Ich presse die Lippen aufeinander, weil ich nicht glauben kann, wie er mit mir spricht. „Ich verstehe schon, ich hätte dich vorher durchschauen müssen. Dein Plan mit den Tortellini und dem Kochen und so, das war schon ziemlich raffiniert von dir."

„Nicht wahr?"

„Nur leider wird Jessica es nicht freuen, wenn ich ihr erzähle, was hier gerade abgelaufen ist", sage ich gehässig und stehe wieder auf, worauf ich ihm in die Augen sehe.

Harry wirkt viel zu desinteressiert dafür, dass er gerade noch für mich gekocht hat. „Du darfst nicht vergessen, dass du Berry-Loser bist, Berry-Loser. Niemand würde dir auch nur ein Wort glauben, außerdem verzeiht Jessica mir alles." Nun hebt sich sein rechter Mundwinkel etwas. „Aber ob Brandon mit alledem so einverstanden ist, ist eine andere Sache. Ward ihr nicht für Freitag verabredet? Anscheinend bist du doch nicht so klug, wie du denkst."

Wütend betrachte ich ihn und balle die Fäuste. Das hier ist definitiv wieder Harry, wie ich ihn kenne. Er kennt meine Schwächen und hat sie gegen mich verwendet. Und das Schlimme ist, dass er Recht hat, als er sagte, ich sei naiv. Ich bin naiv. Ich dachte, er meinte all die Sachen ernst, die er mir in den letzten Stunden sagte und das trieft vor Naivität.

Angewidert von ihm und seiner ganzen Gestalt, wie er redet und sich nonverbal ausdrückt, schüttle ich den Kopf. „Fahr doch zur Hölle, Harry." Ich drehe mich zur Haustür und reiße sie auf, doch nicht, ohne vorher mich nochmal zu ihm zu drehen. „Glaub bloß nicht, dass ich eines der tausend Mädchen bin, die du flachgelegt hast. So etwas wie heute Abend wird nie wieder vorkommen und noch etwas ... Rede keinen Ton mehr mit mir, wenn es nicht nötig ist. Jetzt gerade stirbst du ein zweites Mal für mich." Ein letztes Mal sehe ich ihn an, wie er neutral im Flur steht, noch immer an die Wand gelehnt und mir zuhört.

Dann gehe ich aus der Tür und noch bevor ich sie zuschmeiße, ruft er: „Ich lege sowieso keine Kinder mit Kniestrümpfen flach!"


Violet Socks I HSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt