Kapitel 31

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Es war dunkel. Das war das Erste was sie bemerkte. Dann kam die Kälte. Sie fühlte sich ziemlich tiefgefroren. Langsam bekam sie Panik. Die Luft würde nicht besonders lang halten unter einer dicken Schneeschicht.
Tess riss die Augen auf und hatte das große Bedürfniss, nach Luft zu schnappen. Sie musste an die Oberfläche, wie weit entfernt sie auch war! Um endlich an Luft zu kommen, drückte sie ihren Rücken durch und versuchte den Schnee weg zu schieben. Es ging nur ziemlich mühsam, er wurde durch die Lawine fest zusammen gepresst.
Aber Panik macht stark. Hektisch schob Tess und stieß sich zusätzlich noch mit ihren Beinen ab. Irgendwie, irgendwo, irgendwann erreichte sie wirklich das Tageslicht.
Ihre Hand kam als erstes aus dem riesigen Schneeberg geschossen. Dann konnte sie schließlich ganz herausschauen. Aber es gab nicht viel zu sehen.
Nach ein paar tiefen Atemzügen sah sie, dass sie nichts sah.
Es war dunkel und still, weiß und kalt hier oben.
Plötzlich schoss keine zehn Meter entfernt eine weitere Hand aus dem Schnee.
Dann tauchte auch ein Kopf und zum Schluss der Oberkörper auf.
„Daven!!"
Sofort stapfte Tess zu ihm und half ihn frei zu buddeln.
Er hatte blau gefrorene Lippen und konnte nur nicken.
Gerade wollte Tess ihn fragen, ob er vielleicht Virgie gesehen hatte, da viel ihr ein, dass er gerade erst aus einer dicken Schneeschicht hervor gekrabbelt war. Und da unten gab es nicht allzuviel zu sehen, das wusste sie zu gut...
Das Problem mit Virgie erledige sich drei nervenaufreibende Minuten später. Sie kam hinter einem Baum hervorgetorkelt, mit Rucksack und Hakon!
„Er hat mich ausgegraben!", erklärte sie stolz und ließ sich auf den Po fallen.

Tess, praktisch denkend wie sie war, kontrollierte gleich den Rucksack, es war ihr letzter. Nur ein paar wenige Konserven und die Taschenlampe. Wenigstens hatten sie Licht. Und ein Messer, denn das trug Tess immer dicht am Körper bei sich.
Das war nicht viel, musste vorerst aber genügen.
Eigentlich wollte Tess gleich weiter, um noch vor Einbruch der Nacht in der Stadt anzukommen. Dort gab es schützende Gebäude mit eventuell sogar nützlichen Dingen.
Aber ein Blick auf ihre kleine Truppe ließ sie schnell einsehen, dass das nicht möglich war. Alle sahen ziemlich zermatscht aus, was aber auch kein Wunder war. Immerhin wurden sie gerade von einer Lawine überrolt!! Da durfte man auch ein bisschen mitgenommen aussehen.

„Denkt ihr, ihr kommt für eine Weile alleine klar?", fragte sie vorsichtig. Als sie sah, wie Virgie erschrocken die Augen aufriss, erklärte sie schnell: „Ich würde in die Stadt gehen und nach einem sicheren Unterschlupf für uns suchen. Vielleicht gibt es dort auch Essen, Waffen und auf jeden Fall Sicht- und Schneeschutz! Wenn ich etwas geeignetes für uns finde, komme ich natürlich sofort zurück. Dann zeige ich euch diesen Ort, zu dem würden wir direkt und ohne viel Suche gehen. Da könnte man sich ausruhen!", versuchte sie freudig zu erklären.
„Und wir bleiben so lange hier?"
„... Und ruht euch aus, ja."
Eine Weile blieb es ruhig und Tess rechnete schon gar nicht mehr mit einer Antwort, da kam sie dann doch zögerlich.
„Ich würde ja auch mitkommen, ich weiß aber nicht, ob ich das schaffe...", traurig blickte Daven zu Boden.
Da sah Tess ihre Chance.
„Eben! Es ist für euch beide noch zu anstrengend, mir geht es eigentlich ziemlich gut. Ich gehe jetzt los und bin bald wieder da, ja? Ich beeile mich, muss aber auch vorsichtig sein. Passt auf euch auf."
Ohne groß abzuwarten schnappte sie sich die Taschenlampe und schnallte sie an ihrem Gürtel fest.
Noch ein letztes Mal blickte sie zurück und versuchte überzeugend zu lächeln, dann drehte sie sich um und verschwand zwischen den Bäumen. Es war ihr wirklich gelungen, die beiden zu überzeugen, jetzt wollte sie diese Chance auch nutzen.

Nach einer ziemlich beschwerlichen Wanderung sah sie schließlich die ersten Häuser in einiger Entfernung aufblitzen.
Zufrieden grinste sie. Jetzt würde alles gut werden!
Die Häuser sahen an sich noch ziemlich intakt aus, waren aber bis zur Hälfte mit Schnee verschüttet.
Beim näherkommen erkannte man nur schwer, dass es sich beim Ersten eventuell um eine Art Scheune mit Hausanbau handelte. Der Schnee lag einfach zu hoch um genaueres zu sehen.
Da wollte Tess es versuchen.
Sie war durch die Schneemassen ungefähr auf der Höhe des Daches. „Wie komme ich da rein!?"
Dann sah sie ein kleines Fenster im Dach.
„Ach ja. So komme ich rein!"
Sie kletterte das Dach hinauf, die Ziegeln waren ziemlich rutschig und verreist, sodass sie einmal abrutschte.
Das Fenster hatte schon ein paar Risse, dürfte also mit Hilfe ihres Messers aufzubekommen sein.
Sie stach ein paarmal darauf ein und stampfte mit den Füßen gegen das Glas. Dann hörte sie ein Knacken. Zerbrechendes Glas.
„Na geht doch..."
Sie schob die Scherben zur Seite und setzte sich, die Beine baumeln lassend, in den Fensterrahmen.
Unter sich sah sie nur Schwärze und sie wusste auch nicht, wie tief es hinab ging.
Trotzdem beschloss sie, zu springen.
Und so ließ Tess sich fallen und verschwand im Dunkeln.

In The EndWo Geschichten leben. Entdecke jetzt