Kapitel 2

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Ich konnte nicht einschlafen. Wie denn auch, wenn mir tausend Sachen durch den Kopf gingen? Mein ach so geliebter Mann wird heiraten.

Der Hass in mir galt jedem einzelnen in diesem Haus, er loderte in mir und sog immer mehr meine Lebensenergie auf. Wenn ich es nur könnte, wäre ich schon längst abgehauen, doch saß ich hier fest, konnte mich keinen Meter entfernen. Von draußen drangen Stimmen zu mir, weshalb ich mich auf meinen Rollstuhl hievte und damit zum Fenster rollte.

Unter den beiden meist gehassten Menschen in meinem Leben befand sich ein Mädchen, welches ich nicht ganz erkennen konnte, aber von Weitem sah sie ziemlich mitgenommen aus, beinahe wie eine Obdachlose. War sie eine? Nachdem zwei Männer das Mädchen ins Haus brachten, diskutierten sie weiter.

"Willst du mich verarschen?", fuhr Alfonso seinen Sohn an. "Das soll die Königin werden?"

"Du hast gesagt, dass es dir egal ist, was ich bringe. Also, bitteschön, deine zukünftige Schwiegertochter."

Ladislao breitete dabei provokant seine Arme aus.

"Das machst du absichtlich", zischte Alfonso. "Du willst dich rächen, was?"

"Du wolltest doch unbedingt, dass ich heirate...", erklärte Ladislao noch seinem Vater.

Ich wollte das alles nicht mehr hören, wollte auch nicht wissen, was er noch sagte, klappte mein Fenster zu und hievte mich wieder auf mein Bett, aber bekam meine Beine nicht ganz darauf. Die Verzweiflung machte sich in mir breit, da ich es nicht dulden konnte immer wieder auf jemanden angewiesen zu sein. Ich hasste alles hier, alles und jeden. Sie hatten mir einfach alles genommen. Meine Tochter, meine Liebe.

Jetzt kannte ich auch schon die neue Frau meines Mannes. Er machte ja auch alles, dass ich ihn noch mehr hasste, als ich es eh schon tat. Sogar diese Obdachlose war zu viel für ihn. Sie tat mir jetzt schon leid. Er hatte nur den qualvollen Tod verdient.

Plötzlich ging meine Tür auf.

"Hast du mitbekommen, was da unten passiert ist?"

Nein, nein, nein! Einfach nein! Nicht ihn, nicht jetzt! Dieser Perversling kam auf mich zu und legte sich neben mich auf das Bett, als sei es eine Selbstverständlichkeit.

"Er macht das alles absichtlich, er will mich verrückt machen", zischte er wütend.

Er kam mir etwas näher, indem er sich mit dem einen Arm abstützte, schlang seinen freien Arm um meinen Bauch und streichelte meine Seite von der Taille bis zur Hüfte. Mir verdrehte sich der Magen. Um mich von ihm abzuwenden, legte ich mich etwas seitlicher, sodass ich ihn wenigstens nicht mehr sehen musste. Er packte meine Beine, die noch schlaff vom Bett hingen und zog sie hoch. Mit einem Ruck zog er mir mein Nachthemd hoch und meine Unterhose herunter. Es raschelte hinter mir. Langsam kam er mir näher. Er beugte meinen Oberkörper vor, um besseren Zugang zu haben. Warme Tränen bildeten sich in meinen Augen. Ich wehrte mich nicht. Wozu auch? So konnte er mir wenigstens keine Schmerzen zufügen. Er legte irgendwie mein Bein auf seine Hüfte und stieß in mich. In dieser Position konnte ich es mir ersparen, sein ekelerregendes Gesicht zu sehen, während ich die Tat einfach über mich ergehen ließ. Durch meine Querschnittslähmung spürte ich nichts außer der Demütigung. Ich vergoss keine einzige Träne. Nein, nicht für diese Schweinefamilie, die mir bereits alles genommen hatte. Sie waren meine Tränen nicht Wert, zumindest nicht mehr. Geweint hatte ich genug, gelitten hatte ich viel zu viel. Ich hatte vergessen, zu fühlen. Als er weiterhin in mich drang, erhöhte sich allmählich sein Tempo. Bald würde es vorbei sein. Er kam. Ich starb. Ein weiteres Mal. Ein Gefühl der Taubheit erklomm mich.

Zwei Frauen✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt