KAPITEL 3

10 0 0
                                    

-Die Wahrheit-

Einige Wochen später...

Ich nahm noch einen Schluck aus der Tasse. Der heiße Cappuccino floss langsam in meinen Magen und ich spürte die Wärme in meinem Hals.
Ich saß auf meinem Bett, die Akten aus diesem Raum auf meinem Schoß.
Ich las sie, obwohl ich am liebsten mit allen abschließen würde. Aber ich wollte die Wahrheit wissen.

Mein Handy vibrierte. Ich legte die Zettel weg und nahm es von Nachttisch.
"Guten Morgen Engelchen❤"
Die Nachricht war von Sam. Ich lächelte.
"Morgen :D💋" antwortet ich.
"Heute schon was vor? ^^"
"Hängt davon ab...❤"
"Ich hol dich heute mittag ab, ok?"
"Jaa :D Und was machen wir?"
"Lass dich überraschen 😏"
"Oki❤" ich konnte gar nicht mehr aufhören, wie eine Bekloppte zu grinsen.

Ich nahm noch einen Schluck Cappuccino und legte das Handy zurück auf den Tisch. Es gab noch mehrere Akten, die ich lesen wollte.
Ich schlug den nächsten Ordner auf. ER hatte diese Texte geschrieben. Das konnte interessant werden.

Ich hatte es angeordnet.
Sie musste sterben, auch wenn sie ein erster Erfolg war. Natürlich hatte ich sie beobachtet, im Wald, in ihrem Zimmer, überall. Ich wusste alles. Wollte die Gefahr erst übersehen. Die Tests zeigten langsam Wirkung, aber ich hatte Angst vor ihren Resultat.
Sie konnte ihre Zellgeschwindigkeit kontrollieren. Unbewusst. Damit stieg oder sank ihre Körpertemperatur, und in Optimalfall die Geschwindigkeit um sie herum. Sie konnte Zeit für sich verschnellern, verlangsamen, anhalten. So die Theorie.
Was erst wie eine grandiose Waffe klang, wird zur kochenden Gefahr.
Ich wusste nicht, warum sie Gedanken lesen konnte, und die Zuckungen konnte ich mir auch nicht erklären.
Sie war ein Mädchen, dessen Seele gefüllt war mit Hass, Trauer und Schmerz und dessen Körper die gefährlichste Waffe der Welt ist.

Trotz allem musste ich grinsen.
Ich habe ein Monster geschaffen, stellte ich stolz fest.
Ich bin ein Gott.

Zitternd blätterte ich um.
Es waren Bilder. Bilder von Blättern, wahrscheinlich geschrieben von einem der Objekte. So etwas wie mein Buch.
Schreiben hilft, seine Gefühle zu beruhigend, und in unserem Fall konnte dies lebensrettend sein.
Aber diese Blätter waren etwas besonderes. Sam hatte sie geschrieben.

Ich hatte mir verboten, an diesen Moment zu denken. Wie sie vor mir liegt, eine Kugel im Kopf. Sie wollten sie niemals leben lassen. Das alles, es war alles inziniert, um herauszufinden, was genau die Tests bewirkten. Sie wussten immer, wo sie war. Sie wussten alles.

Wir hätten niemals eine Chance gehabt. Wir wären niemals frei gewesen.

Ich stockte. Was... was sollte das? Woher wusste er, dass ich ermordet worden würde?
Und was soll das bedeuten- es war alles inziniert? Sie haben eine Lüge geschaffen, genau wie meine Eltern und dieses falsche Haus nur Lügen sind. Um zu testen.

Was hab ich getan?

Er kam auf mich zu. Der Mann, der abdrückte.
"Dein erster?" Fragte er, als er seine Hand auf meine Schulter legte.
"Was?"
"Dein erster Mord?"
Ich nickte. Und der letzte, schwor ich heimlich.
"Komm, das wird schon wieder. Der erste ist immer der Härteste."
Ich nickte. Diese Menschen waren meine letzte Hoffnung, und ihr Tod darf nicht umsonst gewesen sein.
"Danke"
Er lachte. "Mach dir nichts drauß, in dieser Welt gibt es tausende Mädchen wie sie"
Ich stimmte in sein Lachen ein, obwohl ich lieber geweint hätte. Sie durften nichts ahnen. Sie waren meine Tür in die Freiheit.
"Der Boss will dich sprechen" sagte der Mann.
Ich nickte und folgte schweigend der Richtung, in die er deutete.

Tränen liefen an meinen Wangen hinunter. Er hatte mich verraten. Verkauft. Nicht, daß es jetzt eine Rolle spielte, aber das änderte alles.
Er hatte mit ihenen zusammengearbeitet?
Ich las beide Texte erneut, um mir sicher zu sein, dass mir meine Halluzination keine Streich spielte.
Aber das tat sie nicht.

Und auch wenn ich am liebsten weinen wollte, mich unter meiner Decke verstecken und im stillen versuchen zu verstehen, wie er das tun konnte, las ich weiter.
Es war eine Art Protokoll über Sam, am Computer geschrieben. Offensichtlich von meinem Mörder. Es klang noch immer falsch. Mein Mörder. Und doch war ich selbst nicht besser, ich selbst hatte getötet.

Er hielt sich also an sein Wort. Gott, er küsste wie ein Anfänger, aber es erreichte seinen Zweck.

Der Kuss? War es nur gespielt, um mich abzulenken? Alles nur, damit er eine freie Schussbahn hatte? Ich schrie innerlich auf vor Schmerz. Das, was er mir antat, war schlimmer als alles auf dieser Insel.

Er hat zwar nicht abgedrückt, aber er ist schuldig.
"Hatte nicht jeder das Recht für sein Überleben zu kämpfen?" Hatte er gesagt, nachdem er zugesagt hatte.
Ja, er hatte nicht abgedrückt, doch er hatte sie getötet. Und vielleicht folgen noch mehr.

Ich lächelte. Es war nur ein Junge, der Leben wollte, um jeden Preis. Das konnte ich ihm nicht übelnehmen. Ich hätte es, ehrlich gesagt, auch getan. Was bringt ein Mädchen in Gefangenschaft und Qual wenn man frei sein kann? Sie ist ersetzbar, sein Leben ist es nicht.

Lügen sind wie Gift.
Erst, wenn sie tief in dir alles zerstören, weißt du, wie sehr sie schmerzen können.
Die Wahrheit aber ist wie Feuer. Sie verbrennt deinen Glauben, deine Hoffnung. Dich.

Vertraue niemanden außer dir selbst.
Endlich verstand ich, was ich mir immer wieder sagen wollte.

Ich hasste mich selbst dafür, dass ich so naiv gewesen war.

FacilityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt