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Eine leicht schwitzige Hand tätschelte meine rechte Wange. Unter meinem Rücken spürte ich etwas weiches, vielleicht eine Decke oder Matratze. Wo auch immer ich hier war, es roch seltsam. Irgendwie muffig und alt. ,,Hörst du mich? Hallo?" Zu dem eindringlichen Tätscheln kam jetzt auch noch eine männliche Stimme hinzu. Ich versuchte, meine Augen zu öffnen, aber ein helles Licht blendete mich augenblicklich, also kniff ich meine Lieder wieder zusammen. Aber das fortwährende Tätscheln der vermutlich männlichen Hand nervte, also beschränkte ich mich darauf, sie von meinem Gesicht wegzudrücken. Der Stimme entfuhr ein überraschtes Keuchen, das Tätscheln stoppte natürlich, dafür spürte ich jetzt gleich zwei Hände, die mich unsanft nach oben zogen und gegen eine verdammt harte Wand lehnten. ,,Jetzt mach doch endlich mal die Augen auf!", forderte er mit drängender Stimme. Gezwungenermaßen öffnete ich jetzt meine Augen und erblickte in nächster Nähe ein männliches Gesicht mit dunkelen Haaren. Sah nicht übel aus, aber wirkte durch die Bartstoppeln und den penetranten Mundgeruch etwas ungepflegt. ,,Ähmm ... hey", sagte ich mit unsicherer und leicht kratziger Stimme.

Er, vermutlich um die achtzehn Jahre alt, grinste nur. ,,Mit wem habe ich die Ehre?", fragte ich, während ich ihn langsam von mir wegdrückte. ,,J
Florian", bekam ich jetzt zur Antwort.

,,Wie komme ich hierher? Wurde ich entführt? Warum bin ich hier? Wo sind wir?"

Diese Fragen stellte ich, während ich langsam und sehr vorsichtig meine Beine aus dem Bett schwang und mich erhob.

Er ließ alle Fragen unbeantwortet, setzte jetzt jedoch selber zum Sprechen an.

,,Kommen wir zu dir. Du bist Zoe Bronx."

Diese Worte ließen mich zwei Schritte zurückweichen, bis ich an die Wand stieß.

Das war keine Frage.

Es war eine Feststellung.

Und das machte mir Angst.

,,Woher kennst du meinen Namen?", fragte ich mit verängstigter Stimme.

Schweigen.

Dann, nach einiger Zeit wurde der Blick aus seinen blauen Augen mitfühlend und er fragte: ,,Haben sie dir wehgetan?"

Instinktiv fasste ich mir an den Kopf und ließ die Hand sinken.

Etwas rotes klebte daran.

Blut.

Ein stechender Schmerz durchfuhr mich und ich sackte in mich zusammen. Ich wäre sicher auf den Boden gefallen, wenn Florian mich nicht aufgefangen hätte.

Er legte mich in einer unbequemen Position aufs Bett und zischte für mich kaum hörbar: ,,Diese verdammten Mistkerle!"

Mein Kopf pochte.

Dann verlor ich abermals das Bewusstsein.

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Als ich zu Bewusstsein kam, tat mein Kopf schon wieder weh und es fühlte sich an, als würde ein kleine Bulldozer darin herumfahren.

Es konnte doch nicht wahr sein.

Ich öffnete die Augen und blickte in das Gesicht von Florian, der sich gerade besorgt über mich beugte.

Ich stöhnte leise.

,,Alles okay?", fragte Florian besorgt.

,,Alles okay?! Wonach sieht es denn aus?! Entführer, zu denen du höchstwahrscheinlich auch gehörst, haben mir irgendwas über die Birne gebraten, weshalb mir bald der Schädel platzt und du fragst mich allen Ernstes, ob alles okay ist?! Geht's noch?!" Diese Worte sollten so energisch und laut wie möglich sein, endeten aber eher leise und gequält.

Florians Miene verfinsterte sich augenblicklich, und er herrschte mich jetzt energisch an. ,,Ich soll zu diesen ... diesen ... Mördern gehören?! Ich bin hier genauso gefangen wie du!"

Ich sah ihn nur ungläubig an und murmelte leise ,,Wer's glaubt wird selig", vor mich hin.

Ich blickte mich gründlich um.

Ein weißer Raum, ein einzelnes Fenster, ein Bett und zwei dunkele Holztüren, vermutlich Eiche oder so.

Ich lief zum Fenster und sah hinaus.

Der Big Ben.

London also.

Ich war unglaublich erleichtert, denn ich hatte schon befürchtet, nach werweißwo verschleppt worden zu sein. Ich wollte gerade aus dem Fenster steigen, als mir 1. auffiel, dass das Fenster vergittert war und wir uns 2. ungefähr 20 Stockwerke über den Boden befanden.

Ich stürmte zur Tür und rüttelte an der Klinke.

Sie war verschlossen.

Was hatte ich auch erwartet?

Einen Fluchtweg, auf dem Silbertablett serviert?

Keine Ahnung.

,,Florian? Warum sind wir hier?"

,,Eine sehr lange Geschichte."

,,Schieß los."

Er zögerte kurz, dann sagte er:

,,Ich erzähl sie dir, aber du musst mich nach deinem Verband sehen lassen."

Hä? Was denn bitte für ein Verband?

Ich fasste mir benommen an den Haare, um sie zurückzustreichen und merkte, dass ich einen Verband um den Kopf trug.

,,In Ordnung. ", sagte ich nach kurzem Überlegen.

Er kam auf mich zu und legte mir überraschend vorsichtig den Verband ab.

,,Deine Wunde muss desinfiziert werden, wird aber ziemlich wehtun. Aber eine Infektion der Wunde ist noch viel schmerzhafter. Soll ich?"

,,Okay."

In nächsten Moment durchzuckte ein brennender Schmerz meinen ohnehin schon lädierten Kopf und ich musste meinen Schrei unterdrücken.

Verdammt, warum wollte ich , dass er diese Scheiß-Kopfwunde behandelte?

Ich musste wohl so etwas wie ein Wimmern ausgestoßen haben, denn er legte mir seine Hand auf die Schulter und tätschelte sie hilflos.

Ich holte tief Luft und beherrschte mich wieder.

,,Hey, danke.", presste ich ein wenig gequält heraus, da es immer noch brannte, obwohl der Schmerz schon ein wenig abgeklungen war.

,,Kein Ding. Ich will ja schließlich keine Mitgefangene, die rum heult, weil ihr Kopf wehtut!", lachte er.

,,Erzählst du mir die Geschichte, wie lang sie auch sein mag?", fragte ich vorsichtig nach. Er hörte auf zu lachen und setzte eine ernstere Miene auf. ,,Okay, ich erzähle es dir, ja? Aber du solltest mich nicht unterbrechen."

Die Schattentänzerin | AbgebrochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt