Kapitel 36

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Ludmilas Sicht

Tränen bildeten sich in meinen Augen. Ich mache das richtige! Es ist das beste für alle beteiligte, wenn ich mich einfach für das Wohl der Allgemeinheit opfere. Es kann sein, das meine Eltern enttäuscht sein werden und sich weigern zu meiner Beerdigung zu kommen, weil sie den Gedanken verabscheuen, dass ich aus Liebe gestorben bin. Aber das kann mir doch eigentlich egal sein, oder? Immerhin waren sie nie für mich da, wenn ich sie gebraucht habe. Und nur mal so: Als fünfjährige wünscht man sich zu Weihnachten vielleicht eine Barbiepuppe oder so, aber doch keinen Handgranate! Wenn sie mir einmal zugehört hätten, wüssten sie, das ich keine Spionin mehr sein will, sondern Medizin studieren will. Ich habe ihnen vor einem Jahr erklärt, das ich andere Pläne haben, aber sie haben es einfach ignoriert und mir weiterhin dämliche Geschenke von ihren Missionen mitgebracht. Eine Postkarte oder ein einfaches Souvenir hätte auch gereicht, aber es musste ja Waffen und andere Dinge sein, die man als Spion cool findet. Ich liebte meine Eltern, das konnte ich nicht abstreiten, aber sie hatten mich zu einem Killer gemacht. Ein Mörder, der ohne zu zögern handelt und skrupelloser nicht sein kann. Ich meine, was bin ich für ein Mensch, wenn ich die Person, die ich über alles liebe umbringen will, nur weil ich sonst meine >Eltern enttäuschen würde? Ach ja richtig gar keiner. Denn das ist bestimmt alles, aber sicherlich kein menschliches Verhalten. Und so will ich einfach nicht mehr sein! Federico zögerte immer noch und starrte mich an. Den Griff meines Armreifens hatte er fest in der Hand und war bereit, ihn zu benutzen, wenn es nötig werden sollte. <<Worauf wartest du? Du darfst keine Zeit verlieren! Erschieß mich einfach und renn so schnell du kannst weg, damit du in Sicherheit bist!>> Aber er hörte nicht auf mich. <<Sag mir erst, wo meine Schwester ist!>> forderte er und klang mit seinem italienischen Akzent richtig gefährlich. Aber wovor sollte ich Angst haben? Sterben werde ich sowieso. <<In Sicherheit. Sie ist geflohen.>> sagte ich also schulterzuckend. <<Wohin?>> Wie viel will er eigentlich nicht noch wissen? <<Keine Ahnung.>> Er kniff die Augen zusammen. <<Du lügst! Sag mir sofort, wo sie ist!>> Ich verdrehte genervt die Augen. <<Du könntest versuchen, meinen Bruder zu erreichen, aber ich habe im einmal geraten, das wenn er abhaut, auf jeden Fall sein Handy zerstören soll, weil man so Vermisste aufsuchen kann. Also hast du wahrscheinlich ziemlich schlechte Karten.>> Ich wusste nicht, wieso ich ihm so kalt gegenübertrat. Vielleicht, weil er auch nicht unbedingt freundlich zu mir war. Wahrscheinlich wollte er mit dem Kuss nur erreichen, das ich weich werde und ihn gehen lasse. Aber das kann mir egal sein, wie so vieles, denn ich werde sterben. <<Okay, danke.>> Jetzt lächelte er und ich konnte nicht wirklich verstehen, wieso. Sollte es mitleidig wirken, weil ich bald die Radieschen von unten ansehe oder freut er sich so, das er mein Testament zum Einsatz bringen kann? <<Kannst du dich jetzt bitte beeilen? Ich würde ja gern sagen, das ich noch etwas vor habe, aber das geht schlecht, wenn man tot ist, also sag ich einfach: Erschieß mich bitte, bevor meine Haut beginnt Falten zu bilden und ich als alte Frau unter die Erde gebracht werden soll.>> Wenn das jetzt ein Film wäre, hätte ich wahrscheinlich angefangen  zu lachen, aber wenn man es selbst erlebt, ist das garantiert nicht lustig. Also richtete er den Armreif wieder auf mich und ich wünschte, ich würde durch eine coolere Waffe sterben. Wenn es dort oben so etwas, wie einen Himmel gibt und die mich dann fragen: Und, wie bist du gestorben? Dann muss ich sagen: Mein Freund, den ich umbringen wollte, hat mich mit einem Armreifen erschossen. Aber ich würde wahrscheinlich sowieso in die Hölle kommen, wegen den ganzen Sünden, die ich begangen habe. <<Ich kann das nicht!>> rief Federico jetzt und schleuderte den Armreifen gegen die nächste Wand. <<Warte! Nicht werfen!>> schrie ich, doch natürlich explodierte das Ding noch während es abprallte. <<Achtung!>> rief Fede und stürzte sich auf mich. Dann sah ich nur noch Rauch und Dunkelheit.

Diecesca und Fedemila-Spione liebt man nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt