KAPITEL 1

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Das Taxi stoppte vor dem See. Genau dort, wo ich es haben wollte.
"Vielen Dank" sagte ich, als ich die Tür öffnete.
"Soll ich Ihnen mit den Gepäck helfen? "
"Nicht nötig" sagte ich und öffnete den Kofferraum. Es war ein Koffer und eine große Sporttasche darin.
Ich musste lächeln bei dem Gedanken an meinen Plan. Es hatte einige Nächte YouTube erfordert, aber jetzt war ich bereit.
"Einen schönen Tag wünsche ich, meine Dame"
"Danke, gleichfalls. Auf Wiedersehen!"
Ich lächelte den Mann an. Er lächelte zurück. Niemals würde er erahnen können, was sich hinter dem unschuldigen Lächeln des Mädchens befand, dem er gerade geholfen hatte, sich zu rächen.
Das Taxi fuhr davon. Es hatte mich viel zu viel Geld gekostet, diese ganze Aktion tat es. Aber es war alles wert.

Ich lief um den See. Der Mond spiegelte sich in den glatten Wellen. Die Rollen des Koffers hüpften über den holprigen Weg. Irgendwann kam ich an eine breite Brücke, groß genug um mit dem Auto rüberzufahren. Mein Schritt beschleunigte sich, die Vorfreude trieb mich an. Bald kam das Tor in Sicht, von einer Perspektive aus der ich sie noch nie gesehen hatte. Ich lief vorbei.
Vorsichtig schlich ich an der Außenseite des Zauns entlang, bis ich die richtige Stelle gefunden hatte. Dann holte ich die Stahlschere aus meiner Tasche, zumindest nannte ich sie so.
Ein wenig angespannt aufgrund des Lärms, den sie machte, Schnitt ich so schnell wie möglich ein Loch durch den Zaun, so ähnlich wie jenes Loch das ich damals gefunden hatte. Dann packte ich ihn wieder in die Tasche und kletterte durch das Loch.
Stolz sah ich mich um. Ich war drinnen- das war schonmal der erste Schritt.
Dann holte ich ein Gerät aus dem Koffer, auf das ich besonders stolz war. Es sah aus wie eine veraltete Spielkonsole. Es hatte Tage gedauert, diese Teil zu bauen, was ich natürlich niemals ohne das Internet geschafft hätte. Andächtig drückte ich auf den Knopf. Die Lichter gingen aus, tunkten alles in die Dunkelheit der Nacht. Erleichtert atmete ich aus. Es hätte funktioniert. Ich ging auf das große Gebäude zu. An jede Ecke klebte ich ein wenig kaugummuartiges Zeug mit einem Empfänger in der Mitte. Dann duckte ich mich und drückte auf einen anderen Knopf auf meinem selbstgebauten Gerät. Es gab einen ohrenbetäubenden Lärm. Beton begann zu brechen. Ich jubelierte innerlich und dachte an die Wirkung, die mir diese Seite versprochen hatte. Es stimmte. Vorsichtig kletterte ich durch eines der entstandenen Löcher. Rotes Licht leuchtete im Inneren und eine Sirene heulte. Ich war in einer Art Labor. Behälter wurden von der Explosion umgeworfen und die Chemikalien verteilten sich auf dem Boden. Menschen in weißen Kittel liefen verstört umher. Einige sahen mich und schrien, aber es wurde durch das allgemeine Chaos verschluckt.
Die Tür, die zu dem Gang mit den Zimmern führte, öffnete sich. Soldaten stürmten rein, stellten sich auf und brüllten, ich solle mich ergeben. Ich griff in meine Jackentasche und knetete ein Päckchen mit Pulver in meiner Hand. Die Hitze meiner Haut brachte das Plastik zum Schmelzen, und die zwei verschiedene Feststoffe reagierten miteinander. Ich warf den Staub in den Raum, und es entand dicker, schwarzer Rauch. Die Soldaten schossen in die Dunkelheit, doch ich stand nicht dort, wo sie mich vermuteten. Ich schlich zu ihnen, hielt jedem von ihenen für einige Sekunden ein Tuch vor die Nase, verdeckt von der Schwärze des Nebels. Als er sich legte, waren sie alle außer Gefecht. Lagen wie Leichen auf dem Boden. Ich nahm die Waffe eines Soldats und ging durch die Tür auf den Flur, ließ die Typen in den Kittel verängstigt zurück.
An den Flur erinnerte ich mich. Ich klebte an das Schloss jeder Tür ein wenig Sprengstoff, dann zündete ich mithilfe meiner Bedienung. Es machte unglaublich viel Lärm, und ich fürchtete weitere Soldaten während die erste Objekte aus ihren Zimmern schlichen.
"Thalia?"
"Was tust du hier? Wie...?"
"Was ist passiert?"
Sie kamen auf mich zu, Tränen in den Augen. Sie sahen so zerstört aus wie ich es damals war.
"Alles wird gut" flüsterte ich.
Sam war da. Seine Augen waren wieder normal, so blau wie früher. Er kam auf mich zu und küsste mich.
"Danke" wisperte er in mein Ohr, "Danke dass du noch am Leben bist"
"Bring die anderen in Sicherheit " rief ich ihm zu, als sie durch die Tür in die Labore rannten.
Dann lief ich weiter, das Gewehr fest in meinen Händen. Dorthin, wo das Arschloch mich damals immer hingebracht hatte.
Es sah aus wie das innere eines Bürogebäudes. Ich lief weiter, bis ich an eine Stahltür kam, zu groß, um sie aufzubrechen, zu dick um zu sprengen.

Ich legte die Sachen neben mich, dann setzte ich mich. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich nur auf eines- den Tod.
Ich verließ meine menschliche Hülle, erkannte die Grenzenlosigkeit meines Geistes. Ich zuckte nicht zurück. Dafür hatte ich trainiert.
Ohne die Grenzen meines Körpers war ich frei.
Nichteinmal diese Safe- ähnliche Tür machte mir Probleme. Ich schwebte durch sie, in den Raum, der dahinter lag. Dort waren sie, die hohen Tiere dieser Organisation. Männer und Frauen in Anzügen. Sie saßen dort starrten auf Kameras die trotz des Stromausfalls funktionierten und wartete auf ihren Tod. Der Raum war ein Bunker, ihr Versteck.
Große Bildschirme dekorierten die Wände, Akten sammelten sich in der überfüllten Schränken.

Ich sah mir die Menschen genau an. Eine schwarzhaarige Frau, ihre Haare in einem strengen Knoten gebunden. Ein asiatischer Mann, ein anderer, der ziemlich alt schien. Ein blonder Mann, der mir sehr bekannt vor kam.
In der Ecke waren meine Eltern, je an einen Stuhl gefesselt. Ihre Gesichter sahen krank aus, faltig wie Papier und weiß, aufgeweicht von all den Tränen. Aber sie lebten.
Dann waren da noch einige Bodyguards, die aussahen, als versuchten sie sich gegenseitig im "böse drein schaun" zu überbieten.
Und Marié. Meine Venen kochten bei ihrem Anblick. Hass verengte meine Augen. Perfekt.
Ich kam näher, schwebte in ihren Kopf. Ich suchte nach ihrer Tochter, von der sie mir erzählte, sie wäre tod. Ich fand Erinnerungen, spürte Schmerz. Ich ließ sie leiden, bis ich sie in der Hand hatte. Sie ging zur Tür, zum tippte einige Zahlen ins Schloss.
"Was tun Sie da?" Rief einer der Männer, aber niemand schien sie abhalten zu wollen. Seltsam. Ich verließ ihren Kopf und kehrte in das Gefängnis meines Körpers zurück. Ich öffnete meine Augen.
Shit. Zwei Gewehrläufe zielten auf meine Stirn.
"Bist ja weit gekommen, aber jetzt hast du verloren." Lachte einer der Soldaten. Ich grinste. Dann packte ich die Läufe. Es qualmte unter meinen Händen, als das Metall zu schmelzen begann. Dann bog ich das weiche Material.
Sie sahen sich an. Angst stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Und einer drückte ab. "Nein, nicht!" Schrie der andere, doch es war zu spät. Das Gewehr explodierte in seinen Händen. Das andere Gewehr traf mein Gesicht. Ich schnaufte vor Schmerz. Mein Herz schlug immer schneller. Alles in mir wurde schneller- ich begann, schneller wahrzunehmen. Zeit ist relativ.
Er holte zum zweiten Schlag aus, dieses mal jedoch wesentlich langsamer. Bevor er auch nur in die Nähe meines Gesichts kam, duckte ich mich raus, stellte mich hinter ihn und drückte ihm das in Chlorophor getränkte Tuch vor Gesicht. Er fiel in Zeitlupe um. Ich nahm mein Zeug und sah mich um. Die Tür war nur zur Hälfte offen, und die Leute stürmten bereits raus. Ich nahm das Gewehr und schoss.
Der Rückstoß zwang mich dazu, immer höher zu schießen, und ich traf nichts außer der Decke.
Dann erst merkte ich, dass ich umzingelt war. Zwei Bodyguards vor, zwei hinter mir. Ihre Gewehre auf mich gerichtet. Und sie drückten ab. Ich hörte den Knall, als die kugeln die Gewehre verließen.

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