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Connors Sicht:

Adriana kniete vor Bill und sah ihn besorgt an. Ich öffnete den Erste-Hilfe-Kasten und saß mich neben sie.
„Na gut, dann wollen wir mal." Adriana rutschte zur Seite, um mir Platz zu machen.
Ich öffnete den Knoten der Decke und legte seinen Bauch frei. Es hatte aufgehört zu bluten, was es schon mal leichter machte, ihn richtig zu versorgen. Ich kramte in dem Kasten nach einer Pinzette, die Gott sei Dank vorhanden war. Ansonsten würde es schwierig werden, die Kugel raus zu bekommen.

„Bill, ich werde dich jetzt von der Kugel befreien. Und das wird unglaublich wehtun. Bist du bereit?" prüfend sah ich ihn an, ob er meine Worte verstanden hat. Er nickte nur und zeigte mir, dass es losgehen konnte.
„Adriana, leg deine Hände um die Wunde und zieh etwas nach außen." Sie sagte nichts und ihre Gesichtsfarbe ähnelte der einer Leiche. Hoffentlich behielt sie das Bewusstsein. Vielleicht sollte sie lieber nicht zusehen. Doch sie kroch nah an mich ran und befolgte meine Anweisungen.

Prüfend lag mein Blick auf ihr. Sie sah mich an und nickte. Auch sie war bereit. Dann mal los.
Adriana zog die Haut um die Wunde stramm, was Bill aufzischen lies.
Dann nahm ich die Pinzette und führte sie in die Wunde ein. Ganz vorsichtig arbeitete ich mich tiefer rein, um nichts zu verletzten. Bill kniff die Zähne zusammen und stöhnte vor Schmerz.
Suchend tastete ich mit der Pinzette die Wunde ab, bis ich auf etwas hartes stieß. Das musste die Kugel sein.

Ich umfasste sie und zog die blutige Patrone schnell raus. Bill schrie auf und neues Blut floss aus der Verletzung. Doch die Kugel war draußen. Schnell legte ich sie mit der Pinzette auf die Seite und griff mir einen Verband. Ordentlich wickelte ich die Wunde ein und befestigte den Verband mit einem Heftplaster, während Adriana ihn festhielt. Fertig.
Bills Gesicht entspannte sich wieder und ich atmete erstmal meine angehaltene Luft aus. Auch Adriana schien erleichtert, dass Bill endlich richtig verbunden ist.
Ich holte eine Morphiumspritze aus Bills Ausrüstungsgürtel hervor, und verabreichte sie ihm, um seine Schmerzen zu lindern.
Mehr konnten wir nun auch nicht tun, als zu hoffen, dass er wieder heilt.

Ich bemerkte, dass Bill die Augen geschlossen hatte und schnell atmete.
„Geht's dir gut?" fragte ich ihn. Doch er reagierte nicht.
Ich sprang auf und rüttelte ihn an den Schultern, bis er seine Augen wieder öffnete.
„Hey Mann, alles okay?"
Er sah mich teilnahmlos an und nickte dann leicht.
Allerdings sah er nicht so aus. Mir ist klar, dass er schnell in ärztliche Behandlung muss.
Adriana stand neben mir und sah mich besorgt an. Sie wusste ebenfalls, dass Bills Zustand sich durchgehend verschlechtern würde.
„Komm. Wir müssen das Funkgerät wieder zum Laufen bringen!" ich packte Adriana an der Hand und zog sie hinter mich her, da dies unsere einzige Hoffnung war. Wir liefen wieder den Gang entlang durch den großen Saal bis zu dem Raum, indem ich den Erste-Hilfe-Kasten gefunden hatte.

Auf einem Schreibtisch, der an die Wand gestellt war, befand sich das Funkgerät. Es war eine Cobra 29 lx eu. Eine relativ neue Version, mit jedem möglichen Schnickschnack. Ich hoffte, dieses Baby zum Laufen zu bekommen.
Ich betätigte den Schalter zur Aktivierung, wie ich es vorher bei meiner Suche nach Verbandszeug bereits ausprobiert hatte.
Das Rauschen ertönte und das Display flackerte auf. Es schien alles zu funktionieren nur hatte es immer noch kein Signal.
Ich checkte die Antenne, doch soweit ich es sah, fehlte ihr nichts.

„Es funktioniert doch wunderbar." freute sich Adriana zu früh.
„Das schon. Es hat nur kein Signal."
Ich zog meine Stirn in Falten und grübelte.
Auch Adriana überlegte, als sie plötzlich in die Hocke ging. Sie schien etwas genauer zu begutachten und zog es dann hinter dem Tisch hervor.
„Liegt vielleicht daran." sie hielt mir ein Kabel entgegen, das zwar an dem
Gerät angeschlossen war, allerdings keinen zweiten Kontakt hatte.
Ich sah es mir genauer an. Es war an der Buchse ANT angeschlossen, was bedeutet, dass es das Kabel von der Antenne sein musste. Das würde auch erklären, wieso das Ding keinen Empfang hatte.
Das Kabel der Antenne war ebenfalls abgerissen. Oder wohl eher abgeschnitten. Da wollte die Polizei wohl keinerlei Funk mehr empfangen.

„Und wie bekommen wir das jetzt wieder hin?" sprach Adriana genau das aus, was mir gerade durch den Kopf ging.
„Wir brauchen ein neues Kabel. Mit dem hier kann man nichts mehr anfangen." Die Frage ist nur, woher bekommen wir ein Kabel, das mit dem Anschluss des Funkgeräts und der Antenne übereinstimmt?
„Wir müssen nach der Verpackung suchen. Vielleicht finden wir dann ein Ersatzkabel." Mehr fiel mir nicht ein. Wir konnten nicht die ganze Station absuchen. Dafür fehlte uns die Zeit.

Ich durchsuchte die Schubkästen des Schreibtisches, während Adriana sich ein Regal vornahm.
Schublade für Schublade huschten meine Hände durch tausende von Unterlagen und Papierkram. Doch ich fand weder eine Anleitung, noch etwas anderes, das zum Funkgerät gehören könnte.
Auch Adriana schien keinen Erfolg zu haben. Also durchsuchten wir das zweite Regal vor. Jedes einzelne Fach wurde aufs Genauste durchforstet.
Wir drehten jeden Ordner dreimal um. Nichts. Unsere Hoffnung schwand. Viel gab es in diesem Raum nicht mehr, wo wir noch hätten suchen können.
Aber wir gaben die Hoffnung nicht auf und stellten das ganze Zimmer auf den Kopf. Ich glaube, ich hatte noch nie so intensiv nach etwas gesucht und letztendlich fanden wir doch nichts.
Frustriert und erschöpft sanken wir an der Wand hinunter auf den Boden.
Verzweifelt rieb ich mir das Gesicht und legte meinen Kopf dann in meine Hände.

„Was machen wir jetzt? Es ist nicht hier. Warum ist es nicht hier?" Adriana war genauso aufgelöst wie ich.
„Ich weiß es nicht. Wir können nicht das ganze Revier absuchen. Das würde viel zu lange dauern. Verdammt nochmal." Es war, als würde man die Nadel im Heuhaufen suchen. Ich konnte mir vorstellen die Verpackung im Archiv zu finden. Aber dazu mussten wir es zunächst aufsuchen und wer weiß wie groß es dann wäre. Es war hoffnungslos.
Aufgewühlt lehnte ich meinen Kopf an die Wand und starrte die Decke an. Adriana tat es mir gleich.
„Wir werden Bill nicht retten können. Hab ich Recht?"
Ihr Blick war aufgelöst. Trauer und Verzweiflung spiegelte sich in ihren Augen wieder.
Tröstend nahm ich ihre Hand in meine und drückte sie leicht. Ihre Hände waren eiskalt und ich versuchte sie zu wärmen.
Dann saßen wir einfach so da und starrten Löcher in die Luft.
„Moment mal." zerriss Adriana auf einmal die Stille. Sie löste ihre Hand aus meiner und stand auf. Aufgeregt wandert sie zu dem Regal, das wir vorher so gründlich durchsucht hatten.

„Kommst du da ran?" sie deutete nach oben an die Decke, unter der das Regal etwa einen halben Meter endete. Und auf dem Regal stand, ganz nach hinten geschoben, eine Kiste, die ich erst jetzt bemerkte.
Meue Hoffnung keimte in mir auf. Wie vom Blitz​ getroffen, sprang ich auf und rannte zu Adriana. Sogar ich musste mich auf Zehenspitzen stellen und strecken, um die Kiste zu erreichen. Sie war aus Karton und unter der dicken Staubschicht blitzte die Abbildung des Funkgeräts hindurch.
Es war die Verpackung.
Schnell öffnete ich sie.
Eine Anleitung mit zahlreichen Ersatzkabeln und Schrauben befanden sich darin. Darunter befand sich auch ein Kabel für die Antenne.
„Adriana du bist so genial, dass ich dich glatt küssen könnte"

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