Die Heulende Hütte

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Ich lachte. „Du willst mich doch auf den Arm nehmen, Potter", knurrte ich. „Danach ist mir jetzt wirklich nicht zu Mute."
Doch etwas in seinem Blick ließ mich vermuten, dass James diese Aussage tatsächlich ernst meinte.
Ich trat abwartend von einem Fuß auf den anderen und zwirbelte eine Haarsträhne um meinen Zeigefinger. Nachdem wir gezahlt hatten und wir das Café verließen, fiel ich über James her.
„Würdest du mir jetzt bitte mal erklären, was-
„Immer langsam mit den jungen Hippogreifen, Lily. Alles zu seiner Zeit.", sagte James gelassen. Der Trottel von meinem Freund schien es auch noch zu genießen, mich zappeln zu lassen. Ich hätte am liebsten wie ein kleines Kind mit dem Fuß auf den Boden gestampft, doch ich riss mich zusammen. Meine Mutter fand es immer zu amüsant, dass ich dies tat, was meine Glaubwürdigkeit in einem Streit oder Wortgefecht so ziemlich auf die eines sechsjährigen Kindes hinabstufte. Eher kontraproduktiv, wie ich mir später selbst eingestehen musste.
Ich schnaubte, aber ließ mich von ihm mitziehen. James folgte dem großen schwarzen Hund vor uns, der mir zunehmend unsympathischer wurde. Er hatte irgendetwas an sich, was mir nicht behagte. Sein Schwanz hüpfte in geradezu närrischer Freude vor uns her. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte man meinen können, der Hund zeige so etwas wie Schadenfreude oder Belustigung über unser, oder vielmehr über mein, Verhalten. Warum zum Teufel liefen wir diesem Köter hinterher, wo wir doch genauso gut hätten unsere Zeit sinnvoller verbringen können? Mit lernen zum Beispiel oder mit, und ich hasste mich für diesen Gedanken selbst ein bisschen, knutschen.
Wenn auch widerwillig folgte ich ihm durch einige enge Gassen hindurch, bis ich schließlich den matschigen Pfad wiedererkannte, der zur Heulenden Hütte führte.
„Och James. Jetzt nicht irgendwelche Mätzchen mit Tatze hier.", sagte ich und war stehen geblieben. Ich konnte mir sehr lebhaft vorstellen, wie Sirius und James irgendwas ausgeheckt hatten, nur um mich ins offene Ruder laufen zu lassen, wo ich doch in letzter Zeit so schlecht drauf war, wegen dem ständigen Herumgesitze in der Bibliothek.
An meinen Chucks klebte tierisch viel Matsch und ich hatte herzlich wenig Lust, mir auch noch meine restlichen Klamotten zu versauen.
„Tatze?", James lachte. „Wie gut, dass du ihn erwähnst."
Wieder einmal stand ich vor einer dieser zwiespältigen Aussagen von James. Ich verstand nur Bahnhof, doch fragte erst gar nicht nach. Es kam immer wieder zu solchen Momenten, wo ich mir in der Nähe der Rumtreiber furchtbar einfältig vorkam, da sie über Dinge Bescheid zu schienen wissen, die mir fremd waren.
Der Weg stieg an und die Heulende Hütte kam in Sicht. Früher hatte ich sie gruselig gefunden, mit ihren mit Brettern vernagelten Fenstern und dem schiefen Dach, doch bei Tage wirkte sie harmlos und beinahe grotesk in der stillen Landschaft, die sie umgab.
Das viel zu lange Gras um das Haus herum hätte längst gemäht werden müssen, doch ich genoss den Anblick des sanft im Winde wogenden Gewächses, auch wenn der erste Frost schon an einzelnen Halmen heraufzuklettern begann.
Der Hund war stehen geblieben und schien nun vor dem laschen Stacheldrahtzaun, der die Heulende Hütte umgab, zu warten. James hob die untere Lasche des Drahtes an und schlüpfte, von dem Hund gefolgt hindurch, doch nicht ohne sich noch einmal zu vergewissern, dass wir allein waren.
Er blickte mich abwartend an und wies mir mit einer Handbewegung an, ebenfalls unter dem Zaun hindurch zu kriechen. Ich weiß nicht, was lächerlicher war: Die Tatsache, dass wir uns von einem Hund, von einem einfachen Streuner vermutlich, den Weg, wohin auch immer, zeigen ließen, oder die Tatsache, dass James das Ganze unheimlich ernst zu nehmen schien, während mir eher nach Lachen zumute war.
Ich zuckte mit den Schultern. Was kümmerte es mich, noch skurriler konnte das Ganze hier ohnehin nicht werden. Ich schlüpfte durch das Loch, das James mir aufhielt und stapfte hinter ihm den Hang zur Heulenden Hütte hinauf. Die Fragen, die mir alle auf der Zunge brannten schluckte ich herunter und beschloss einfach so zu tun, als sei dieser -ich nenne es mal Ausflug- Ausflug das normalste auf der Welt. Nur ich, mein Freund und irgendein verdammter Köter. Ich warf dem Hund einen zornigen Blick zu. Hatte ich gesagt, dass er süß war? Ja? Nun, das nehme ich folglich zurück.
Mit vor der Burst verschränken Armen überholte ich James mit trotzigem Blick, der ein Lachen nicht unterdrücken konnte.
„Du siehst echt niedlich aus, wenn du dich so aufregst, Lily."
Mein Todes-Blick traf ihn, doch er hatte zu meinem Leidwesen nicht die gewünschte Wirkung. James' Grinsen wurde noch breiter und er legte einen Arm um mich.
Der Weg war weiter und anstrengender, als ich gedacht hatte. Nach einer viertel Stunde hielt ich mir die schmerzenden Seiten und mir war furchtbar warm in meiner dunklen Winterjacke.
„Ich trage Euch, Mylady", rief James und war mich kurzer Hand über die Schulter. Wie ein Sack Kartoffeln hing ich da, unfähig ein Wort hervor zu bringen, da ich lachen und protestieren zugleich wollte. Mein ganzer Körper wurde durchgeschüttelt, weil James auch noch zu rennen begonnen hatte. Sein Quidditch-Talent machte sich wieder einmal bemerkbar. Tss, Angeber.
Vor uns stieg der Hund leichtfüßig über das Geröll hinweg, was nun den Weg zierte, je näher wir der Heulenden Hütte kamen. Als wir kurz vor der Bruchbude von Hütte ankamen, ließ James mich von seinen Schultern gleiten.
„Ich danke Euch", sagte ich grinsend und deutete einen Knicks an.
Meine gute Laune war zurück und auch das dumme Grinsen des Hundes, ja, es sah in der Tat aus wie ein Grinsen, konnte dieser keinen Dämpfer versetzen.
James gab mir einen Kuss auf die Stirn und schob mich vorwärts. Er hob ein loses Brett an einem Fenster im Erdgeschoss an. Diese Geste sah mir viel zu vertraut aus, als dass ich hätte sagen können, James sei das erste Mal hier.
„Ladys first", sagte James und ich kletterte durch das Loch.

Du gefällst mir, wenn du so wütend bist, Evans!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt