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Ich öffnete meine Augen wieder und war zurück in dem Labor.
Die Lampe über mir blendete mich und ich blinzelte etwas, um mich an das grelle Licht zu gewöhnen.
Mir war heiß und ich war verschwitzt.
Dieses Mal musste ich wieder das Schießen üben und mir wurden Aufgaben gestellt, bei denen ich mein Geschick beweisen musste.
Es war erneut Connor, oder eine Abbild von ihm, der mich durch das Training geführt hat. 
Außerdem musste ich mich in verschieden Situationen für das richtige Vorgehen entscheiden und auch wenn ich nicht immer die richtigen Entscheidungen traf, habe ich überlebt. Ich bin aufgewacht und habe es überstanden. Ja, ich lebe noch.

Erleichtert atmete ich aus und richtete mich langsam auf. Connor kam sofort zu mir und fragte, wie es mir geht.
„Gut, denke ich.“ ich brachte ein unsicheres Lächeln zustande und er half mir aufzustehen.
„Das ist heute super gelaufen. Morgen wird das Gleiche wieder so ablaufen.“ sagte der Colonel, der mit Logan auch aus dem Computerraum herausgekommen war. Hoffentlich hat der Colonel Recht. Hoffentlich werden die restlichen Trainingstage genauso unbeschadet verlaufen.
„Sie sind sicher müde, Ms Jones. Ich begleite sie in ihr Zimmer.“ sagte Connor mit einem warmen Lächeln. An diese Anrede werde ich mich nie gewöhnen. Vor allem, weil er mich, wenn wir alleine sind, mit 'Du' anspricht und das gefällt mir auch viel besser. Aber ich war wirklich müde und sehnte mich nach einer Dusche. Also folgte ich Connor aus dem Labor und war froh, es verlassen zu dürfen.

„Darf ich dich was fragen?“ unterbrach er die Stille.
„Das hast du doch gerade.“ zog ich ihn scherzend auf. Er lachte und gab mir eine Knuff in die Seite, während wir den Gang bis hinter zu meinem Zimmer gingen.
Vor der Tür blieben Conner und ich stehen.
„Welche Frage wolltest du mir denn stellen?“ fragte ich ihn nun und lächelte schelmisch.
„Wenn du in der Maschine bist, siehst du dann eine Person? Also ich meine, wer führt dich durch die ganzen Aufgaben?“
Mein Lächeln verschwand. Ich wusste genau, was er meinte, aber war mir unsicher, ob ich ihm sagen sollte, dass er diese Person sei. Grübelnd sah ich zu Boden.
„Weißt du, was ich meine? Siehst du auch jemanden?“ drängte er weiter.
„Ja, ich weiß was du meinst. Und um deine Frage zu beantworten, bist du es, den ich sehe. Du führst mich durch die Aufgaben und sagst mir, was ich zu tun habe.“  platzte es einfach so aus mir heraus.
Ich sah ihn prüfend an. Hoffte an seinem Gesicht abzulesen, wie er darauf reagierte, doch sein Ausdruck veränderte sich nicht. Ich konnte keine Abneigung aber auch keine Freude sehen. Wieso fragte er mich das?

„Ist das wichtig, wen ich sehe?“
Er schien zu überlegen, wie er auf meine Frage antworten sollte.
„Ich weiß nicht. Ich glaube, dass die Person, die wir sehen, nicht ohne Grund auftaucht. Ich glaube, es ist vorbestimmt, wem wir in der Maschine begegnen. Wir sehen denjenigen, dem wir vertrauen und von dem wir glauben, dass er unsere Angst nehmen kann. Verstehst du wie ich meine?“
Ich nickte. Darüber habe ich noch nie wirklich nachgedacht. Aber was sollte das jetzt bedeuten? Das ich ihm vertraue. Und das tat ich, wenn ich genauer darüber nachdachte. Aber was ging das Connor an? Und wieso grinst er jetzt so dämlich? Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Was soll das Grinsen?“ fragte ich ihn skeptisch.
„Nichts. Ich finde es nur interessant, dass du denkst, du könntest mir vertrauen.“ sagte er ohne Weiteres.
„Kann ich das etwa nicht?“
„Naja, du kennst mich ja eigentlich gar nicht.“
Das stimmte. Ich kannte ihn nicht. Ich wusste so gut wie nichts über ihn. Er könnte ein herzloser Egoist sein, dem es nicht kümmerte, ein paar Leute abzuschießen. Er könnte jemand sein, der seine Freunde erschießen könnte, wenn es darauf ankam. Aber dann rief ich mir wieder die Szene in meinen Kopf, als ich ihn auf Rick ansprach. Er konnte nicht über ihn reden, da ihn sein Schicksal so mitnahm
Auch als er voller Sorge war, als ich unter der Maschine fast gestorben wäre.
Nein, Connor konnte kein schlechter Mensch sein.

Plötzlich riss mich Connors Lache aus meinen Gedanken. Ich blickte ihn erschrocken an. Worüber lachte er denn?
„Was ist so lustig?“
„Sorry, aber du hättest dich sehen sollen, als du gerade überlegt hast, ob du mir wirklich vertrauen kannst. Jedes Mal wenn du überlegst, bildet sich eine Falte auf deiner Stirn und du fängst an auf deiner Unterlippe zu kauen.“
„Jaja, ich weiß, dass ich zum Lachen komisch bin. Wenn es dir nichts ausmacht, dann würde ich jetzt gerne in mein Zimmer.“ sagte ich etwas eingeschnappt. Der macht sich doch über mich lustig. Ich wollte gerade mein Zimmer betreten, als er mich am Arm zurückhielt.

„Hey, das war nicht böse gemeint. Ich finde dich auf eine positive Weise amüsant.“ trotz seines Lächeln, erkannte ich, dass er es ernst meinte und ich konnte ihm nicht lange böse sein.
„Wen hast du eigentlich gesehen, als du das erste Mal unter der Maschine lagst?“ wollte ich nun von ihm wissen.
Sein Lächeln verschwand.
„Ich hab meinen Bruder gesehen.“
Sein Blick wurde etwas härter, doch er lächelte dann gleich wieder und das Traurige in seinen Augen verschwand so schnell, wie es gekommen war.

„Vielleicht solltest du dich jetzt wirklich ausruhen.“ schlug er vor.
„Oh ja, du hast Recht.“ stammelte ich. Ich wollte ihn nicht wieder an seinen Bruder erinnern. Wahrscheinlich versuchte er alle Erinnerungen an ihn zu verdrängen und ich brachte sie wieder hoch. Super Leistung Adriana. Eigentlich müsste er dich hassen.
„Überlegst du schon wieder?“ fragte er lachend.
Er holte mich wieder aus meinen Gedanken. Und ich ließ meine Lippe los. Er hatte Recht, ich kaute wirklich immer an meiner Lippe, wenn ich überlegte.
„Naja, dann gute Nacht.“ wollte ich mich von ihm verabschieden.
„Ruh dich aus. Und um deine Lippe zu schonen, sag ich dir, dass du mir vertrauen kannst, denk ich.“
Jetzt war ich es, die ihn anlächelte.
„Das entscheide immer noch ich.“
Er lachte. Dann ging ich in mein Zimmer und betätigte den Knopf, der die Tür schloss.

Dumm vor mich hin grinsend, lehnte ich mich an die Tür. Wieso hatte ich immer sofort gute Laune, wenn ich mit Connor sprach? Ich musste an seine glasblauen Augen denken, die einen in den Bann zogen. Und seine schwarzen Haare, mit denen er, selbst wenns sie total zerzaust sind, immer noch unverschämt gut aussah. Und seine Muskeln. Unbeschreiblich. Gott, was denke ich da eigentlich? Ich bin ja nicht mehr ganz bei klarem Verstand. Ich brauch dringen eine Dusche.

Ich machte mich auf den Weg ins Bad und streifte meine Kleider von meinem Körper, um das kühle Wasser zu genießen. Dann wickelte ich mir mein Handtuch um meine Haare und suchte mir etwas Bequemes zum Anziehen. Ich legte mich ins Bett und wusste nichts mit mir anzufangen. Ich war noch nicht müde genug, um zu Schlafen.

Wie gerne hätte ich jetzt meinen Laptop bei mir und würde darin herumstöbern und den ein oder anderen Artikel über irgendetwas lesen. Wie gerne würde ich meiner besten Freundin schreiben. Wie es ihr wohl geht? Wahrscheinlich machte sie sich unendlich Sorgen um mich.
Ich hatte Ashley vor vier Jahren im 'bunten Haus' kennengelernt. Das bunte Haus ist eine Art Waisenhaus und als meine Adoptiveltern auch starben, kam ich dort hin. Ich war erst sechzehn und wollte nicht wieder in ein Waisenhaus gesteckt werden. Doch dann lernte ich Ashley kennen. Sie war schon länger in der Einrichtung und wir wurden beste Freunde. Mit achtzehn ging jeder von uns seinen eigenen Weg. Ich zog nach Amerika und sie blieb in England und fing an zu studieren. Doch wir hatten uns jeden Tag geschrieben und nie den Kontakt verloren, bis die Stadt bombardiert wurde.

Ich legte mich auf die Seite und blickte auf die Uhr an der Wand: 22:30. Vielleicht sollte ich versuchen zu schlafen, nachdem ich letzte Nacht nicht viel geschlafen hatte. Außerdem war ich ausgepowert von der Maschine und musste höchstwahrscheinlich früh aufstehen.
Ich schaltete das Licht aus und schloss meine Augen.

Doch vor meinen Augen spielten sich immer wieder Erinnerungen von Ashley und mir ab. Unsere Gespräche spät am Abend über Jungs und naja, was sechzehnjährige Mädchen eben besprachen, vermisste ich. Ich vermisste ihre aufmerksamen Augen, die mich mitfühlend ansahen, wenn ich davon sprach, wie sehr mir meine Eltern fehlten. Ich spürte wie Druck hinter meinen Augen aufstieg und mir Tränen kamen. Nein, ich werde jetzt nicht weinen. Ich bleibe stark. Irgendwann werde ich sie wiedersehen und ich werde das alles hier überleben. Genau wir Connor, Daniel und Lucas. Ich glaube diese Menschen waren mir zurzeit am wichtigsten.
Langsam schloss ich meine Augen und fiel in einen unruhigen Schlaf.

Omg, über 200 Reads. Vielen, vielen Dank. Ich weiß, das ist nicht gerade viel im Gegensatz zu anderen Büchern, aber für mich ist das ziemlich viel. Hätte nie gedacht, dass so viele mein Buch lesen. Danke, danke.
Ihr könnt übrigens ruhig Feedback da lassen und Verbesserungsvorschläge geben. Würde mich sehr freuen. 💕

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