Kapitel 60

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Achtzig Jahre alt.

Keine Rückenschmerzen, keine Falten, keine Krankheiten. Ich habe kein Alzheimer, mein Gehirn funktioniert auf Hochtouren und sehe immer noch aus wie einundzwanzig. Taddl machte mir soviel Komplimente über meine Schönheit, doch ich wollte das nicht hören. Noch immer hatte ich mich mit diesem Körper nicht abgefunden und fand mich nicht schön. Nicht, weil ich mich jetzt hässlich fand oder nicht makellos war, sondern, weil mein menschliches Aussehen in meinen Augen viel schöner war. Es war einfach mehr ich. So wurde ich geboren, ich wollte altern, so wollte ich sterben, doch ich bin gefangen in dem ewig gleich bleibendem Körper und würde niemals wissen, wie ich mit achtzig ausgesehen hätte und wie es ist zu sterben. Ich könnte niemals zu meiner Mutter ins Jenseits, denn selbst wenn ich sterben würde, würde ich in der Hölle landen, weil ich verdammt bin. »Mach dir nicht immer so Gedanken, Ardian. Du weißt, ich fühle alles, was du fühlst. Ich spüre deine Trauer und werde selbst traurig. I-ich wollte dich nie gegen deinen Willen verwandeln, oder wollte dich nicht aus deinem Leben reißen, i-«

»Hör auf mir zu sagen, dass ich schön bin. Es bricht mir das Herz, dass du das zu meinem äußeren sagst, was nicht wirklich ich bin. Ich wurde nicht in diesem Körper geboren, das kann unmöglich ich sein, Taddl. Ich fand mich früher mit all meinem Makeln und der dunklen Haut viel schöner. Ich habe meine grünblauen Augen so sehr geliebt, doch davon ist nichts mehr übrig und dann sagst du mir, dass ich hübsch bin. Es zerreißt mich und es tut mir weh, wenn du sowas sagst.« Schnell schaute ich zu Boden, seufzte innerlich für meine Ehrlichkeit, da er mir eh versuchen würde Komplimente zu machen, um mich besser zu fühle. Er würde gegen meine Sätze steuern, so wie immer.

»Du hast Recht.« Sofort wurde ich hellhörig und sah ihn irritiert an. Meine Augen fokussierten ihn, jede kleinste Regung in seinem Gesicht war zu erkennen. Er blickte ernst zu mir. »Du hast recht. Du bist nicht in diesen Körper hineingeboren worden und ja. Deine Augen waren so wunderschön und besonders, aber habe ich dir damals schon nicht gesagt, wie wunderschön ich dich finde? Immer hast du Komplimente von mir gehört, ständig meine Zuneigung bekommen und einfach alles, was ich heute noch genauso mache. Denkst du etwa, nur weil du jetzt ein Vampir bist, finde ich dich mehr oder weniger schön? Dachtest du echt, dass ich dir nach deiner Verwandlung keine Zuneigung mehr zeigen würde? Wäre das der Fall, wäre ich schon längst abgehauen, Ardian.« Er grinste mich mit seinem wunderschönen Lächeln an und kam auf mich zu. Sanft legte er seine Hand an meine Wange und schaute mir in meine eisblauen Augen. Seine strahlten vor Liebe und Freude und auch ich konnte mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen.

Er zeigte mir immer wieder, wieso ich mich so in ihn verliebt hatte.

»Es sind zwar viele Jahre vergangen, aber ich kann verstehen, dass dich das immer noch beschäftigt. Du wolltest es ja nie werden und hattest deine Gründe, aber vielleicht war es dein menschliches Schicksal ein Vampir zu werden.«

Ages | TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt