Verfallen

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Nachdem ich Potter hatte stehen lassen, folgte er mir einige Augenblicke später ins Klassenzimmer für Zauberkunst und ließ sich lässig auf den freien Platz neben Sirius Black fallen. Er beobachtete mich grinsend und wippte mit seinem Stuhl. Dachte er etwa, dass er dabei cool aussah?
Ich würdigte ihn keines Blickes, sondern heftete meinen Blick stattdessen auf den kleinen Professor Flitwick, der wie üblich auf einem Stapel Bücher stehend, damit der über den Rand des Pultes sehen konnte, die Klasse um Ruhe bat. Schließlich warf ich doch einen genervten Blick in Potters und Blacks Richtung. Mary, die hinter Sirius saß, warf ihm erneut bedeutungsvolle Blicke zu, die er allerdings wiederum nicht zu bemerken schien. Ihr langes Lockenhaar fiel über die Rückenlehne des Stuhls und schimmerte im goldenen Licht des Mittseptembers. Ich grinste ihr zu und sie lief zartrosa an und grinste beschämt zurück. Ich gab ihr mit einem Blick zu verstehen, dass ich bereits wusste, dass sie auf Sirius stand und es für mich vollkommen in Ordnung war, auch wenn ich nicht sonderlich viel von ihm hielt. Ich war mir allerdings nicht sicher, ob sie meinen Blick richtig deutete, denn sie sah eher verwirrt als erfreut aus und schnell drehte ich meinen Kopf wieder in Flitwicks Richtung. Wir hatten zusammen mit den Ravenclaws Zauberkunst und wiederholten über eine Stunde lang Aufmunterungszauber, welche nach Professor Flitwick ganz sicher in den UTZ-Prüfungen drankommen würden.
Zauberkunst machte mir ausgesprochen Spaß und zusammen mit Mary und Marlene amüsierte ich mich die ganze Stunde (zugegebener Maßen unter der Wirkung des Aufmunterungszaubers) köstlich über die sogenannten Rumtreiber. Ich musste sogar mehrmals über Potters Witze lachen, was mich im Nachhinein ausgesprochen ärgerte, denn er warf mir ab und zu einen glühenden Blick zu und schien furchtbar gut gelaunt zu sein, ob jetzt aufgrund des Aufmunterungszaubers oder nicht, wusste ich nicht genau.

Noch ganz benebelt von der Wirkung der Aufmunterungszauber machte ich mich mit Mary, Marlene und den anderen Gryffindors meines Jahrgangs auf den Weg zu Pflege magischer Geschöpfe, was immer unten am Waldrand in der Nähe von Hagrids Hütte stattfand. Auf den Weg den Abhang hinunter war ich penibel darauf bedacht in keine der Schlammpfützen zu treten, von denen es zu meinem Leidwesen ziemlich viele zu geben schien. Pflege magischer Geschöpfe wurde von dem etwas in die Jahre gekommenen, gebrechlich aussehenden Professor Kesselbrand unterrichtet. Ich lief gerade durch ein Stück Wiese mit besonders vielen Matschmützen, als Potter von hinten dicht zu mir aufschloss.
„Hey, Evans", raunte er und mir lief ein warmer Schauer über den Rücken.
Seit wann klang James... ich meine, seit wann klang Potters Stimme eigentlich so überaus männlich und attraktiv?
Ich regte mich im Stillen selbst über diesen Gedanken auf, doch ließ er sich anscheinend nicht aus meinem Kopf verbannen. Hatte ich seine zweifellos beinahe ausgebliebene Reifephase verpasst, oder hatte er den Sommer über heimlich an einem Wie-spreche-ich-besonders-attraktiv-Sprechkurs teilgenommen?
Ich kicherte kurz bei dem Gedanken und ärgerte mich noch im selben Moment darüber, denn Potter hatte mich scheel grinsend von der Seite beobachtet.
„Lust am Wochenende ein bisschen Spaß zu haben?", fuhr er fort und ich blieb wie angewurzelt stehen.
„Potter, was zur Hölle-, begann ich wutentbrannt, doch wurde prompt vom ihm unterbrochen.
„Nicht doch solchen Spaß, Evans", grinste er, „obwohl ich dagegen auch überhaupt nichts einzuwenden hätte, im Gegenteil".
Er grinste selbstgefällig.
„Was ich eigentlich meinte, Evans, ist, dass ich fragen wollte, ob du und deine beiden Freundinnen", er deutete zu Mary und Marlene herüber, die sich einige Meter vor uns flüsternd unterhielten, „Lust hätten am Wochenende etwas zusammen mit uns zu unternehmen."
Ich funkelte ihn weiterhin wütend an.
„Ich glaube nicht, dass daraus jemals etwas wird, Potter, denn ich-", begann ich.
"-Wollte schon immer mal liebend gern etwas mit dir unternehmen", beendete Mary meinen unvollendeten Satz breit grinsend.
Nun galt mein zorniger Blick ihr.
„Klasse, MacDonald", rief James und über die Schulter und reckte in Sirius' Richtung den rechten Daumen in die Höhe. Sirius grinste zurück und wische sich das dunkle Haar aus dem Gesicht. Wieder einmal sah er dabei unverschämt gut aus.
„Gut gemacht, Krone", sagte er lachend und wandte sich dann wieder Remus zu.
„Du glaubst doch nicht im Ernst, Potter", sagte ich verächtlich, „dass das meine Antwort ist, und dass ich auf deine .... Einladung", ich schnaubte bei dem Wort abfällig, „eingehen werde."
„Nun, deine Freundin hat es mir doch soeben bestätigt, Evans, und ich nehme ihre Worte sehr ernst. Ich denke, Moony und Wurmschwanz sind auch dabei, also sorg dafür, dass McKinnon auch kommt."
Er grinste noch einmal schief, rief, „Also, bis Freitagabend dann!", und bahnte sich durch die Schülerschar einen Weg zurück zu Sirius, Peter und Remus. Die ganze Stunde über bekam ich kaum etwas von dem, was Professor Kesselbrand uns über Einhörner erzählte, mit, sondern sann nur über einen ausgetüftelten Racheplan über Potter nach.
Das blöde Grinsen würde ihm schon noch vergehen, wenn ich seine Haare erstmal in Ringelwürmer verwandelt hatte. Merlin, es war ja fast schon lächerlich, wie sehr Potter an seinen Haaren hing. Zugegeben, er konnte äußerst verführerisch aussehen mit seinem zerstrubbelten schwarzen Haar, das ihm, seit ich ihn das erste Mal gesehen hatte, stets im Nacken abstand und seinen brauen Augen. Böse Lily. Ich rügte mich selbst für diesen lächerlichen Gedanken und zwang sie in eine andere Richtung.
Richtig, Verwandlung. Ringelwürmer. Mit den Gedanken oben im Schlafsaal bei meinem Verwandlungsbuch packte ich, als es klingelte, meine Tasche zusammen und wartete am Waldrand, ein gutes Stück von Potter entfernt, ungeduldig auf Mary und Marlene. Ich musste Mary dringend dazu bringen, ihren eben begangenen Fehler wieder gut zu machen. Sie kam kichernd zu mir herüber, legte einen Arm um meine Schulter und grinste mich unschuldig an. „
Was willst du eigentlich? Du brauchst gar nicht so zu tun, denn ich habe dich längst durchschaut, Lils. Ich sehe doch, wie du rot wirst, wenn er in deiner Nähe ist und wie du immer an deinem Haar herumfummelt, wenn er vorbei geht. Ich sag dir, Lily, es hat dich voll erwischt. Kein Wunder bei dem Kerl."
Sie lachte silberhell auf und drückte mich an sich, was sich als äußerst schwierig für sie ergab, da ich es nur sehr widerspenstig geschehen lies.
„Was faselt du da, Mary MacDonald?", sagte ich schroff und wies sie zurück. „Ich stehe mit Sicherheit nicht auf so jemanden wie Potter."
Ich redete unnatürlich laut, wie, um mich selbst durch die Worte wieder auf die richtige Bahn zurück zu bringen. Doch meine Worte entglitten mir und noch während ich sprach, merkte ich, dass sich ein Teil in mir, ein klitzekleiner Teil vielleicht nur, gegen diese Worte sträubte. Und in diesem Moment wurde mir klar, dass egal wie sehr sich mein Kopf auch dagegen wehrte, dieser Teil, und ich wusste nicht, wie groß dieser Teil war, James Potter bedingungslos verfallen war.

Du gefällst mir, wenn du so wütend bist, Evans!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt