Kapitel 12 - Ankunft

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ie Fahrt kommt mir vor, wie eine Fahrt in den Urlaub. Früher bin ich oft mit meinem Vater weggefahren, auch wenn es nur ans Meer ging, nicht weit entfernt von Zuhause.

Genau so nervös, wie ich als Kind immer war, bin ich es jetzt. Denn irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, das Tiere haben, bevor sie auf die Schlachtbank gefahren werden.

Eine Zeit lang, hat niemand etwas gesagt, lediglich Tors leises Aufstöhnen war zu hören, weil die Schmerzen weiter anhielten. Seit wir in dieses Auto gestiegen sind, herrscht eine komische Stimmung: Ally ist freundlich, doch besorgt um Torell. Tor scheint seinen Zustand gut auszuhalten, verständlicherweise ist er etwas genervt. Und Will, den traue ich mich nicht anzusehen.

Immer wieder lasse ich meinen Blick über die Landschaft schweifen, um mich abzulenken, denn es fällt mir schwer, ihn nicht über den Clan auszuquetschen, seit Ally mir offenbart hatte, dass wir nicht zurück zum Container fahren, sondern zum Clan.

»Du brauchst nicht nervös zu sein«, versichert L mir leise und holt mich damit aus meinen Gedanken.

Langsam drehe ich meinen Kopf zur Seite, erschrocken darüber, dass er doch wieder mit mir redet.

»Ich...kann wohl nichts dagegen tun, tut mir leid. Stört es dich?« Aufgeregt rutsche ich auf dem Sitz hin und her.

»Du bist schon was Besonderes, man kann nicht sagen, dass du es nicht bist", sagt er anerkennend aber immer noch den Blick auf die Straße gerichtet.

»Wie meinst du das jetzt?« Verdutzt sehe ich ihn an.

»Sagen wir es so...«, er macht eine kurze Pause. »Wie man vielleicht annehmen könnte, so wird es den Menschen jedenfalls in Büchern und Filmen verkauft, wäre es ein leichtes für uns, eure Spezies in unsere zu verwandeln. Dem ist definitiv nicht so. Die Statistik zeigt uns, dass es lediglich zehn Prozent der Infizierten in Phase zwei der Transformation schaffen. Dies hat zur Folge, dass die meisten eurer Spezies sterben. Sie schaffen es nicht, weil sie zu schwach sind.« Er verzieht keine Miene während er spricht. »So weit war alles verständlich?«

Belustigt sehe ich ihn an. »Will hatte Recht.«

»Womit?«, fragt er neugierig.

»Damit, dass du ein Klugscheißer bist«, sage ich lächelnd und berühre seinen Ellbogen mit meinem. Doch anstatt ebenfalls zu lachen, sieht er lediglich unbeholfen nach vorn auf die Straße. Er weiß wohl nicht, was er sagen soll.

»Ist schon ok. Ich verstehe das, jedem das Seine«, sage ich, um die Situation weniger unentspannt zu machen, doch es scheint nicht zu helfen.

»Ist es ein Verbrechen, sich auf Zahlen zu verlassen? «, fragt er vorwurfsvoll.

»Überhaupt nicht. Ich meine, nur, dass das vielleicht nicht alles ist.«

»Ich bin gerne über alles informiert und weiß, wie hoch die Statistik ist. Es war übrigens zu zehn Prozent wahrscheinlich, dass du verschwindest. Ich hätte aber gedacht, dass du dich aus dem Staub machst, um nach Hause zu kommen. Ich dachte wirklich, dass du Jemand bist, der kneift und sich seinem neuen Leben nicht stellt.«

So, wie er das sagt, habe ich das Gefühl, er ist ein wenig beeindruckt.

»Habe ich denn eine Wahl?«

»Nun ja, die hast du tatsächlich. Du könntest dir zeigen lassen, wie das Leben als Vampir so ist und dich dementsprechend der Menschen-Welt anpassen. Dies hätte aber zur Folge, dass du Clan-los wärst, was bei uns Verrat bedeutet. Du könntest nie wieder zurück, kein Clan-Leiter würde dich zurücknehmen, die Schande wäre zu groß.«

Blood Hunter - Hunt or be huntedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt