Kapitel 71

993 110 13
                                    

Einundzwanzig Jahre alt.

»Ich bin bereit, Mama.« Ich sah ihm ernst in seine eisblauen Augen und schluckte. Ich wollte einer von ihnen werden. Ich wollte nichtmehr altern und immer bei meinen Eltern sein können. Mein Vater stand neben mir, meine Mama gegenüber von mir. Beide sahen nicht glücklich aus, da sie nie wirklich wollten, dass ich ein Vampir werde. Doch sie gaben auf, wollten meinen Wunsch erfüllen und so standen wir nun hier. Hinter mir der Spiegel. Ich würde es tun. Aufgeregt sah ich zu Papa, der mir traurig zunickte und mir über die Haare streichelte. Ich war meinen Eltern so dankbar, dass sie es mir erlaubten.

Langsam drehte ich mich in Richtung des Spiegels und sah rein. Dieser Körper wird ab heute für immer so bleiben. Ich werde wunderschön und blass sein. Meine Adern würden schwarz, meine Augen eisblau werden. Ich werde schnell, stark und gefährlich sein, obwohl ich in so einem zierlichem Körper stecke. Ich werde Menschen töten, werde Blut trinken, doch ich will es. Ich will für immer bei meinen Eltern sein und nicht irgendwann alt werden und sterben müssen. Ich werde verdammt sein, doch meine Eltern liebe ich mehr als meinen menschlichen Körper.

Durch den Spiegel hindurch sehe ich zu meinen Eltern. Beide sehen mich an. Beide sehen traurig aus und Mama weinte. Doch ohne Tränen, wie es bei Vampiren nunmal war. Seine Augen wurden wunderschön grün, wie seine menschlichen, die ich nie gesehen habe. Doch Papa sagte mir damals, dass es die schönsten Augen gewesen sind, die er je gesehen hatte. Und er hatte recht. Sie waren wunderschön. Generell hatte Papa einen wunderschönen Mann in seinem Leben gefunden, von innen und außen, mit dem er bis in alle Ewigkeit zusammen sein würde.

Ich drehte mich wieder vom Spiegel weg, Papa zog seine Hand zurück und sah gespannt zu, wie ich Mama in den Arm nahm. Er schloss seine Arme um meine Taille und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. »Nicht weinen, Mama. Alles wird gut. Ich verspreche es dir.« Ich schaute ihm in seine grünen Augen, welche wunderschön leuchteten. Ich sah seine Menschlichkeit in ihnen und musste lächeln darüber. Egal ob ich ein Vampir werden würde, das menschliche würde nie sterben, auch wenn meine Eltern das dachten. »Ich möchte nicht, dass du eine von uns wirst. Das menschliche Leben ist viel kostbarer als dieses hier.« Ich lächelte nur sanft. »Wenn du kein Vampir geworden wärest, dann wäre Papa jetzt alleine und mich hätte es auch nie gegeben in eurer Familie. Auch wenn ich kein Mensch mehr bin, warten sicher viele schöne Jahre auf uns, glaub' mir.« Er sah zur Seite, löste seine Arme von meiner Taille und nickte. »Wenn du bereit bist, dann bin ich es auch.« Ich lächelte dankbar und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Nachdem ich mich gelöst hatte, sah ich ein letztes mal zu ihm hoch, löste mich dann komplett und stellte mich wieder vor den Spiegel, neben meinen Vater.

Ich schaute ebenfalls zu ihm hoch und lächelte aufmunternd.

»Ich bin bereit.«

Papa stellte sich hinter mich und griff nach meinen langen Haaren. Er zog sie zur Seite, sodass mein Hals freigelegt war. Sein Gesicht näherte sich meinem Hals, immer näher kamen seine Lippen meinem Hals. »Ich hab' euch lieb.«, unterbrach ich meinen Vater, der sofort in seiner Bewegung innehielt. Er lächelte sanft. »Wir dich auch.«, raunte er leise und drückte mir einen Kuss auf die Stelle, die er beißen würde. »Willkommen in deinem neuen Leben, Zena.«

Und nachdem er diese Worte sagte, biss er mir in den Hals und ich schrie vor Schmerz auf.

Ages | TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt