Kapitel 22

367 27 6
                                    

Ich setze mich zu Susie und Troy, gehe in den Gemeinschaftsraum, der für alle Patienten ist. Das Essen hat genauso grausam geschmeckt, wie es jeden Tag schmeckt.

Es ist jetzt einige Stunden her, seitdem ich Jan zuletzt gesehen habe, und die Nacht schlägt fast ihre volle Stunde. Uns wird erlaubt, uns nachts im Gemeinschaftsraum aufzuhalten. Zumal es hier Leute gibt, die nachts kein Auge zumachen können.

Dazu gehören wir drei.
Es kommt öfters vor, dass wir uns durch Zufall im Gemeinschaftsraum treffen. Es ist einfach angenehm, jemanden zum Reden zu haben, wenn man nachts nicht schlafen kann.
So wird einem irgendwann die Wachsamkeit aus dem Körper vertrieben.

Hey, grüße ich beide freundlich.

Meine Beine schwinge ich über die Bank, auf der auch Susie sitzt, und lege meine Arme auf den langen Tisch vor uns ab, hinter dem, auf der anderen Seite, Troy sitzt. Seine dunklen Schatten unter den Augen sind beunruhigend.

Wie geht's euch?

Wie sollte es uns denn gehen?, stellt Susie mir als Gegenfrage; legt ihren Kopf auf die kalte Tischplatte.

Ich weiß nicht, antworte ich leise. Gegenfragen stimmen mich immer mulmig. Ich erwarte sie eben nie. Ich denke...besser...

Tja, Naseweiß, uns geht es nicht besser., kommt schnippisch von Troy. Ich bin seine schnippische und freche Art bereits gewohnt. Er nimmt nie ein Blatt vor dem Mund, wenn er spricht.

Baby, kommt aus Susie's Mund, sprich nicht so mit ihr. Sie kann deine frechen Antworten nicht haben, das weißt du doch.

Ich kann nichts dafür, dass unsere liebe Sam ein Sensibelchen ist, Su. Ich kann nunmal nicht auf jeden Rücksicht nehmen.

Troy wuschelt sich durch deine schwarzen Haare, die sich seiner blassen Haut anpassen. Seine blauen Augen starren mich für einige Sekunden spielerisch an, bis er nach draußen in die Nacht schaut. Die Nacht war noch nie sein Freund, noch meiner, noch Susies. Wir alle mögen sie, doch hassen sie gleichzeitig irgendwie.

Klar, sie ist beruhigend und manche Leute sind nachts einfach kreativer, als am Tag, aber für uns ist die Nacht einfach Dunkelheit mit Sternen vermischt. Sie ist schön anzusehen, doch eine Qual, wenn sie einen wach hält.

Schon okay, Susie., sage ich langsam und ergatter Troy's Aufmerksamkeit zurück.

Siehst du, hab ich doch immer gesagt.  Sie wird sich an mich gewöhnen können., seine Stimme ist nicht wirklich tief, doch unglaublich angenehm, um ihr zuzuhören.

Ich schweige beide an, während sie über Themen wie Ernährung und dem Entkommen dieser Anstalt sprechen. Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, hier heraus zu kommen. Wo ich dann leben werde, wie mein Leben sein wird. Immerhin habe ich mich selber dazu entschieden, mich einweisen zu lassen. Ich habe einfach einen Ausweg gesucht, um all das Geschehene zu verarbeiten. Um meine Verluste zu verarbeiten, um mich besser zu fühlen. Denn nach Andre's Verlassen war ich einfach nur noch allein. Ich hab mich so schlecht gefühlt. Ich habe mich gefühlt, als müsse ich mich übergeben. Immer, wenn ich an ihn dachte; das Loch in mir größer und größer wurde. Und jetzt geht es mir etwas besser.

Ich kann mich kaum noch an ihn erinnern, um ehrlich zu sein. Auch nicht, an den Mörder meiner Familie. Ich kann mich an alles erinnern, was passiert ist, doch die Gesichter und Stimmen schwinden mit jeder Stunde, die ich hier verbringe. Es ist so, als würde alles mit dem Regen aus mir heraus gewaschen.

Pact with the devil | Andre [COMPLETED]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt