Kapitel 29

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Francescas Sicht

Diego und ich waren gerade auf den Weg ins Kino. Ich hatte vorgeschlagen, das wir morgen hingehen, weil uns der Film ja nicht wegläuft, aber er wollte unbedingt heute etwas mit mir machen. <<Worum geht es eigentlich in diesem Film?>> fragte ich neugierig und schaute aus dem Fenster seines Wagens. <<Du kannst es dir aussuchen. Entweder ein Liebesfilm, in dem man ganz klassisch die großes Liebe findet und zusammen alt wird. Oder der Actionfilm, der ach etwas mit Liebe zu tun hat, weil die Frau erfährt, das ihr ach so friedlicher, geliebter Mann ein Spion ist.>> Bei den letzten Worten zuckte ich fast zusammen. Ahnt er irgendwas? Will er mir irgendwas damit sagen? Doch Diego schwieg und konzentrierte sich einfach weiter auf das Fahren. <<Letzteres. Ich war schon in so vielen Liebesfilmen, die dann eh immer gleich ausgehen. Ein bisschen Spannung schadet bestimmt keinem.>> Wir lächelten uns gegenseitig an. Und mir wurde klar, das ich nicht die einzige, die etwas verheimlichte. Diego wusste etwas, über mich, aber er sprach mich nicht darauf an. Als wir ausstiegen, nahm Diego meine Hand und zog mich ein Stück an sich. <<Gehen wir?>> fragte ich und strich mir mit der freien Hand eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die mir die Sicht versperrte. <<Wie du willst.>> sagte er charmant. Wir bekamen sogar noch zwei Plätze in der letzten Reihe. Der Kinoraum war fast leer und nur ein paar einzelne Leute saßen in den unterschiedlichen Reihen verteilt. Während die Werbung lief, lehnte ich mich an Diego und schloss für einen Moment die Augen. Ich musste einfach die Nähe zu ihm genießen, weil mir mein Bauchgefühl sagte, das es vielleicht nicht immer so sein wird. Ich konnte es nicht genau beschrieben, aber ich wusste es einfach. <<Es geht los.>> flüsterte Diego mir ins Ohr und griff nach der Tüte Popcorn, die zu unseren Füßen stand. Der Film war wirklich sehr interessant, aber ich fühlte mich irgendwie mit er Handlung verbunden. Ich liebe Diego auch über alles, kann ihm aber einfach nicht sagen, das ich ein Spion bin. Was soll er dann nur von mir denken? Wahrscheinlich hält er mich für eine irre, gewalttätige Mörderin und will nie wieder etwas mit mir zu tun haben. Ich hoffe nur, das wir wenigstens bevor er es erfährt, viele schöne Momente teilen können. <<Du schreist ja gar nicht, wie all die anderen Mädchen in Actionfilmen, wenn jemand erschossen wird.>> sagte er, als gerade einer der Feinde abgeknallt wurde. <<Naja, sagen wir es mal so: Ich bin nicht so, wie die anderen Mädchen.>> sagte ich und musste daran denken, das ich nicht selten, selbst jemanden mit einer Pistole erschossen habe. Klar meistens waren das nur <Bösewichte>, die irgendjemand anderen umbringen wollten, aber dennoch fühle ich mich schuldig. Immerhin habe ich das Leben von all diesen Menschen beendet. Die ganzen Familien, die sehnsüchtig auf das Zurückkehren ihrer Liebsten gewartet hatten und dann erfahren mussten, das all diese Geduld umsonst war, weil die niemals wieder kommen würden. Ich war kurz davor mit weinen anzufangen, aber ich wollte nicht als das dumme, kleine Mädchen dastehen, das ohne Grund weinte. Vielleicht habe ich ja Glück, und im Film passiert gerade etwas trauriges, aber die Wahrscheinlichkeit, das man in einem Actionfilm etwas trauriges passiert steht ungefähr bei 30%. Und das ist mir nun wirklich zu wenig, also riss ich mich zusammen und schaute wieder auf die große Leinwand. Wie ich feststellen musste, kam schon das entscheidende Ende. Der Nervenkitzel, der mich an solchen Stellen sonst immer erwartete, blieb einfach weg. <<Wie hast du den Film gefunden?>> fragte mich Diego, als der Abspann kam. <<Toll. Ich fand die Sichtweise der Frau sehr interessant.>> Um ehrlich zu sein, hatte ich keine Ahnung, ob es die Sichtweise der Frau überhaupt gab, aber anscheinend schon, den Diego nickte. <<Ja, das war wirklich aufschlussreich.>> Ich hätte nicht erwartet, das meine Worte sinnmachten, aber vielleicht ist ja heute mein Glückstag. Aber ich wollte mein Schicksal nicht zu sehr auf die Probe stellen, deswegen sagte ich nichts weiteres dazu. Diego brachte mich noch nach Hause, wo ich ausstieg und ihn zum Abschied küsste. <<Ach Francesca?>> fragte er, noch bevor ich hinter der Haustür verschwinden konnte. <<Ja?>> Ich lächelte ihn an, und ging ein paar Schritte zurück. <<Soll ich dich morgen wieder anholen?>> In seinen Augen erkannte ich, das es besser war, nicht abzulehnen. Ich hatte echt keine Ahnung, wieso das so war, aber es fühlte sich nun mal richtig an. Ich hatte heute schon einmal dieses Gefühl gehabt, und ich sollte wahrscheinlich darauf hören. <<Das wäre nett.>> Ich lächelte ihm noch zu, und ging dann rein.

Diecesca und Fedemila-Spione liebt man nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt