Eifersucht

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Stöhnend rieb ich mir die Stirn, presste die Lippen aufeinander und aus der Spitze meines Zauberstabes brach eine silberig schimmernde Hirschkuh hervor. Sie landete leichtfüßig auf den Steinfliesen, schwebte durch den Raum und sprang federleicht über die Köpfe der anderen Prüflinge hinweg, bis sie auf das Fenster zu schwebte und zu neblig weißem Rauch verpuffte.
„Sehr gut, wirklich, ausgezeichnet, meine Liebe", sagte Professor Tofty und schlug die adrigen, knotigen Hände ein paar Mal zusammen. „Ja, in der Tat... Sehr talentiert... Ein gestaltlicher Patronus, du meine Güte."
Ich lächelte ihm freundlich zu und rieb mir meine schweißnassen Hände unauffällig an der Innenseite meines Umhangs ab, ehe ich dem gebrechlichen Prüfer nickend die Hand schüttelte und mit dem Gefühl purer Erleichterung den Prüfungssaal verließ.
Ich hatte nun auch endlich meine letzte praktische UTZ-Prüfung hinter mich gebracht.
Sirius lehnte lässig an der Wand mir gegenüber und ich rannte zu ihm herüber und warf mich ohne viel Federlesen in seine Arme.
„Immer langsam mit den jungen Hippogreifen, Evans", lachte er und erwiderte etwas perplex meine Umarmung. „Womit habe ich nur all diese stürmischen, leidenschaftlichen und tief in deinem Innern brodelnden Ausdrücke wahrer Liebe verdient?"
Ich boxte ihm mit dem Arm in die Seite, worauf er in schmerzlicher Theatralik das Gesicht verzog.
„Black", sagte ich forsch. „Lass den Unsinn."
„Unsinn?"
Er schürzte unschuldig die Lippen und senkte demütig den Blick wie ein ungehorsames Schulmädchen, das zu Direktor gebeten wurde.
Ich überging sein seichtes Schauspiel und drehte den Kopf zur Tür des Prüfungsraumes.
„Warum steht der Buchstabe „P" nur so weit unten im Alphabet?", fragte ich ungeduldig an Sirius gewandt. „Die sind noch immer bei „E".
„Frag mich keine Fragen, auf die du die Antwort schon weißt, Evans", murrte Sirius und ich ließ ihn los. Er zog den Zauberstab aus der Tasche und zielte wahllos in die Menge wartender Schüler, die sich in die Schlange vor dem Klassenzimmer eingereiht hatten und darauf warteten, ihre Prüfung antreten zu können.
„Ahh, wen haben wir denn da?", sagte Sirius plötzlich und seine Augen blitzen in närrischer Freude auf und ein Grinsen legte sich auf seine Züge, obwohl er Sekunden zuvor noch gelangweilt an der Wand gelehnt hatte und versucht hatte einen Blick auf das zu erhaschen, was sich unter dem Rock von Pauline Clearwater befand. Ganz zu schweigen von all den anderen Vorzügen des veela-artigen Wesens.
Er ließ den Zauberstab sinken und richtete sich auf. „Den ollen Schniefelus." Er grinste breit. „Wette er wartet nur darauf, sein abnorm großes Riechorgan auf den Prüfungsbogen zu senken und mit seinem schwarzen Zauberhölzchen zu fuchteln, um allen zu beweisen, dass er das ‚O' verdient hat."
Ich sagte nichts. Und obwohl ich mich von Snape distanziert hatte, konnte ich es nach wie vor nicht ausstehen, wie James und seine Freunde über ihn redeten.
„Naah, Evans", sagte Sirius beschwörend. „Wusste ich's doch."
„Was wusstest du?", fragte ich mit gerunzelter Stirn.
Blacks Grinsen wurde breiter. „Dir liegt noch was an der fetthaarigen, schleimigen Fledermaus."
Ich öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch schloss ihn wieder.
„Hab ich Recht?"
Sirius musterte mich eindringlich. „Nicht dein Ernst, Evans."
Er schien ernsthaft verblüfft. „Wenn James das erfährt, dreht er dem öligen Schniefelus die Gurgel um."
„Mir liegt nichts an ihm", sagte ich schnell und hob warnend eine Augenbraue. „Und wage es ja nicht, James irgendeinen Bären auszubinden. Ich kann ihn genauso wenig leiden, wie du oder James."
Doch das war gelogen. Egal wie sehr ich auch versuchte, Severus zu hassen, ihn dafür zu hassen, wer er war und was er getan hatte... Ich konnte es nicht. Bei Weilen erschien es mir fast so, als könnte ein Teil von mir nicht von ihm loslassen. Ich konnte ihn nicht hassen. Es ging einfach nicht, wie sehr ich mich auch zwang, es zu versuchen, es klappte nicht.
Mir war klar, dass ich Severus niemals verzeihen konnte. Es würde nie wieder so wie früher sein. Doch in meinem Herzen klaffte eine kleine Wunde, ein Loch, an der Stelle wo Severus zuvor gewesen war. Scharlachrot lief das Blut aus der frischen Wunde und es sah kaum danach aus, als würde das zerissene Band der Freundschaft oder die klaffende Wunde je wieder ganz heilen können.
Sirius sah mich an und etwas in seinem Blick ließ Unmut in mir aufkeimen. Es schien fast so, als glaubte er mir nicht. Doch er sagte nichts, steckte nur den Zauberstab unter den Umhang und richtete seinen Blick wieder auf Pauline Clearwaters Hintern. Aber sein Blick sah verschwommen und glasig aus, so als wäre er mit den Gedanken ganz wo anders.
Ich ignorierte die Stimme in meinem Kopf und vergrub mich für den Rest der Wartezeit hinter Große Errungenschaften der Zauberkunst.

Um viertel nach ein trat ein erschöpft aussehender, aber strahlender James aus dem Prüfungsraum. Ich ließ mein Buch fallen und lief zu ihm herüber.
„Und wie lief's bei dir?", fragte ich etwas außer Atem.
„Ich denke, es lief ganz gut", sagte James lächelnd und küsste mich kurz. „Und bei dir?"
„Auch", erwiderte ich nur, erleichtert, dass ich nun nichtmehr alleine das drückende Schweigen zwischen mir und Sirius ertragen musste, oder seinen argwöhnischen Blick auf mir, wenn er dachte, dass ich nicht hinsah.
„Das ‚O' dürften wir in der Tasche haben, Krone", sagte Sirius grinsend und legte einen Arm um James, sodass ich gegen die Wand gedrängt wurde.
Empört wollte ich etwas sagen, doch Sirius hatte James schon in ein Gespräch verwickelt und mir den Rücke zugekehrt. Etwas verletzt, hob ich meine Tasche auf, verstaute mein Buch darin und eilte James und Sirius hinterher. Als ich mich durch eine Schar Hufflepuffs quetschte, wurde gerade Severus' Name aufgerufen. Kurz bevor er den Prüfungsraum betrat blitzen seine kalten, schwarzen Augen zu mir herüber. Noch ehe ich reagieren konnte stieß ich mit einem großen blonden Hufflepuff-Jungen zusammen.
„Eyy, pass doch auf", blaffte er mich an.
„Sorry", murmelte ich verlegen und klaubte mein heruntergefallenes Buch vom Boden auf.
„Was denkst du dir eigentlich?", fragte der Junge herausfordernd.
„Ich habe doch gesagt, dass es mir leid tut", sagte ich genervt, schwang mir die Tasche über die Schulter und wirbelte auf dem Absatz herum.
„Du hast meine Frage nicht beantwortet", dröhnte der Junge.
Mit wutverzerrtem Gesicht drehte ich mich zu ihm herum, stemmte die Arme in die Hüfte und blitze ihn zornig an. „Zehn Punkte Abzug für Hufflepuff", sagte ich erbost und drängte mich an ihm vorbei.
Ich spürte einen Stoß und landete mit dem Hintern schmerzhaft auf dem steingefliesten Korridor.
„Ups", schnarrte der Hufflepuff. „Nicht, dass die Schulsprecherin mir jetzt noch mehr Punkte abzieht."
Ich schaffte es nicht, mein Gesicht zu wahren. Der Schmerz und die Scham trieben mir Tränen in die Augen
„Lass sie in Ruhe."
Snape richtete seinen Zauberstab weiß vor Zorn auf den riesigen Hufflepuff-Siebtklässler.
„Was willst du denn, Bürschchen?"
„Entschuldige dich bei ihr."
„Du willst, dass ich was tue?"
„Los, entschuldige dich bei ihr."
„Und was, wenn ich es nicht tue."
„Ich hab gesagt, dass du dich-"
„Was ist hier los?", fragte eine schneidende Stimme.
Professor McGonagalls bleiches, wutentbranntes Gesicht tauchte zwischen den Schülerscharen auf. „Auseinander! Snape, Forcett!"
Sie schob de Hufflepuff beiseite. „Sie gehen in Ihre Prüfung, Snape. Und Sie, Forcett, machen, dass Sie in Ihrem Gemeinschaftsraum kommen. Und zwanzig Punkte Abzug für jeden von Ihnen." Sie drehte sich mit bebenden Nasenflügeln zu mir um. „Und von Ihnen hätte ich doch mehr erwartet, Miss Evans." Mit diesen Worten wandte sie sich ab und folgte Snape in den Prüfungsraum.
Wütend schob ich durch die Menge und boxte einige Schüler achtlos aus dem Weg. Am Ende des Ganges warteten Sirius und James mit verwirrtem Gesichtsausdruck auf mich. Doch etwas an Sirius' Blick gefiel mir nicht. Er wirkte in gewisser Weise befriedigt über irgendetwas.
„Was lief denn zwischen Schniefelus und dem Hufflepuffhüter?", fragte James besorgt und legte mir einen Arm um die Hüfte.
„Die haben sich wegen mir in die Haare gekriegt", murmelte ich.
„Wegen dir?" James starrte mich ungläubig an und hielt mich an dem Schultern fest, sodass ich ihn ansehen musste. „Warum wegen dir?"
„Ach, keine Ahnung", sagte ich gereizt und riss mich von James los. „Severus hat mich halt in Schutz genommen, als dieser Hufflepuff irgendeinen Stuss von sich gegeben hat."
„Er hat WAS?"
„Herrgott, James", rief ich.
Ich hatte jetzt wirklich nicht die Nerven, mich mit einem eifersüchtigen Freund herumzuschlagen.
„Wenn er jemals Hand an dich legt, dann schwöre ich dir..."
Doch ich schenkte James nur einen vernichtenden Blick und machte auf dem Absatz kehrt. Doch ich konnte schwören, das Knacken seiner Finger, als er die Hände zu Fäusten ballte, noch im nächsten Korridor zu hören, während sich seine Muskeln spannten und er mit dem Kiefer mahlte.

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Und? Wie fandet ihr das Kapitel? James scheint ja nach wie vor ziemlich eifersüchtig zu sein, was Snape betrifft. Ob er sich umsonst Sorgen macht... oder nicht?
Freue mich immer über eure Reviews :)

Du gefällst mir, wenn du so wütend bist, Evans!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt