Kapitel 35

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Tagebucheintrag:

Als ich heute nochmals die Liste der Veränderungen der mutierten Tiere durchging, bemerkte ich etwas sehr Wichtiges, etwas Entscheidenes. Die ersten Veränderungen zeigten sich etwa zu der Zeit, als diese mysteriösen Ereignisse passierten. Als zum Beispiel mein Labor offen stand oder mein Schlüssel fehlte oder meine Jacke an einem anderen Platz hing. Zeitgleich schienen sich die ersten Tiere verändert zu haben. Ich dachte erst, dass ich mir das damals nur eingebildet habe, aber anscheinend begann alles schon hier. Ich weiß noch, dass das Fell einiger Tiere schneller wuchs als das ihrer Artgenossen oder das Manche sogar Fellausfall hatten, aber wer achtet in einer Phase des Erfolgs schon auf solche Kleinigkeiten? Wir leider jedenfalls nicht.

Was ich damit sagen will ist, dass offentsichtlich jemand unsere Experimente manipuliert hat, über längere Zeit. Irgendetwas hat die Lebensbedingungen der Tiere verändert. Vielleicht das Licht? Oder die Luft in den Laboren? Oder, aber ich hoffe, das ich mich hier täusche, irgendjemand hat das Essen der Tiere verändert. Das wäre schlimm, denn wir wissen nicht genau was daran anders ist als geplant. Leider ist diese Variante aber die Wahrscheinlichste. Genau, man musste schließlich nur in mein Labor gelangen, was ja auch passiert ist, und ein paar andere Zutaten auf die fertige Liste für die Futtermischung schreiben. Vielleicht hat die Person genau gewusst, was sie da mischte, vielleicht hat man aber auch nur versucht, das Futter irgendwie zu zerstören, egal mit welchen Zutaten. Hauptsache, das Experiment scheitert.

Nur, dass das Experiment nicht wirklich gescheitert ist. Die Tiere sind uns nicht alle weggestorben, wie es bestimmt geplant war, sie haben sich stattdessen zu gefährlichen Mutationen entwickelt. Ich glaube nicht, dass das geplant war.

Ich werde eine Sitzung einberufen, mit allen am Experiment beteiligten Wissenschaftlern und Forschern. Dann werden wir die Liste gemeinsam durchgehen müssen, um die manipulierten Zutaten zu finden. Außerdem sollen überall im Labor Kameras aufgestellt werden. Damit hätten wir eine weitere Überwachung und machen es dem Angreifer viel schwerer oder hoffentlich unmöglich, das Futter weiterhin zu verändern. Zusätzlich sollte sich jetzt immer ein Tierarzt im Labor aufhalten, um sofort und effektiv eingreifen zu können, falls etwas Außergewöhnliches passiert.

Mit diesen Gedanken werde ich jetzt mal Feierabend machen, ich bin schon wieder der Letzte hier.

Tagebucheintrag - 2 Tage später

Es gab eine Unwetterwarnung in den Nachrichten. Unter Unwetter verstehe ich eigentlich Regen, vielleicht mit Hagelschauern, Blitz und Donner. Eben ein klassisches Gewitter. Aber mit einem Sturm und einem Erdbeben habe ich nicht gerechnet. Es war schon wieder später Abend und ich wieder mal als Einziger im Forschungsgebäude. Das war ich inzwischen gewohnt, nichts Neues also. Ach nein, ganz allein war ich doch nicht, der Tierarzt war noch da, bei den Laboren, aber da ich ihn fast nie zu Gesicht bekomme und er nicht oft mit mir redet, zähle ich ihn jetzt einfach mal nicht mit. Ich war also völlig allein.

Das erste Beben war fast unmerklich, nur ganz sachte. Dafür wurde das Nächste schon deutlich stärker, ich wäre fast von meinem Stuhl gefallen. Der Boden bebte und meine Reagenzgläser klirrten in ihren Halterungen. Ein paar Bücher fielen aus ihrem Regal. Das Dritte und Längste war extrem. Das Licht ging aus, der Strom war ausgefallen. Glücklicherweise sprang sofort der Notstromgenerator an. Alle drei Beben folgten schnell aufeinander. Ich war hier sehr wahrscheinlich sicherer als bei mir zu Hause, das war ein erdbebensicheres Institut. Trotzdem hat man in solch einer Situation Angst. Die Wände hatten große Risse bekommen und auf dem Boden lagen überall zerbrochene Gegenstände.

Nach gefühlten Stunden hörte es endlich wieder auf, dabei war es vermutlich nicht einmal eine Minute gewesen. Der Schaden hielt sich in Grenzen, jedenfalls in diesem Raum. Jetzt wollte ich auch die anderen Zimmer überprüfen und mich mit dem schweigsamen Tierarzt beraten. Dieser sollte bei den Tieren sein, also nahm ich mir als erstes das Labor vor.

Auf dem Gang flackerte das rote Licht des Notstrongenerators und aus der Ferne ertönte das Heulen einer Sirene. Dieses typische Heulen, dass in Filmen bei besonders spannenden Szenen ertönt, nur dass das hier real war.

Ich öffnete die Labortür, sie schien etwas zu klemmen - und war geschockt! Die Käfige der meisten Tiere waren offen! Diese Tiere fehlten. Metallstangen, aus den Käfigen gewaltsam herausgerissen, Stroh auf dem Boden verteilt und Scherben und Splitter lagen überall herum. Dort, direkt vor dem geöffneten Gorillakäfig, lag der Arzt. Ich stürmte zu ihm, vorbei an flüchtenden Ratten und auf dem Boden liegenden Gerümpel. Der Arzt hatte einen schrecklich großen Blutfleck auf dem Bauch und starrte mit weit aufgerissenen Augen ins Leere. Langsam erhob ich mich wieder und nahm erst jetzt den Gestank war, den Lärm, das Chaos. Wie ein Schlafwandler steuerte ich auf den Fahrstuhl zu, der einzige Ausgang aus diesem Raum nach oben. Die Luke des Transportfahrstuhles für die Futtermittel war offen! Ich konnte den dunklen Himmel sehen! Das durfte doch nicht sein, der Fahrstuhl, der da eigentlich hätte sein sollen, lag eine Etage tiefer auf dem Grund des Fahrschulschachtes und sah nicht gut aus. Der würde nicht mehr funktionieren, wenn ich mir die verbogenen Metallstäbe anschaute, an denen er sonst immer hinauf oder hinunter fuhr. Sie waren mit Gewalt auseinandergedrückt worden, als wären sie kleine Gummistangen.

Die Mutationen waren geflohen, sie liefen jetzt frei herum!

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 05, 2016 ⏰

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