Kapitel 55

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Vierzig Jahre alt.

Die Zeit kommt einem als Vampir so endlos vor. Ewig schön, ewig jung. Was ist schon die Zeit? Mein Körper altert nicht und der von Taddl auch nicht, dabei bin ich schon vierzig und Taddl noch viel älter. Wir sind immer noch so stark, schnell und geschickt. Immer noch wunderschön und eiskalt, wie am ersten Tag. Die Menschen drehten sich zu uns um, wenn wir in der Stadt rumliefen, da sie überrascht von unserer Schönheit und unseres Geruches waren, was alles dafür diente, um Menschen anzulocken. Es war nur eine Ausstattung für die Jagd, sonst hatte unser Aussehen oder Geruch keine weitere Funktion. Mein altes Aussehen fand ich selbst heute noch schöner, als dieses bleiche, kalte Wesen, dass ich jetzt war. Nur Taddl stand das wirklich, ich sah damit einfach blöd aus. Meine grünblauen Augen waren ein Merkmal von mir gewesen, die ich über alles liebte und jetzt waren sie eisblau und kalt. Und wenn ich Hunger hatte wurden sie tiefblau, was mir manchmal selbst einen Schrecken bereitete. Doch die Menschen zog es an, oft wurde ich angeflirtet, sowohl von Frauen als auch Männer und auch die Jugendlichen sahen mich mit ganz anderen Augen als damals an. Wenn sie doch nur wüssten, was ich für ein Monster und eigentlich vierzig Jahre alt bin. Das zeigte mir wie oberflächlich die Menschen doch waren, mit welcher wir spielten, um uns zu ernähren.

Manchmal war es schwer sich zu beherrschen, wenn man sich in große Menschenmengen begab, aber das kam mittlerweile seltener vor. Die Welt hatte sich weiter entwickelt, alles lief über das Internet. Schlimmer als früher schon. Doch Taddl und ich liebten es im Wald rumzurennen und auf den Bäumen rum zu klettern. Generell hatten wir auch kaum was mit dem Internet zutun und beschäftigten uns eher zusammen. Jeder Tag war wunderschön mit ihm, auch wenn es ab und zu mal schlechte Tage gab. Doch das Leben als Vampir hatte auch manchmal ein Gutes, wie zum Beispiel mich mit Taddl zu battlen und auf den höchsten Bäumen zu sitzen und die Aussicht zu genießen, weil man es von dort am allerbesten konnte und uns keiner auf so einer Höhe bemerkte. Ab und zu spielten wir auch verstecken, aber da ich meine Gabe jedes Mal einsetzte um zu schummeln, gewann ich jedes Mal, da ich ihn hören konnte und er nicht weiter als dieses Feld weggehen durfte. Denn ich konnte Gedanken bis zu einer sehr weiten Distanz hören, die genaue Weite wusste ich jedoch nicht.

Doch das Leben zog an uns vorbei wie ein Film, da es uns nicht betraf.

Sogar das alltägliche Leben der Menschen hatte sich stark verändert. Sie wurden immer schneller mit ihren Ideen und Umsetzungen. Immer weniger Menschen glaubten an übernatürliches, immer weniger glaubten an Gott, da die Menschen damit beschäftigt waren die Welt zu verändern und selbst Gott zu spielen. Die Großen unter ihnen löffelten ihr Geld, der Anteil der Armut wurde größer und die Menschen immer dümmer. Jährlich wird die Anzahl an Studenten kleiner, die IQ-Tests im Durchschnitt immer niedriger und der soziale Umgang mit seinen Mitmenschen sank immer weiter.

Liebevoll legten sich Arme um meine Taille und anhand des Geruch wusste ich sofort, dass es Taddl war. Ich lehnte mich an ihn, schloss zufrieden die Augen und seufzte leise. Ich fing an ohne meine Hände meine Gabe zu nutzen, da ich diese mittlerweile einfach ohne Vorbereitung einsetzen konnte. Ich liebe ihn so sehr. Er ist so ein stiller und nachdenklicher Mensch. Ein Lächeln schmückte mein Lippen. Trotz meiner Verwandlung nannte er mich noch Mensch und irgendwie war das ein wunderschönes Gefühl. Liest du etwa meine Gedanken? Ich fing an zu kichern. »Kann sein.« Er fing auch an zu grinsen und drückte mich fester an sich. »Auch wenn du ein Vampir geworden bist, Ardian, wird es nie was daran ändern, dass ich in dir immer noch einen Menschen sehe.«

Ages | TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt