Kapitel 70

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Lukes POV

Als ich ihr hinterher sah, spürte ich einen Anflug von Verlangen nach ihr. Ich wollte sie wieder berühren und alles um mich herum vergessen. „Verdammt, dieser Arsch...", murmelte Dave und sofort richtete ich wieder meine Aufmerksamkeit auf ihn. „Jetzt weiß ich, warum du sie nicht loslassen kannst...so einen Körper zu vögeln, ist sicher der Himmel auf Erden...", machte er provokant weiter und biss sich hin und wieder vor Schmerzen auf die Unterlippe. „Hör auf über sie zu reden...", murrte ich und starrte ihn kalt an. „Wieso...? Erträgst du es nicht, dass ich eigentlich die Macht besitze, dieses Mädchen dir auch wegzunehmen...?

Sie wäre ein viel spannenderes Spielzeug geworden als Kathy." Dass Kathy verschwand und somit Grace verfolgte, bemerkte ich nicht. Mein Hass und meine Wut auf den Kerl am Boden waren immens.

„Du hättest Grace gar nicht bekommen können...Grace ist keine Tussi, die auf deinen Mist reinfallen würde...wie es Kathy tat." „Dann hätte ich sie eben gezwungen. Mädchen sind immerhin nur Spielzeuge...wie Wäsche, die man täglich wechselt. Gerade du müsstest das wissen." Stille überkam uns, nur unsere Blicke führten einen erbitterten Kampf aus.

In dem Moment, als ich den letzten Satz hörte, kamen Erinnerungen hoch. Erinnerungen, wie ich täglich Mädchen abgeschleppt hatte und sie benutzt hatte, um meinen Schmerz zu verbergen, ganz egal, ob ich sie verletzte oder nicht.

Auch meine erste Begegnung mit Grace kam mir wieder in den Kopf. Ich wollte sie benutzten, genauso wie die anderen Mädchen. Ihre Abweisung brachte mich dazu, sie nicht zu mögen. Gleichzeitig aber weckte das die Sorte von Interesse in mir, was ich vor Jahren hinter einer Mauer verbarg. Grace machte mich wieder zu dieser Sorte von Person, die ich früher war.

Ich biss die Zähne zusammen und richtete die Pistole auf sein Herz. „Grace gehört mir...und nur mir...du Mistkerl", knurrte ich leise und war bereit zu schießen, doch etwas in mir hinderte mich daran. Dave schloss langsam die Augen und wartete, aber als er merkte, dass nichts kam, fing er an zu grinsen.

„Gott, diese Bitch hat dich ja richtig weichgemacht", lachte er provokant. Kein Laut kam von meiner Seite. Meine Hand, welche die Knarre in der Hand hielt, fing an zu zittern. „Du bist so schwach...", murmelte er langsam mit einem Grinsen in seinem Gesicht. Wie gern ich ihm den Kopf wegpusten würde! „Nein Dave", erwiderte ich erstaunlich ruhig und senkte meinen Arm.

„Du bist derjenige, der hier schwach ist", setzte ich fort. Daves Grinsen verschwand augenblicklich aus seinem Gesicht. „Sieh dich um. Hier gibt es kaum noch jemanden, der hinter dir steht. Du hast gar kein Ziel vor Augen. Gar keine Sache wofür du kämpfst. Ich hingegen habe ein Ziel vor Augen." „Was? Mich umbringen?" „Nein. Grace", antwortete ich entschlossen. Dave sah mich augenblicklich belustigt an. „Genau das unterscheidet uns voneinander." Daves Grinsen verschwand wieder, als ich emotionslos weiter sprach.

„Du stehst allein und weißt nicht, wie es ist, jemanden an seiner Seite zu haben, der dich vor dem Fallen bewahrt. Eifersucht hat dich geleitet, das habe ich von Anfang an gewusst...aber jetzt..." ich lehnte mich etwas weiter vor. „...ist dir alles zum Verhängnis geworden", knurrte ich die letzten Wörter. „Ich werde dich nicht töten, das ist nicht meine Art. Ich werde dich hier lassen...und zusehen wie deine Fehler dich selber in die Luft sprengen."

Daves Hautfarbe verblasste und starrte, mich an. Ich spazierte im Rückwärtsgang zurück. „Vielleicht sehen wir uns ja oder halt! Du schmorst ja in der Hölle", hing ich noch dran und ließ Dave zurück. Obwohl ich raus lief hatte ich das Gefühl, dass ich es nicht mehr raus schaffen würde. In meinen Gedanken sah ich Bilder hochkommen.

Bilder aus meinen Kindertagen, die ich mit Michael, Calum und Ashton verbracht hatte. Ich bereute es, dass ich ihnen nie gesagt hatte, wie froh ich war, dass sie mir damals gefolgt waren. Ich kann mir nicht ausmalen, was passiert gewesen wäre, wenn ich allein dagestanden wäre. Sie haben mich nie hängengelassen, egal wie oft ich es versaut hatte. Ich war ein Arschloch ihnen gegenüber gewesen und trotzdem sie blieben bei mir. Sie waren meine Brüder.

Dann erschien Grace in meinen Gedanken. Ihre dunklen Augen, die mich immer in ihren Bann zogen. Ihre wunderschönen und weichen Haare, welche manchmal ihr göttliches Gesicht verdeckten, wenn sie verlegen war. Ihre sarkastische und zickige Art, wenn ich sie aufzog oder ihre mitfühlende Seite. Ihr Lachen, welches immer in mir ein wohliges Gefühl auslöste. Ihre vollen Lippen, nach denen ich mich immer wieder aufs Neue sehnte, sobald sie meine Lippen verließen. Ihre verführerische Seite, nach der ich immer verrückt wurde, sobald Grace diese auch nur ein bisschen einsetzte.

Was zum Teufel habe ich vorher mir gedacht? Ich darf nicht sterben! Ich war Luke Hemmings, ich scheiße auf die Bombe die jeden Moment in die Luft gehen könnte! Mit jedem Schritt wurde ich schneller. Mein Ziel war Grace, ich werde sie garantiert nicht enttäuschen!

Als ich an den Maschinen vorbei rannte, stolperte ich fast über Kathys leblosen Körper. „Was zur Hölle...??", rief ich und sprang über sie. Wenn ich so weiter machte, könnte ich ja glatt bei der nächsten Olympiade mitmachen!

Wie ein Irrer riss ich die nächste Tür auf, rannte den zweiten Gang entlang und befand mich auch schon im letzten großen Raum, in dem ich Grace rettete. Alles an mir ging spurlos vorbei. Gleich war ich draußen!

Kurz bevor ich draußen war, hörte ich einen ohrenbetäubenden Knall und eine starke Druckwelle riss mich mit. Ich zuckte zusammen und wurde buchstäblich raus geschleudert. Raus ins Freie. Unsanft landete ich auf den Boden und schützte mein Gesicht vor weiteren Verletzungen. Ich blieb am Boden und rührte mich solange nicht bis ich mich vergewissern konnte, dass es vorbei war. An meinen Armen spürte ich Schnittwunden, doch als ich eine vertraute Stimme hörte, war mir alles egal. „Luke wo bist du!", schrie Grace verzweifelt.

Langsam öffnete ich die Augen und fand mich in einer Staubwolke wieder. „Verdammt, das mache ich garantiert nie wieder...", knurrte ich mit zusammengebissenen Zähnen, als ich mich erhob und die Schmerzen spürte. Ich sah mich um. „Luke!", hörte ich wieder Grace, diesmal hörte ich, wie die Kraft in ihrer Stimme nachgab. Ich sah in die Richtung, von der ihre Stimme kam und fing an, auf diese Richtung loszugehen. „Grace", meine Stimme war heiser, daher wurde ich nicht von ihr gehört. Trotz der Schmerzen versuchte ich, so schnell es ging aus der Staubwolke raus zu humpeln.

Als sich die Staubwolke endlich lichtete sah ich einige Meter vor mir eine zierliche Gestalt. „Grace...", wisperte ich erleichtert und humpelte auf sie zu. Mein Mädchen.


Different worlds ~Luke Hemmings FF~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt