Kapitel 5

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"It's not your fault, little girl..."

~

Anderson Devil besaß eine Neigung zu meiner Vergangenheit. Er schien sich nicht nur für meine Gefühle zu interessieren, als er mich zu meinem 1. Geburtstag schleppte, sondern auch wissen zu wollen, was ich dachte.

"Macht es dir Angst?", fragte er mich, als meine Familie beisammen saß und mein Baby-Ich fütterte.

"Was? Dass ich mit dir durch die Zeit reise, damit du deinen Fehler ausbügeln kannst?"

Er schüttelte bloß seinen Kopf, sodass seine Haare ihm erneut in sein Gesicht fielen. Seine Uhr stand auf 1999, was mich irgendwie mulmig fühlen ließ.

"Dass du dich selbst wiedersiehst...", erklärte er wenig später, "Dass du alles sehen wirst, was du vielleicht falsch gemacht hast."

Ich lachte ihn bloß an. Er neigte seinen Kopf, als er mich ansah. Schüttelte ihn, als ich von ihm weg und zu dem Esstisch sah, an dem meine Familie saß und Kuchen aß.

"Es macht mir keine Angst.", sagte ich leise zu ihm, "Es ist bloß komisch."

"Polly, magst du mir mal die Sahne reichen?", fragte mein Vater meine Mutter und kratzte sich an seinem Bart, während meine Mutter nach der Schale griff und sie ihm reichte.

"Deine Eltern sehen liebevoll aus.", kam aus Anderson's Mund. Danach musste er lächeln, obwohl ich glaube, dass er es nicht wollte.

"Das waren sie auch...", gab ich zurück und sah zu ihm hinauf.

Sein Gesicht sah in diesem Moment zu mir runter, er schürzte seine Lippen und zwinkerte mir zu. Ich konnte nicht glauben, dass das alles passierte. Es kam mir vor wie ein Traum.
Seine Hand nahm meine und er sah hinunter auf seine Uhr, bevor er sie ein Jahr weiter stellte, und mich fragte, ob ich bereit sei, um meinen 2. Geburtstag zu erleben.

Ich sagte ihm: "Ja, bin ich.", und er lächelte mein Baby-Ich ein letztes Mal an, welches zurück lächelte, da Babys noch eine unglaubliche Fantasie besitzen, und sie uns sehen konnten.

"Du wirst wieder eine Zeit lang keine Luft bekommen.", warnte er mich noch, bevor er den Knopf drückte und der Raum um uns herum erneut verschwomm.

Alles drehte sich für eine gefühlte Unendlichkeit, in der ich vor Übelkeit seine Hand zerquetschte und mich an ihn anlehnte, da es mich erschöpfte. Er sagte mir, dass alles gut werden würde. Und komischer Weise glaubte ich ihm jedes Wort. Ich glaubte ihm, als er sagte, dass er bis zum Ende bei mir sein würde. Ich glaubte ihm, als er sagte, dass er immer meine Hand halten würde, wenn wir reisten, wenn es mir dadurch besser gehen würde. Und ich glaubte ihm, als er sagte, dass es in Ordnung wäre, wenn ich mich beim Anschauen meiner Vergangenheit komisch und schlecht fühlen würde. Ich glaubte ihm selbst dann noch jedes Wort, als mich seine roten Augen anleuchteten.

Das taten sie nur dann, wenn wir reisten. Wenn er Kraft aufbringen musste, um uns in eine andere Zeit zu versetzen.

Und nun waren wir im Jahr 2000.
Es war hell draußen, doch irgendwie kam mir alles so unheimlich grau vor. Wir standen vor dem Dom, schauten den Leuten zu, wie sie im Getümmel herumeilten. Es war kein schöner Anblick.

"Köln im Jahr 2000. Dein 2. Geburtstag. Der 17. Februar.", sagte Anderson, nachdem er zu einem Jungen sah, welcher um die 7 oder 8 gewesen sein musste. "Schau-", er zeigte auf eine Frau, die ich als meine Mutter erkannte, und einen Mann, der mein Vater war; beide hatten einen Kinderwagen bei sich, "Deine Eltern..."

"Meine Mutter, sie sieht so verändert aus..."

"Hör hin", war alles, was er zu mir sagte und wieder tippte er auf sein Ohr, um es mir zu signalisieren.

Also tat ich es. Ich lauschte. Aller Lärm, jede Stimme, alles wurde ruhig. Nur die Stimmen meiner Eltern waren zu hören. Die Sanftheit meiner Mutter, wie sie mit meinem Vater sprach.

"Sie ist so ein hübsches Kind...", sagte sie zu ihm, woraufhin er wortlos nickte und meine Wange streichelte.

Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus. Es berührte mich. Ich liebte sie so sehr.

"Sie kommt ganz nach dir.", sagte mein Vater zu ihr und küsste ihre Wange. So schnulzig es auch war, sie freute sich über das Kompliment.

"Da hat er recht.", hauchte Anderson's Stimme warm in mein Ohr und riss mich zurück aus meiner Starre. Ich weitete meine Augen und sah zu ihm rüber. Seine Lippen bloß wenige Zentimeter von meiner Wange entfernt. Die rote Haarsträhne hing ihm in seinem Gesicht herum, seine Augen glänzten mich grün an.

Ich zwang mir ein Lächeln auf, bedankte mich leise, worauf er lachte und meine Hand nahm, um näher an meine Eltern heran zu gehen. Wir wurden stets von Erwachsenen durchlaufen, Kinder jedoch gingen um uns herum oder an uns vorbei, lächelten uns teilweise sogar an. Vielleicht dachten sie ja, dass er und ich ein paar abgaben. Vielleicht fanden sie auch bloß seine roten Tattoos und seine rote Strähne lustig.

Im nächsten Moment schlich sich jemand an meine Mutter an. Ich kannte ihn nicht. Er stellte sich unbemerkt neben sie. Es ging alles schnell. Die Wege waren voll. Und dann klaute er ihr ihr Portmonee aus der Handtasche und sie rief ihm nach, während mein Vater dem Dieb bereits hinterher rannte.

Ich wollte rennen, wollte zu ihr gehen und etwas tun, den Dieb aufhalten, doch Anderson's Arme, die meinen Körper umschlungen hielten, ließen mich nicht. Er drückte mich Rücken an Bauch an ihn und hielt mich fester, als ich jemals festgehalten wurde. Und selbst als ich strampelte, um los zu kommen, da ließ er mich nicht.

"Ich muss ihn aufhalten! Er hat sie beklaut!", schrie ich ihn an und Tränen liefen meine Wangen herunter vor Wut.

"Ich weiß...shhh...ich weiß, doch du kannst ihm nicht nach. Auch dein Vater wird es nicht schaffen ihn einzuholen.", antwortete er mir mit einer ruhigen Stimmfarbe.

Ich sah meine Mutter weinen, mich in den Arm nehmen und immer wieder "nicht weinen" sagen, da mein Baby-Ich weinte.

"Wieso nicht?", fragte ich atemlos, als er mich langsam losließ, zu ihn umdrehte, meine Handgelenke jedoch noch hielt.

"Weil du nicht in die Vergangenheit eingreifen darfst, schon vergessen? Die Leute mögen zwar durch dich hindurch gehen können, doch du kannst Dinge anfassen, als wärst du wirklich da, weil du in einer früheren Form anwesend bist. Bei mir wäre das kein Thema. Ich kann Dinge anfassen, ohne dass was passiert, wenn ich es will."

"Und warum?", meine Hände lagen klein und zart in seinen großen, die meine fast verschluckten.

"Weil ich der Teufel bin. Ich kann entscheiden, du nicht. Ich kann auch durch die Zeit reisen. Ohne Hilfe. Während du aufpassen musst, da dein Kleinkind-Ich dich repräsentiert. Du kannst deine Vergangenheit ändern."

"Das ist alles so...kompliziert."

"Niemand hat gesagt, dass es einfach werden wird.", seine Lippen spalteten sich, anstatt weiter zusammengepresst zu sein. Er sah zu mir herunter, als würde er in einen Wunschbrunnen schauen und nach Hoffnung suchen.

"An meiner Geburt sagten meine Eltern, dass ich viel zu klein und schwach sei. An meinem 1. Geburtstag gab es eine kleine Feier, und an meinem 2. klaut ein Dieb meiner Mutter ihr Geld...was passiert noch alles?", meine Finger durchkämmten meine Haare.

Und zum ersten Mal dachte ich nicht mehr daran, dass mich Leute für eine Mörderin hielten. Ich fühlte mich nicht mehr wie eine Schande. Ich fühlte mich wie...Ich.

"Bist du bereit für den 17. Februar 2001?"

Ich nickte Anderson Devil zu, da ich meiner weinenden Mutter nicht zusehen wollte, wie sie meinen Kopf küsste und meinen Vater ansah, als wäre ihr ein Tier vor das Auto gelaufen. Ich nickte ihm zu, da ich keine Zeit zu verschwenden hatte, obwohl wir manchmal einige Situationen einfach länger als nötig erleben mussten. Das gehörte dazu. Und das war auch okay.

Als seine Augen erneut rot leuchteten, er seine rote Uhr heraus nahm, da wusste ich:
Alles würde okay werden.

•••

Ich lass dieses Kapitel einfach mal so stehen. Ich liebe Andre. Bye.

Lots of love <3

Pact with the devil | Andre [COMPLETED]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt