Ich verbrachte die Nacht darauf im Krankenflügel. James wich in dieser Nacht nicht von meiner Seite, und als ich den Krankenflügel wieder verlassen konnte, waren die Ländereinen hinter den Fenstern des Schlosses neblig und grau. Wir hatten am besagten Abend wohl den letzten schönen Herbsttag erwischt.
Doch nun neigte sich der Herbst langsam dem Ende zu, der Wind pfiff über die Ländereien des Schlosses und die Wipfel des Verbotenen Waldes verloren ihren rot-goldenen Farbschimmer und färbten sich zu einem abgestorbenen braun. Der See gefror, die Sonne zeigte sich immer seltener und die Schüler meines Jahrgangs, mich eingeschlossen, wurden zunehmend missgelaunter, denn die ersten Anzeichen des Winters kündigten sich an, und somit würden im Frühjahr auch die UTZ-Prüfungen stattfinden. Ich saß mal wieder -es war seit zwei Wochen beinahe mein Alltag geworden- in der Bibliothek fest und büffelte Zaubertränke.
Ich hatte mich seit dem Vorfall mit den Slytherins bemüht, Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, und versucht mich auf meine Abschlussprüfungen zu konzentrieren. Leichter gesagt, als getan, vor allem, wenn man James Potter datete. Nach dem Gespräch in Dumbledores Büro, der Verwarnung und den Strafarbeiten war ich vorsichtiger geworden, was meine Schullaufbahn anging. James, Sirius, Remus und ich waren noch recht glimpflich davon gekommen, von dem Schrubben des Pokalzimmers mal abgesehen, wobei ich und Remus mehr als die Hälfte der Arbeit übernommen hatten, während James und Sirius es vorzogen, dem Hausmeister einen Streich zu spielen. Das hatte mich beinahe zur Weißglut getrieben. James Potter hatte Glück, dass ich ihn mittlerweile leiden konnte. Ich grinste und schlug „Die Enzyklopädie der Giftpilze" zu. Ich drehte mich um, und ließ meinen Blick suchend durch die Bibliothek streifen. Mary saß einige Tische von mir entfernt, den Kopf in die Hände gestützt und vor sich eine Ausgabe „Große Errungenschaften der Zauberkunst". Ihre Augen waren halb geschlossen und ihr Mund bewegte sich, während sie leise las. Ich seufzte und packte meine Sachen zusammen. Um diese Jahreszeit wurde es furchtbar schnell dunkel, was meine Laune nicht unbedingt besserte. Gerade war ich dabei, meine Tasche zu schließen, als sich zwei große Hände von hinten um meine Taille legten. Ich muss zugeben, dass es sich nicht schlecht anfühlte, doch mein Gesichtsausdruck oder meine Körpersprache verrieten nicht den Hauch, von dem, was in meinem Kopf vorging.
„James", sagte ich leicht genervt. „Du weißt, dass ich es nicht leiden kann, wenn du dich so von hinten anschleichst."
Ich hörte, wie er leise an meinem Ohr lachte. Er schob meine Haare nach hinten und begann meinen Nacken zu küssen.
„Verdammt, Potter", stieß ich keuchend hervor. „Lass das."
Ich versuchte mich aus seiner Umarmung zu befreien, doch konnte nicht umhin, seine Nähe zu genießen.
„Nicht hier, James", sagte ich und drehte mich zu ihm zu, seine Arme immer noch um mich geschlungen.
„Ich muss den Aufsatz für Professor Slughorn noch fertig stellen und außerdem-
Sein Kuss schnitt mir das Wort ab.
„James, ich meine es ernst. Ich-
„Hmpf", machte ich, als er meinen Schwall aufkommender Wörter erneut mit einem Kuss erstickte.
„Potter!", ich schob ihn widerwillig von mir. „Das ist wirklich nicht der passende Zeitpunkt. Ich muss lernen, und wenn du mich dauernd ablenkst, rassle ich noch durch alle Prüfungen."
„Du fällst schon nicht durch, Evans."
Er grinste und fuhr sich durchs Haar.
„Und was ist mit dir?", erwiderte ich angriffslustig. „Ich hab dich bis jetzt noch keinen Tag lang in der Bibliothek oder sonst wo auch nur mit dem Fetzen eines Buches oder dergleichen gesehen. Im Übrigen", ich richtete mich zu meiner vollen Größe auf, was jedoch nicht sehr eindrucksvoll aussehen mochte, da ich James kaum bis zur Schulter reichte, und tippte ihm mit dem Zeigefinger auf die Brust, „Was treiben du Sirius, Peter und Remus eigentlich immer? Auf den Gängen, im Gemeinschaftsraum oder in der Bibliothek kann man euch nicht finden. Außerdem hat Dorcas Meadowes aus unserem Jahrgang gesagt, dass sie euch letztens, um Mitternacht, ich betone, um Mitternacht unten bei der peitschenden Weide gesehen hat. Was habt ihr da getrieben?"
„Ach komm schon, Lily. Du glaubst noch nicht im Ernst alles, was in Form von Gerüchten und Getratsche durch die Gänge von Hogwarts wandert."
Er strich mir über die Wange und fuhr mir mit der Hand übers Haar.
„Lass uns irgendwo hingehen, wo es ruhiger ist."
Er griff nach meiner Hand und sein Blick schweifte durch die Bibliothek, die voller Schüler war, und wo wir uns nur im Flüsterton unterhalten konnten. Hier war es mehr als ruhig.
Tss. Ich schwang mir die Tasche über die Schulter und marschierte Richtung Ausgang, James mit mir ziehend, da er meine Hand noch immer festhielt.
Ich klatsche Madam Pince, der Bibliothekarin, die ausgeliehenen Bücher vor die Nase und rauschte aus der Bibliothek.
„Hey, Lily. Was ist denn los?"
James verwirrter Blick ließ mich stehen bleiben.
„Ach, ich weiß auch nicht, James. Im Moment ist mir das alles einfach zu viel. Die UTZ- Prüfungen, das stundenlange Sitzen in der Bibliothek, das mit dir, meine Freundin..." Ich deutete auf Mary, die trübselig über ihren Büchern hing.
Seit Sirius und Marlene Hand in Hand um die Ecke gebogen waren, am Abend des Dates, war ihre Laune auf einem Tiefpunkt angelangt, welcher nichts und niemand etwas entgegen zu bringen vermochte, um sie zu heben.
James starrte mich entsetzt an.
„Was?", rief ich aus und zog verwirrt die Brauen zusammen.
„D-Das mit mir?", fragte er stotternd. Seine Stimme war brüchig und er ließ meine Hand los.
Bei Merlins Bart. Ich hatte mich völlig falsch ausgedrückt. Doch befand ich mich zur Zeit in jener Phase, welche jedes Mädchen einmal im Monat zu durchleben hatte, was etliche Stimmungsschwankungen, Heißhunger und andere Unannehmlichkeiten mit sich brachte.
Ich fuhr mir durchs Haar.
„Nein, du hast das falsch verstanden. Ich meine, so war das nicht gemeint, James.", beschwichtigte ich ihn. „Ich genieße jede Sekunde mit dir."
Ich schwieg. Er schien besänftigt, doch seine gute Laune von eben vermochten auch diese Worte nicht zurückzuholen.
Ich griff nach seiner Hand.
„Es tut mir leid.", flüsterte ich und küsste ihn.
Das schien auszureichen. Ich verkniff mir ein Schmunzeln, als er den Kuss erwiderte. Merlin, jemand mit solchen Lippen sollte wirklich verboten gehören, und doch fühlte es sich so gut an, wie er meinen Körper gegen die Wand des Korridors drückte.
Ich schnappte nach Luft und zog ihn näher an mich.
„Sachte, Evans", vernahm ich, seine heisere Stimme, und ich meinte ein Grinsen in diesen Worten mitschwingen zu hören.
Ich schauderte und schlang meine Arme um seinen Hals, während er seine Hände in meinem dichten Haar vergrub. Ich lächelte in den Kuss hinein, und schloss die Augen.
Einige Augenblicke später löste er sich sanft von mir und zog mich mit sich. In einem leeren Klassenzimmer, ein paar Stockwerke über der Bibliothek, ich glaube es war das Klassenzimmer für Verwandlung, fiel er erneut über mich her. Als der Gong zum Nachmittagsunterricht ertönte, löste ich mich nur widerwillig von ihm. Diesmal hatte ich durchaus einen guten Grund, warum ich zu spät zu Zaubertränke kam.
Huhu, da bin ich wieder :) Yaay. Hat euch das Kapitel gefallen? Hinterlasst mir doch bitte ein Review, würde mich sehr freuen :D
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Du gefällst mir, wenn du so wütend bist, Evans!
FanfictionRumtreiberzeit. Eigentlich hätte Lily Evans' Abschlussjahr als Schulsprecherin glänzend beginnen können, wäre da nicht ein gewisser jemand mit zerstrubbeltem schwarzem Haar und haselnussbraunen Augen gewesen. Der Schulstress, die Rumtreiber und auch...