11. Kapitel

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Lucy POV

Am nächsten Morgen klingelt es pünktlich um neun Uhr an meiner Haustür. Wie immer bin ich früh genug aufgewacht und bin bereit, diesen Trip in Angriff zu nehmen. Na gut, so bereit wie ich eben bereit sein kann. Denn das Gespräch mit Carlo bereitet mir immer noch grosse Sorgen. Ich weiss, ich habe einen Fehler gemacht und ich verstehe es, dass Carlo sauer ist, aber ich will nur, dass er mich anhört und mir die Chance gibt, alles zu erklären.

Ich versuche an etwas anderes zu denken, setze ein Lächeln auf, schnappe mir meine Tasche und öffne dann die Türe. Dort erwartet mich ein über beide Ohren grinsender Nick. Ich umarme ihn zur Begrüssung, dann gehen wir zum Auto, wo ich meine Tasche im Kofferraum verstaue. „Ist das dein Auto?", frage ich ihn neugierig.

„Nein, leider nicht", meint er. „Es gehört meinem Vater, aber ich darf es sehr oft ausleihen."

Ich nicke und nehme auf dem Beifahrersitz Platz, während er sich hinter das Steuer setzt. Nick startet sofort den Motor und fährt los. Die nächsten paar Minuten empfinde ich als sehr unangenehm, da wir nur schweigend nebeneinander sitzen und ich beim besten Willen nicht weiss, was ich sagen soll. Aber zum Glück nimmt Nick nach ein paar Minuten die Konversation in die Hand und wir beginnen über mehr oder weniger belanglose Dinge zu sprechen, bis er dann beginnt über seine Ex-Freundin zu sprechen.

„Ich liebe Festivals! Vor zwei Jahren war ich schon auf dem Southside mit meiner damaligen Freundin und zwei Kumpels. Und da musste ich leider eine ziemlich schmerzhafte Erfahrung machen. Während ich in unserem Zelt friedlich schlief hat sie im Zelt nebenan meinem besten Kumpel gevögelt", erzählt mir Nick und er schafft es, das sehr beiläufig klingen zu lassen.

Ich weiss gar nicht, was ich darauf antworten soll. „Das tut mir leid", sage ich schliesslich. Zum Glück nimmt unser Gespräch wieder eine andere Wendung und wir reden über unsere nächsten Reiseziele.

Nach einer guten Stunde kommt mir plötzlich in den Sinn, dass ich Nick noch erzählen muss, weshalb ich überhaupt zum Southside Festival gehen wollte, da ich normalerweise nicht so ein Festivalgänger bin. Zumindest würde ich nicht so eine lange Reise dafür in Kauf nehmen.

Ich hole tief Luft und beginne ihm schüchtern von meinem Plan zu erzählen: „Ich muss dir noch etwas gestehen. Es hat einen Grund, weshalb ich unbedingt zum Festival will. Du weisst ja bereits, dass mein Freund und ich so eine Krise haben und vielleicht haben wir uns auch getrennt, ich weiss es selbst nicht richtig. Jedenfalls herrscht bei uns das absolute Chaos und sein bester Freund hat mit Tickets für das Festival geschickt, um noch eine letzte Chance zu kriegen, das mit ihm zu klären und wieder gut zu machen. Das habe ich dir noch gar nicht erzählt, weil ich Angst hatte, dass du nein sagen würdest, weil du vielleicht das Gefühl hast, dass ich dich nur ausnutze oder so."

Für ein paar Sekunden bleibt es still im Auto und Nick schaut abwechselnd zu mir und dann wieder auf die Strasse. Ich befürchte schon das Schlimmste und hoffe inbrünstig, dass er mich nicht hasst, weil ich ihn schon irgendwie ausgenutzt habe. Natürlich wäre ich auch alleine hingegangen, denn Carlo ist mir eben sehr wichtig, aber es ist trotzdem angenehmer, wenn man das nicht alleine durchstehen muss.

„Versteh mich bitte nicht falsch", sagt Nick dann endlich, „ich fühle mich auch nicht ausgenutzt, denn ohne dich wäre ich nicht auf das Festival gegangen und hätte bestimmt ein paar coole Acts verpasst, aber ich verstehe nicht ganz, warum du dich ausgerechnet auf dem Southside mit deinem Freund treffen musst, um eure Probleme zu klären."

Nick scheint sehr verwirrt zu sein und man kann es ihm schon fast ansehen, wie er sich versucht daraus einen Reim zu machen. Zuerst weiss ich gar nicht, wovon er überhaupt gesprochen hat, bis es mir dann auffällt, dass ich ihm noch gar nie erzählt habe, dass mein Freund Cro ist.

Was wär das Leben ohne dich? (CRO FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt