14 | old people

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14. Gespräch › Alte Menschen

„Sie scheinen unglücklich zu sein, Sir."

„Das bin ich auch."

„Warum, wenn ich fragen kann?"

„Meine Ehefrau verlas gestern diese Welt."

„Das tut mir leid zu hören.."

„Es ist schon gut. Sie hatte sowieso schreckliche Schmerzen, jetzt geht es ihr im Himmel wenigstens besser."

„Das stimmt, Sir. Mein Name ist übrigens Paul."

„Ich bin George."

„Also, George, wie fühlen Sie sich gerade?"

„Den Umständen nach nicht so gut."

„Kann ich verstehen, das war eine unangebrachte Frage. Entschuldigen Sie!"

„Es ist schon gut, Junge. Wie fühlst du dich denn?"

„Ich fühle mich gut, danke der Nachfrage. Außerdem macht es mich glücklich, dass ich mit Ihnen ein Gespräch haben kann."

„Wieso willst du überhaupt mit mir sprechen?"

„Ich mache so eine Arbeit in der Universität, worum es darum geht, dass ich eine Reise durch die Welt mache und viele Menschen anspreche, und mit ihnen spreche."

„Das hört sich toll an."

„Ist es auch, es ist wirklich sehr interessant."

„Das glaube ich dir."

„Waren Sie ein guter Schüler?"

„Ich war ein kompletter Dummkopf, muss ich sagen. Aber mein bester Freund, William, war ein verdammt schlauer Kerl, weswegen er mit mir immer lernte. Ach, William."

„War William ein guter Mensch?"

„Er war der beste Mensch, den ich je in meinem Leben kennenlernen durfte. Ich wünschte er wäre noch hier, wie die alten Zeiten. Wir würden dann irgendeinen Witz raushauen, und dann lachen."

„Was ist mit ihm passiert?"

„Er verstarb im Krieg."

„Das tut mir so leid zu hören, George."

„Es war anfangs so schwer zu verkraften, aber mittlerweile ist es in Ordnung. Ich habe über die Jahre gelernt, Schmerz zu ertragen."

„Das tun wir alle. Haben Sie Kinder?"

„Ja, vier Kinder sogar, zwei Mädchen und zwei Jungs."

„Melden sie sich noch?"

„Ich bin mir sicher, sie wollen sich melden, aber irgendwie funktioniert mein Handy einfach nicht, weswegen sie mich nicht anrufen können."

„Kann ich mir Euer Handy mal anschauen?"

„Klar, hier."

„Ihr Handy funktioniert noch sehr gut, auch wenn es schon ein älteres Handy ist. Schauen Sie, wenn ich Sie anrufe, geht es sogar."

„Das kann nicht sein, meine Kinder müssen sich melden. Ich bin deren Vater."

„Es tut mir leid, aber Eure Kinder sind alle verschiedene Wege gegangen, ich kann es verstehen, dass es hart für Sie ist, aber Sie müssen es akzeptieren."

„Meine Kinder mochten mich sowieso nie, egal was ich für sie tat."

„Sie dürfen so nicht denken."

„Aber es ist so, Paul. Mein ältester Sohn, Charles, ich versuchte immer der beste Vater für ihn zu sein, doch er mochte mich nie, egal was ich tat. Als er achtzehn war, zog er einfach mit seiner Freundin aus. Mein anderer Sohn, John, zog ebenfalls aus, als er achtzehn war. Meine Töchter Mary und Grace mochten mich, aber sie wollten trotzdem so schnell wie möglich ausziehen. Ich glaube, es lag daran, dass wir eine arme Familie waren und sie sich vor mir schämten, denn Mary und Grace hatten beide reiche Männer geheiratet. Charles und John wollten nie, dass ihre Freunde sie und mich zusammen sehen. Sie schämten sich vor ihren eigenen Vater!"

„Ach, George. Sie verdienen sowas nicht, sie haben ein so großes Herz. Es tut mir so leid. Eure Kinder sind echt nicht warmherzig, das muss ich sagen."

„Ich gebe dir da recht, Paul. Weißt du, als sie auszogen, hatte ich nie mehr etwas von ihnen gehört. Mittlerweile sind es schon über fünfzig Jahre. Ich weiß nicht einmal, ob sie Kinder haben, oder ob sie noch leben."

„Das tut mir leid zu hören, George."

„Das hast du oft gesagt, Kleiner."

„Ich finde das einfach nur schrecklich, was Eure Kinder getan haben. Das verdient kein Mensch."

„Ich habe mittlerweile mit diesem Thema abgeschossen, Paul. Wenn sie mich nicht als Vater wollten, will ich sie nicht als Kinder."

„Oh man, das ist so herzbrechend.."

„Es ist schon spät geworden, Paul. Du solltest gehen, und außerdem will ich jetzt meine Hände waschen und schlafen gehen. Danke für deine Worte."

„Ich danke Ihnen für dieses wunderbare Gespräch, und dass Sie mir Eure Geschichte erzählst haben. Es ist eine Ehre für mich, Sie kennengelernt zu haben, George."

„Kein Ding, Kleiner. Hab noch tolle Gespräche vor dir."

„Das hoffe ich auch."

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