Ich verbachte zunehmend mehr Zeit in der Bibliothek und hatte auch James überreden können, mir hier öfter Gesellschaft zu leisten, auch wenn ich dafür Sirius finstere Blicke in Kauf nehmen musste, weil ich seinen besten Freund immer öfter in Anspruch nahm. Die frostige Stimmung zwischen Mary und Marlene war noch immer nicht aufgetaut, da keiner von beiden Anstalten machte, auf den anderen zuzugehen. Trotz der Tatsache, dass ich und James die Tage meistens zusammen verbrachten, auch wenn er mich meiner Meinung nach viel zu oft vom Lernen abhielt, stahl er sich Abend immer zu den anderen Rumtreibern herüber. Im Gemeinschaftsraum saß ich abends oft allein in einem der karmesinroten Sessel am Kamin und las, weil James sich nur gelegentlich zu mir gesellte, mit der Frage, ob alles in Ordnung sei. Ich nickte nur, da ich auch die Gesellschaft von meinen beiden Freundinnen gemeinsam nicht ertrug, weil sie sich nur in den Haare lagen, was meist damit endete, das Mary mit Tränen in den Augen davonstürmte. Ich verstand mich immer besser mit den anderen Jungs und verbrachte auch mehr Zeit mit Remus und Peter, welcher auch Wurmschwanz genannt wurde (Merlin weiß, warum...), den ich zu Sirius' und James' Amüsement „Würmchen" getauft hatte. Auch wenn Peter den Ruf hatte, dass er nur am Rockzipfel der anderen hing und selbst kaum in die Gruppe passte, konnte ich ihn gut leiden. Viele begegneten ihm misstrauisch, doch ich mochte ihn in gewisser Weise. So war ich wohl gestrickt.
Am ersten Hogsmeade-Wochenende, an dem es uns wieder erlaubt war, das Dorf zu besuchen, machten sich James und ich dick eingepackt auf den Weg nach unten. Ich war froh, dass ich endlich mal wieder nach draußen kam. Denn abgesehen von den Pausen während des Unterrichts, war ich kaum an der frischen Luft gewesen. Wir reihten uns in die Schlange der Schüler ein, deren Namen auf einer langen Liste von dem Hausmeister abgehhakt wurden, um zu prüfen, ob auch wirklich die Erlaubnis, das Dorf zu besuchen, gegeben war. Mit Argus-Augen fasste er jeden Schüler genauestens ins Visier und ließ einige nur widerwillig passieren.
„Evans", murmelte er und beugte sich über die vergilbte Schülerliste, als ich vor ihm stand.
„Vorname?"
Er beugte sich zu mir herunter und ich nahm den Gestank von abgestandenem Putzwasser und Dreck wahr.
„Lily. Lily Evans.", sagte ich und ich und James tauschen bedeutungsvolle Blicke. James zog die Schultern ein und schob den Unterkiefer vor, um Besagten nachzumachen. Ich kicherte.
„Ah ja. Hier."
Mit einem langen knochigen Finger machte er einen Haken hinter meinen Namen.
„Heißen doch alle gleich heutzutage", nuschelte er. „Evans, Smith, Potter..."
„Ganz richtig. Mein Name ist Potter.", grinste James und ich knuffte ihm in die Seite.
„Potter", knurrte der Hausmeister und wir sahen zu, dass wir aus seiner Reichweite kamen, nachdem er ein Kreuz hinter James' Namen gesetzt hatte. Ich lachte und schlang meinen Arm um ihn.
Die Kälte schlug uns ins Gesicht, als wir das frostige Schulgelände betraten und ich zog meinen Schal enger um meinen Hals. James lief schnellen Schrittes auf das Tor zu und schlug den Weg nach Hogsmeade ein.
„Sollen wir denn nicht auf die anderen warten?", fragte ich und hob eine Braue.
„Ach, die kommen schon nach.", erwiderte James und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Los komm."
Er griff nach meiner behandschuhten Hand und zog mich mit sich. Ich zuckte die Schultern und folgte ihm den steinigen Weg entlang.
Wenige Zeit später ließen wir uns in einem kleinen Café nieder und bestellten Kaffee und ein Stück Siruptorte. Die ganze Zeit über starrte die Bedienung, eine junge blonde Hexe, um die zwanzig vielleicht, James an, was mich ausgesprochen störte. Aber James schien ihre Blicke nicht zu bemerken, wie ich mit Genugtuung feststellte. Wir teilten uns den Kuchen, und ich ließ meinen Blick nach draußen wandern. Ich liebte Hogsmeade. Die kleinen verwinkelten Gassen, die aneinander gereihten Länden, Die Drei Besen, Die Heulende Hütte... Später einmal wollte ich genau in so einem hübschen, kleinen Dorf leben. Draußen vor den Fenstern des Cafés saß ein großer schwarzer Hund und wedelte wie wild mit dem Schwanz.
„Oh, sieh mal, James", rief ich. „Ist der nicht süß?"
James folgte meinem Blick und fasste den Hund ins Auge. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, während der Hund draußen freudig zu bellen begann und mit dem Schwanz auf den Boden schlug.
„Ja, sehr süß.", presste James hinter zusammengekniffenen Lippen hervor.
Ich sah ihn verwirrt an und meine linke Augenbraue wanderte Richtung Haaransatz.
„Was hat dir denn die Laune verdorben?", fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Der ist doch wirklich süß", sagte ich erneut, stand auf und stieß die Tür des Cafés auf, um den Hund ins Warme zu lassen, doch dieser rührte sich nicht von der Stelle.
„Komm schon", lockte ich ihn, doch der Blick des Hundes, und nein, ich täuschte mich nicht, war starr auf James gerichtet. Der Hund bellte erneut, während James sich durch sein ohnehin schon zerzaustes Haar fuhr.
„Was willst du hier? Bei Merlins Bart, kannst du nicht einmal-
„James?", fragte ich und versuchte ein Grinsen zu unterdrücken. „Redest du da gerade mit dem Hund?"
„Weißt du Lily, ich kenne diesen Hund, und er ist sehr..."
Seine Stimme verlor sich. Ich hob abermals fragend eine Braue.
„Ist das dein Hund?"
„Ja, ich meine...Nein, es ist nicht mein Hund. Also doch. In gewisser Weise.", stotterte James herum. Der Hund und James tauschten Blicke, sofern ich das beurteilen konnte.
James sah beinahe verzweifelt aus und sein Blick zuckte zwischen mir und dem großen schwarzen Hund hin und her. Der Hund sprang auf und ging in eine spielerische Haltung, den Hintern in die Luft gereckt und die Vorderbeine flach auf dem Boden.
James seufzte. Er betrachtete zuerst den Hund und dann schweifte sein Blick über mein Gesicht und er lächelte sanft. Plötzlich schien er einen Entschluss zu fassen.
„Also ist es jetzt dein Hund oder nicht?", hakte ich nach.
Ich erwartete eine weitere Ausflucht vonJames, doch seine darauffolgenden Worte ließen mich im ersten Moment ernsthaft an seinem Verstand zweifeln.
„Lily, das ist kein Hund", sagte James. "Das ist Sirius."Irgendwie lesen zwar viele mein Geschreibsel, aber nie äußert sich jemand dazu... :(
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Du gefällst mir, wenn du so wütend bist, Evans!
FanfictionRumtreiberzeit. Eigentlich hätte Lily Evans' Abschlussjahr als Schulsprecherin glänzend beginnen können, wäre da nicht ein gewisser jemand mit zerstrubbeltem schwarzem Haar und haselnussbraunen Augen gewesen. Der Schulstress, die Rumtreiber und auch...