Unhöflich unterbrach ich die beiden, die sich auch sofort mit überraschten und misstrauischen Mienen zu mir umdrehten.
,,Ich will kein Tattoo."
,,Was?", fragte Chris verständnislos.
,,Ich will kein Tattoo.", wiederholte ich mit entschlossenem Gesicht und verzog keine Miene. Meine Stimme war fest, aber auch irgendwie emotionslos. Er sah immer noch ungläubig aus und fragte ratlos: ,,Warum?"
Ich nannte ihm meine Gründe. ,,Ich habe auch noch ein normales Leben, fernab von alldem hier. Und meine Freunde sollen sich nicht fragen müssen, warum zur Hölle ich ein komisches Tattoo am Handgelenk trage, ganz zu schweigen von meinem Dad. Ich werde mich nicht hier tätowieren lassen."
,,Aber du musst!", rief Chris, plötzlich aufgebracht. Seine Mundwinkel wurden verkniffen, seine Stirn legte sich in Falten und er kniff seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. ,,Wenn du Teil der Shadows sein willst, dann musst du dich prägen lassen! Die Prä- das Tattoo zeichnet dich als Shadow aus, und du musst auch als solcher erkenntlich sein!"
Ich schüttelte nur den Kopf. Was sollte Jake nur von mir denken? ER war absolut gegen Tattoos, und ich war auch nicht gerade der größte Fan von ihnen.
Chris steigerte sich in die Sache hinein. ,,Das hier ist jetzt ein Teil deines Lebens! Und zwar kein kleiner! Du lässt dich jetzt prägen. Sofort.", er kam auf mich zu und packte mich am Arm, doch bevor ich überhaupt reagieren konnte zog Thomas, der Präger, Chris von mir weg und ging mit dem Kopf nah an sein Gesicht heran. Er sprach eindringlich auf ihn ein.
,,Christoph. beruhige dich. Das hier ist Zoe Bronx. Sie ist nicht Emilia. geh jetzt am besten mal für fünf Minuten raus, und dann kommst du zurück und wir machen hier weiter." Er schob Chris sanft in Richtung Tür. Und man konnte von drinnen sehe, wie er ein Stück die Straße hinabging und mit aufgewühlter Miene die Umgebung betrachtete.
In das Schweigen hinein, welche zwischen Thomas und mir herrschte fragte ich ruhig: ,,Wer ist Emilia? Und warum regt er sich gleich so auf?"
Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl bei der Sache. Mein eigener Zweitname war Emilia, es war der Name meiner Mutter gewesen.
Du machst dich nur verrückt, redete ich mir selbst ein, es ist nichts. nur ein blöder Zufall. es gibt so viele Emilias ...
Als er mit einer Stimme in Basstonlage das Schweigen brach, erschrak ich mich fast ein bisschen. ,,Mach dir keine Sorgen. Chris ist etwas empfindlich, was Emilia angeht. Sie war eine ehemalige Schülerin von ihm. Als sie ihre Fähigkeiten entdeckte, war sie fast so als wie du jetzt. Sie war ein aufmüpfiges, lustiges Mädchen, und auch sie wollte keine Prägung bekommen. Vermutlich hast du ihn an sie erinnert, aber der kriegt sich gleich wieder ein.."
,,Was ist mit ihr passiert?"
,,Sie wurde ermordet."
Ich schwieg, denn zu einem Mord gab es nichts zu sagen.
Auch er sagte vorerst nichts, vermutlich, um kurz an Emilia zu gedenken. Doch dann, als die mitfühlende Pause lange genug gedauert hatte, sprach er weiter. ,,Aber er hat in Gewisser Weise recht. Du solltest dich wirklich von mir prägen lassen, du bist ein Shadow. Dieses Dasein, dieses anderssein als normale Menschen wird dich immer begleiten. Auch wenn du es ignorieren willst, du kannst es nicht loswerden. Es ist ein Teil von dir. Und wenn du nicht willst, dass deine Normalsterblichen Freunde und Verwandten es sehen, hab ich vielleicht einen Tipp für dich."
Er erklärte mir, ich solle zu einer gewissen Claire gehen, denn sie habe das Talent Dinge für bestimmte Menschen oder für alle unsichtbar zu machen, das würde bestimmt auch mit der Prägung klappen, sodass Normalsterbliche sie nicht sehen konnten.
Er sprach ein wenig auf mich ein, und er hatte etwas väterliches. Aber es war nichts materielles, eher eine Ausstrahlung oder eine Aura. Vielleicht waren es auch die kleinen Fältchen in dein Augenwinkeln oder die leicht ergrauten Haare ...
nun ja, um es kurz zu machen Sprachen wir lange, und nach einigem Hadern hatte er mich überzeugt, mich prägen zu lassen und danach sofort zu dem Mädchen mit den Unsichtbarkeitsfähigkeiten zu gehen, dessen Namen ich schon wieder vergessen hatte. Chris war immer noch nicht aufgetaucht, und auch wenn man aus dem Fenster blickte war er in der grau asphaltierten Straße mit den hohen Gebäuden nicht mehr zu sehen.
,,Dann legen wir mal los.", sagte ich entschlossen und fragte auch noch ehrlich interessiert, wie genau mein Tattoo aussehen würde. Er erklärte es mir, nämlich würde in der Mitte ein kleines Vögelchen hinkommen, und außenherum drei Kreise. Der Vogel mit ausgebreiteten Flügeln würde für das Fliegen stehen, und die drei Kreise waren das gesellschaftliche Level. Ich würde dann ein Level drei sein, weil jeder, der seine Fähigkeiten neu entdeckte und nicht sowieso schon hier lebte, standardmäßig auf Level drei gesetzt wurde.
,,Hast du deine Ausbildung schon ausgesucht?", wollte er noch wissen, ich schüttelte den Kopf. Er meinte, dass er wohl einfach etwas Platz freilassen würde. l weiße anstatt schwarze Wände hatte, das ganze ich kam von einer Fensterfront
Er begleitete mich ins hell erleuchtete Hinterzimmer, dass zur Abwechslung weiße anstatt schwarze wände hatte. das ganze Licht, was den Raum gerade im Vergleich zum vorherigen erstrahlen ließ, kam von einer breiten Fensterfront. Nur zu gerne hätte ich hier jetzt lang und breit wunderschöne Natur beschrieben, doch das einzige, das Natur nahekam, war ein Blumenkübel mit einem kleinen Strauch auf der Terrasse. Dahinter erstreckte sich nur der Großstadtdschungel mit Beton, grauen Gebäuden und verglasten Fassaden. Aber zugegebenermaßen, auch dieses Stadtflair hatte etwas für sich.
Ich setzte mich auf den Stuhl, der in der Mitte des Raumes stand und einen Bezug aus weißem Leder hatte. er hatte links eine Armlehne mit großer Ablage, auf der sich allerlei irgendwie medizinisch aussehende Werkzeuge befanden. Hinter mir schloss Thomas die Tür und bat mich, auf dem Stuhl platz zunehmen und schon mal meinen Arm auf die Armlehne zu legen. Er selbst kramte noch ein wenig in einem kleinen weißen Schränkchen an der Wand herum, dann kam er zurück, jedoch ohne etwas mitgebracht zu haben. ,,Wie du dir vielleicht denken kannst, ist das hier kein gewöhnliches Tattoostudio, ich bin kein gewöhnlicher Tätowierer, und du bekommst auch kein gewöhnliches Tattoo. Die Prägung ist nicht mehr wegzubekomme, man kann sie auch nicht weglasern lassen oder ähnliches. Außerdem wird sie für machtvolle Shadows zu spüren sein, auch ohne dass sie sie sehen. Du wirst sie dein Leben lang tragen müssen."
Er zeichnete mit einem ganz hellgrauen Stift die Vorlage auf meine Haut, machte manchmal etwas davon mit Wasser weg oder zeichnete etwas dazu.
Thomas nahm ein Gerät von der Ablage, ich nahm an, dass es die Tätowiernadel war. Er setze damit an meinem Arm an, doch bevor er den ersten Stich machte hielt er inne und fragte ein letztes Mal: ,,Bereit?"
Ich ließ mir Zeit mit der Antwort. War ich bereit? War ich wirklich bereit für etwas, das mich mein Leben lang begleiten würde? War ich überhaupt bereit für die ganze Sache mit den übernatürlichen Fähigkeiten? War ich bereit, kleinere oder größere Teile meines bis jetzt eigentlich ganz gewöhnlichen Lebens aufzugeben? Teile, die ich wahrscheinlich nie mehr zurückbekommen würde? War ich wirklich bereit für all das? Wollte ich es überhaupt?
Ich wusste es nicht.
Und doch nickte ich.
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Die Schattentänzerin | Abgebrochen
Fantasia,,Das muss ein ziemlicher Schock für dich sein, oder? Zu sehen, wie deine real geglaubte Welt einfach so mir nichts, dir nichts aus den Fugen gerät und du rein gar nichts dagegen tun kannst." Verwirrt. Mächtig. Gejagt. Gefährlich ... Zoe ist eine ga...