Kapitel 21 - Eine andere Seite

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Anna...

Als ich die Kugel auf mich zu fliegen sehe, kann ich Allys furchtbaren schreie hören. Unaufhör-lich, versucht sie sich von L los zu reißen und Torell die Waffe zu entreißen, doch es ist eh längst zu spät. Sein Blick, als er abgedrückt hat, war entschlossen und motiviert, dass hierdurch zu ziehen. Ich kann spüren, dass es geschehen muss, es ist die richtige Zeit.

Ich war nie mehr bereit, als jetzt, es endlich hin-ter mich und uns zu bringen. Ich renne nicht weg, ich bleibe an Ort und Stelle stehen. Ich werde ihnen endlich keine Last mehr sein und auch Will kann endlich damit abschließen, dass der Mensch, den er so hasst, endlich aus seinem Leben verschwindet.

Ich atme noch einmal tief durch, denn die Kugel wird mich bald treffen. Wie wird es wohl sein, wird es schmerzvoll? Bestimmt. Werde ich die Schmerzen ertragen? Ganz sicher! Werde ich endlich eine von ihnen? Wir werden sehen.

Kurz bevor mich die Kugel trifft, jagt mir nur noch ein Gedanke durch den Kopf: Will.

Die Bilder der Geschehnisse, blenden sich von meinen Augen auf, wie ein kleiner Kinofilm. Da ist die Entführung, wie er mich gerettet hat. Wie ich ihn zum ersten Mal sah und direkt von sei-ner Schönheit geblendet war. Da ist Ally, die die ganze Zeit für mich gekämpft hat, deren Schreie unausstehlich sind. Da ist der restliche Trupp, der mich aufgenommen hat, als wäre ich eine von ihnen. Sie haben alles für mich gegeben. Ich darf sie jetzt nicht enttäuschen.

Als mir klar wird, dass ich auch für sie kämpfen muss, öffne ich schnell meine Augen. Wenn ich sterben werde, dann nicht mit wehenden Flag-gen. Nein! Ich werde das hier überstehen, so wie Torell es mit seinem Blick verlangt. Ich balle meine Fäuste und setze einen ernsten Blick auf. Ich atme noch einmal tief durch, ehe die Kugel nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt ist. Ich warte förmlich auf den Einschlag.



Ally...

Keuchend, hält L mich in seinen Armen, er lässt mich nicht los. Es wäre ein leichtes für mich, Anna da raus zu holen, sie von ihrem Leid zu erlösen, doch Torell würde mich aufhalten, dass weiß ich. Ich weiß nicht, was er vorhat, doch sie umzubringen, ist nicht die Lösung für unser Problem. Ich schreie ihn immer wieder an, die Kugel abzufangen, doch er bewegt sich nicht. Sein Blick ist durchdringend und ent-schlossen. Heiße Tränen rinnen mir über meine Wangen, als die Kugel sie fast erreicht hat und ich die Luft vor Spannung anhalte. Ich will nicht hinsehen, doch ich muss. Für uns alle, wird dies ein schwerer Tag sein, dass weiß ich genau, doch wird Torell es Will erklären müssen. Ich werde mich raushalten, ich habe alles gege-ben.

Wenige Zentimeter trennen Anna von der Ku-gel, als sie plötzlich die Augen öffnet. Die Kugel scheint sie fast zu treffen, ehe sich plötzlich um sie rum, eine kleine weiße Aura bildet. Als die Kugel sie trifft, prallt sie an der eigentlichen Einschlagsstelle einfach ab. Ihre Augen haben sich verändert, sie sehe aus wie meine. »Anna! «, brülle ich, ehe ich einen Schritt nach vorne mache, doch Torell hält mich zurück. Einen kur-zen Augenblick, sehe ich ihn an, doch als ich Anna wieder ansehe, bildet sie plötzlich, wie von Geisterhand, eine kleine Druckwelle, die auf uns zukommt. Schnell schließe ich meine Augen und kreuze meine Arme vor meinem Gesicht, als sie uns trifft. Torell und L tuen es mir gleich. Meine Haare wehen im Wind, und meine Sicht ist durch den aufgewirbelten Dreck sehr schlecht.

Was zum Geier war das denn bitte? Sie muss wirklich das Mädchen aus der Prophezeiung sein, denn ich habe noch keinen Vampir vor ihr gesehen, der dazu im Stande war, eine Kugel von sich abprallen zu lassen.

Blood Hunter - Hunt or be huntedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt