26. Kapitel

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Lucy POV

Der Flug dauerte nur etwas länger als eine Stunde und er verlief super. Ich habe sowieso keine Flugangst, deshalb war das für mich nie ein Thema. Carlo ist schon kurz nach dem Start eingenickt und hat seinen Kopf gegen den meinen gelehnt. Seine rechte Hand hatte er die ganze Zeit über auf meinem linken Knie gelassen. Und ich habe aus dem Fenster geschaut und nachgedacht. Über Carlo, über meine Zukunft, über meine Freundinnen und über mich. Schlussendlich habe ich mich dazu entschieden, dass ich all meine Sorgen und Probleme zurück lasse. Solange ich in Italien bin will ich mich nicht mit negativen Sachen beschäftigen. Ich fliege Weg und lasse den ganzen Stress hinter mir zurück. Und plötzlich habe ich dieses Gefühl verspürt. Freiheit.

Endlich steht der Mann neben Carlo auf und holt sein Gepäckstück aus der Ablage. Dann können wir endlich aufstehen und das Flugzeug verlassen. Hand in Hand gehen wir durch den Flughafen. Zu Carlos Erstaunen hat die Passkontrolle für Einreisende geschlossen und wir können einfach durchlaufen. Dabei erkläre ich ihm, dass das in Italien keine Ausnahme ist. Es kommt des Öfteren mal vor, dass jemand keine Lust hat zu arbeiten und dann einfach nicht erscheint.

Am Gepäckband müssen wir dann aber eine halbe Ewigkeit warten und ich werde immer ungeduldiger. „Ich hab keine Lust mehr Carlo", maule ich und lehne meinen Kopf an seine Brust.

„Unsere Koffer kommen bestimmt gleich", murmelt er geistesabwesend während er auf seinen Handybildschirm starrt.

„Was machst du da?", frage ich neugierig und versuche einen Blick darauf zu werfen.

„Ich versuche gerade herauszufinden ob man hier Autos mieten kann. Wenn nicht müssen wir uns ein Taxi nehmen", erklärt mir Carlo und kratzt sich am Kopf.

„Oder wir gehen mit dem Zug", ergänze ich.

Er schaut mich an und bestimmt dann: „Bestimmt nicht! Mit dem Zug geht das noch Stunden!"

Ich zucke mit den Schultern und schweige. Klar wäre der Zug nicht meine erste Wahl gewesen, aber die Fahrt von Florenz nach Viareggio dauert ungefähr eine Stunde, was mit dem Taxi bestimmt nicht günstig ist.

Dann setzt sich zum Glück auch schon das Gepäckband in Bewegung und ich erblicke meinen Koffer. Geduldig warte ich, bis der Koffer auf meiner Seite ankommt und will ihn vom Band herunterheben, doch Carlo ist schneller.

„Ich hätte es auch alleine geschafft", protestiere ich, als er grinsend den Koffer auf den Boden stellt. Seine Reisetasche ist natürlich eines der letzten Gepäckstücke, die auf das Band gelegt werden. Carlo schnappt sich die Tasche und wir können endlich losgehen. Zum Glück hat er vorher gleich ausserhalb vom Flughafen ein Geschäft gefunden, das Autos vermietet.

„Es stinkt", stelle ich fest und rümpfe angewidert meine Nase. Carlo lacht nur.

Wir stehen mittlerweile vor dem kleinen Geschäft, das von einem riesigen Parkplatz umgeben ist. „Bitte lass mich im Geschäft reden, denn sonst verarschen die uns mit dem Preis, weil sie denken dass wir Touristen sind", bete ich Carlo und schaue ihn prüfend an. Er zuckt nur mit den Schultern und nickt.

Das Geschäft wird von zwei eher älteren Herren geführt. Beide erscheinen mir auf den ersten Blick sehr ungepflegt und nicht besonders freundlich. Trotzdem nehme ich meinen Mut zusammen und frage sie in meinem schönsten Italienisch, ob wir bis am Mittwoch einen Wagen mieten können. Sie können es natürlich nicht lassen und machen ein paar Witze, weil sie denken, dass ich noch gar nicht achtzehn bin und gar nicht Autofahren kann und so weiter. Ich spüre, wie Carlo meine Hand fester drückt und lasse die Witze deshalb mit einem erzwungenen Lächeln über mich ergehen.

Fünf Minuten später treten wir wieder aus dem Laden, mit einem Schlüssel für einen knallroten Fiat Punto. Ich entdecke ihn gleich auf Anhieb, denn es ist das einzige rote Auto auf dem ganzen Parkplatz.

Was wär das Leben ohne dich? (CRO FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt